# taz.de -- Nazi-Glocken und NS-Kirchenbauten: „Oh du fröhliche“?
       
       > Mehr als tausend Kirchen wurden in der Nazizeit errichtet und
       > umgestaltet. Die Symbole sind geblieben. Wie umgehen mit dem Erbe?
       
 (IMG) Bild: Ein Wehrmachtsoldat faltet die Hände, eine deutsche Mutter geht auf die Knie: das Relief der Kanzel der Martin-Luther-Gedächtniskirche in Berlin
       
       Strasburg/Berlin taz | Der erste Eindruck ist angenehm. Der gewaltige
       Triumphbogen in Terrakotta, davor ein wolkenhelles Gewölbe mit zarten
       Rippen über einem Saal, der an einen Filmpalast erinnert. Der Boden neigt
       sich dem Gekreuzigten am Altar zu, bequeme Bänke und nirgends Kellergeruch,
       kurzum: eine Kirche mit Charisma. „Toller Raum, diese Brauntöne und dann
       noch die Akustik.“ Klaus Wirbel fasst noch einmal zusammen, was ihm vor
       fünfzig Jahren durch den Kopf ging, als er die
       Martin-Luther-Gedächtniskirche in Berlin-Mariendorf zum ersten Mal betrat.
       
       Doch hat man den Triumphbogen erreicht, predigen die gebrannten Platten
       eine Religion, die schaudern lässt. Lutherrosen, Christuskreuze und
       Abendmahlskelche wechseln sich ab mit Eisernen Kreuzen, Reichsadlern und
       den sehr entschlossen Gesichtern nordischer Männer. Dazwischen Kacheln,
       deren Medaillons leer sind. „Da waren die Hakenkreuze drin“, sagt Klaus
       Wirbel. In anderen Kacheln prangte das Zeichen der Nationalsozialistischen
       Volkswohlfahrt NSU.
       
       Elf Meter hoch spannt sich der Bogen und erzählt von Christi Blut und
       germanischem Boden, 800 gebrannte Reliefs, 36 wiederkehrende Motive, eine
       Botschaft: Das Evangelium hat in der Auferstehung des deutschen Volkes
       unter Adolf Hitler seine Erfüllung gefunden.
       
       Und der Bogen ist nur die Ouvertüre. An der Kanzel steht Horst Wessel, den
       Arm um einen Hitlerjungen gelegt, und lauscht den Worten Jesu. Ein
       Wehrmachtssoldat faltet die Hände, eine deutsche Mutter ist auf die Knie
       gegangen. Und auf dem Altar hat sich der Gekreuzigte in einen
       muskelbepackten Arier verwandelt. Für Leni Riefenstahl eine Augenweide,
       aber für evangelische Christen? Wendet man sich um, wird man von einer
       Orgel erschlagen, die sich wie eine aufgehende Sonne erhebt. „Bevor die
       Orgel hier eingebaut wurde, hat sie 1935 auf dem Reichsparteitag in
       Nürnberg gespielt“, hört man Klaus Wirbel reden. Das war der Parteitag, auf
       dem die „Rassengesetze“ beschlossen wurden, die Juden vollkommen
       entrechteten. Hitler selbst hatte eine Orgel gefordert. Und diese Orgel
       spielt demnächst „O du fröhliche“?
       
       Wer jetzt hinauswill, dem streckt sich im Vorraum ein Hindenburg-Gesicht
       wie eine Fratze entgegen, der Luther gegenüber kam erst nachträglich
       hinein. „Früher war da Hitler zu sehen.“ Fehlt nur noch, dass jetzt eine
       Hakenkreuzglocke bimmelt. „Die haben wir nicht“, sagt Wirbel, ein Kaufmann,
       der sein Leben lang bei der Bahn arbeitete. Es gab eine, allerdings wurde
       sie 1942 mit dem gesamten Geläut eingeschmolzen.
       
       Eine Glocke aus dem Dörfchen Herxheim in der Pfalz erregte im vorigen Jahr
       Aufsehen, als bekannt wurde, dass darauf ein Hakenkreuz prangt. Soll man
       sie abhängen? Soll sie weiterläuten? Die Kirchengemeinde beratschlagte, der
       Bürgermeister redete sich um sein Amt, die Landeskirche schaltete sich ein,
       ebenso der Zentralrat der Juden. Die „Hitler-Glocke“ blieb hängen, in
       Zukunft aber soll sie schweigen.
       
       Eine Glocke kann man abhängen. Aber eine Kirche? Soll man sie verrammeln?
       „Es gibt Pastoren, die weigern sich, hier zu predigen“, berichtet Wirbel.
       Der Bischof, so ist zu vernehmen, ist auch nicht erpicht, die Kirche zu
       betreten, und ein Gottesmann träumte davon, sie in die Luft zu jagen. Für
       den Kirchenhistoriker Hans Prolingheuer, der 2002 die Kirche und ihre
       Geschichte in einem Buch zu „Kirche und Kunst unterm Hakenkreuz“
       beleuchtete, ist sie das erste „nationalsozialistische
       Gesamtkirchenkunstwerk“ und ein „protestantisches Schandmal“. Ein
       Schandmal, das sich nach jahrelanger Restaurierung in gutem Zustand
       präsentiert und unter Denkmalsschutz steht.
       
       „In dem denkwürdigen Jahr 1933, dem ersten Jahr der Volkskanzlerschaft
       Adolf Hitlers, dem Jahr des gewaltigen Aufbruchs der deutschen Nation zu
       neuem nationalen Leben, legen wir heute, am 22. Oktober 1933, den
       Grundstein zu einer neuen Kirche“, steht in der Urkunde, die in einer
       Kapsel vermauert wird. Klaus Wirbel steht auf der Empore, hat die Chronik
       ausgebreitet. Beim Richtfest hat der Kreisleiter der „Deutschen Christen“
       angesichts des Rohbaus eine Vision: Das Reich Gottes müsse in das Dritte
       Reich hineingebaut werden, dann werde Deutschland unüberwindlich sein.
       Zunächst aber baut sich die NS-Ideologie in die evangelische Kirche ein.
       Die neue „Glaubensbewegung Deutsche Christen“ (DC) fühlt sich der
       Rassenlehre verpflichtet, lehnt das Alte Testament ab, predigt einen
       „bejahenden artgemäßen Christusglauben“ und baut an einer Reichskirche für
       „arische“ Christen.
       
       Künstler verarbeiten für Mariendorf deutsche Eichen und deutsche Erde zur
       neuen deutschen Kirchenkunst. Am 22. Dezember 1935 wird der Bau geweiht.
       Erstaunlich, dass die Posaunen vom Turm aus „Tochter Zion, freue dich“
       spielen, ein Adventslied, das wegen seiner jüdischen Anklänge mit der
       „Entjudung“ der Kirchenmusik bald aus den Liederbüchern verschwindet.
       „Tochter Zion“ war 1935 noch möglich. Nicht alles war so eindeutig, wie es
       heute scheint, ist Klaus Wirbel überzeugt. Die Gemeinde war nicht völlig
       von deutschen Christen erobert, glaubt er. Trotzdem schließen die
       Protokolle des Gemeindekirchenrats stets mit „Heil Hitler!“.
       
       Manches, was Wirbel sagt, klingt nach Rechtfertigung, wie er in so einer
       Kirche singen und beten kann. Wirbel führt prominenten Beistand an. „Für
       mich ist wichtig, dass Jochen Klepper hier war.“ Der Theologe, Journalist
       und Schriftsteller war mit einem der Gemeindepfarrer befreundet, erzählt
       Wirbel. Im Dezember 1938 geht Klepper mit seiner Frau Johanna in die
       Kirche, wo der Pfarrer Kleppers Frau, nach den Rassegesetzen eine
       „Volljüdin“, tauft und das Paar kirchlich traut – Amtshandlungen, die
       längst nicht mehr jeder Pastor an „Mischehen“ vollzieht.
       
       Offensichtlich findet Klepper im Umfeld der Blut-und-Boden-Kirche Halt,
       jedenfalls eine Zeit lang. In Erwartung von Zwangsscheidung und Deportation
       nehmen sich Jochen und Johanna Klepper und deren Tochter in der Nacht zum
       11. Dezember 1942 das Leben. Klepper hinterlässt Romane, Tagebücher,
       Manuskripte und die Liedersammlung „Kyrie“. Zwölf Lieder daraus finden sich
       heute im evangelischen Gesangbuch, Kleppers berühmtestes ist „Die Nacht ist
       vorgedrungen“, ein Lied für den Advent.
       
       Und noch etwas ist Wirbel wichtig: Neben dem Altar ragt ein Nagelkreuz aus
       der Kathedrale von Coventry, die im November 1940 von der deutschen
       Luftwaffe zerstört wurde. Das Kreuz, inzwischen weltweit verbreitet und
       Symbol für Frieden und Versöhnung, mag wie ein Gegengift wirken. Wichtiger
       aber sind die Tafeln, die erklären, was es mit der Kirche auf sich hat.
       Einmal ist bei Wirbel so etwas wie Erleichterung herauszuhören. „Es gab
       Sorgen, dass das ein Pilgerort für Neonazis wird. Dazu ist die Kirche aber
       wohl zu unbedeutend.“
       
       Die Martin-Luther-Gedächtniskirche ist keineswegs ein Einzelstück. Mehr als
       tausend Kirchen und Gemeindehäuser wurden zwischen 1933 und 1944 errichtet,
       umgestaltet, erneuert. Großzügig förderte das Reichsministerium für
       Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung die Sakralbauten und vermittelte
       Aufträge an damals untadelige Künstler, Günther Martin etwa. Über dessen
       Großplastiken bemerkte ein Kritiker, dass sie aussehen „wie Vertreter eines
       Willens zum Endgültigen“.
       
       Im Städtchen Strasburg in der Uckermark lässt sich das überprüfen. Pfarrer
       Hojczyk hat die Marienkirche aufgeschlossen und steht vor einem 2,70 Meter
       hohen Christus, der normal Sterbliche sofort zu Zwergen werden lässt. Die
       erhobenen Hände verstärken das noch. Mit der rechten leistet er einen
       Schwur und mit der linken? „Einen Hitlergruß? Nein, also…“ Manfred Hojczyk
       ist kurzzeitig entgeistert, so unglaublich erscheint ihm, was er gerade
       gehört hat. Dass der „Auferstehende“ von Günther Martin ein überragendes
       Zeugnis der NS-Kirchenkunst darstellt, weiß Hojczyk natürlich. Solche
       ernsten Gesichter finden sich in jener Zeit oft auf Werbeplakaten für die
       Waffen-SS. Aber einen, zumindest angedeuteten Hitlergruß, wie manche
       Historiker behaupten?
       
       ## Kaum Zeit für den nordischen Heiland
       
       Hojczyk, seit zehn Jahren Pfarrer in Strasburg, ist ein freundlicher
       Arbeiter in Gottes Weinberg, Herr über sieben Kirchen, Prediger, Sachwalter
       über eine Vielzahl von Aufgaben: Seniorennachmittage, Kindergarten,
       Posaunenchor, Bibelkreis, dazu Fürsprecher einer Flüchtlingsfamilie aus dem
       Iran. Allzu viel Zeit hat Hojczyk noch nicht gehabt für den nordischen
       Heiland. „Die Pastoren waren Leute der Bekennenden Kirche“, behauptet
       Hojczyk. Die Bekennende Kirche war eine Gegenbewegung zu den Deutschen
       Christen, die gegen die Gleichschaltung der evangelischen Kirche kämpfte
       und in einem 1934 formulierten Bekenntnis Hitlers Totalitätsanspruch
       zurückwies. Warum aber ausgerechnet Strasburg kunstpolitisch so
       privilegiert wurde? Hojczyk, in Strickpullover und Mantel gehüllt, zuckt
       mit den Schultern.
       
       Curt Steinberg, NSDAP-Genosse und Architekt zahlreicher Kirchen, darunter
       der Martin-Luther-Gedächtniskirche, bekam 1935 den Auftrag, St. Marien in
       Strasburg dem Geiste der Zeit anzupassen, gefördert mit Mitteln des
       preußischen Ministerium für Volksbildung. Neben einem Kirchenmaler
       beschäftigt er den Berliner Bildhauer Günther Martin, ebenfalls
       Parteigenosse und rühriger Leiter der Ateliergemeinschaft Klosterstraße in
       Berlin. Martin, Jahrgang 1896, schuf nicht nur eine Skulptur, sondern auch
       eine Kanzel, ganz ähnlich der in Berlin-Mariendorf. Aber die deutsche
       Volksgemeinschaft ist in die Sakristei abgeschoben. Die Holztafeln stehen
       verstreut, der Sämann, der Arbeiter, der Pfarrer. Die Kanzel wird nie
       aufgebaut, der nordische Christus aber kommt 1938 auf den Altar. „Es ist ja
       ungewöhnlich, dass ein Sieger zu sehen ist“, sagt Hojczyk. „Im Altarraum
       sieht man sonst eher den Gekreuzigten.“
       
       Die Zeit der Herrenmenschen war 1945 vorbei. „Die Gemeinde hat sich
       entschieden, ihn wegzunehmen.“ Wann genau? Hojczyk winkt ab. Man müsste im
       Archiv suchen. Irgendwann jedenfalls hat die Gemeinde ihren Heros unter den
       Gefallenentafeln diverser Kriege mit Eichenlaub und Eisernen Kreuzen
       versteckt. So steht er da, schwört und grüßt die leeren Bänke.
       
       Was mit ihm werden soll? „Ich bin gegen Bilderstürmerei“, sagt Hojczyk
       vorsichtig. Gelegentlich sei der Auferstandene schon Thema gewesen, „nicht
       in der Gemeinde, aber im Gemeindekirchenrat.“ Wäre es nicht sinnvoll,
       zumindest eine Tafel aufzustellen, die dieses Kunstwerk einordnet, so wie
       in Berlin? „Ich habe nicht viel, was ich draufschreiben könnte.“ Hojczyks
       Stimme verhallt unter dem mächtigen Gewölbe. Vielleicht gibt es ja
       Unterstützung bei der Landeskirche? Ja, vielleicht, murmelt Hojczyk. Seine
       Nordkirche ist ein geografisches Ungetüm mit der Zentrale in Kiel, vier
       Autostunden von hier. Man kann sich mit diesem „artgemäßen“ Christus schon
       ziemlich verlassen vorkommen.
       
       Immerhin hat die evangelische Kirche Berlin – Brandenburg – schlesische
       Oberlausitz (EKBO) ein Heft „Erinnerungskultur und Gedenkstättenarbeit“
       herausgegeben. Auf dreißig Seiten sind Grundsätze zusammengefasst, wie mit
       dem kulturellen Erbe, insbesondere dem der beiden deutschen Diktaturen,
       umgegangen werden soll. Es geht um pädagogische Konzepte, ehrenamtliches
       Engagement und letztlich darum, wie Hakenkreuzglocken, arische
       Christus-Figuren und völkische Kanzelreliefs in die Erinnerungsarbeit
       einbezogen werden.
       
       Für die Martin-Luther-Gedächtniskirche soll es nach mehreren gescheiterten
       Versuchen ein tragfähiges Konzept geben. Marion Gardei, in der EKBO
       Beauftragte für die Erinnerungskultur, ist Mitverfasserin der kleinen
       Broschüre. Ihr schwebt ein Lern- und Gedenkort vor, ein Raum, der für
       Ausstellungen und Veranstaltungen über Kirche im Nationalsozialismus
       genutzt wird und die NS-Kunst entsprechend einbezieht. Das Bauwerk bietet
       eine „große pädagogische Chance“.
       
       ## Erinnerungsorte schaffen
       
       Doch es gibt nicht nur die repräsentative NS-Kirchenkunst. In Dorf- und
       Stadtkirchen fanden und finden sich versteckte Zeugnisse, mal ein
       Hakenkreuz zwischen Bauernmalerei an der Kirchendecke, mal ein Hakenkreuz
       auf der Wetterfahne, dann Führerkult auf Glocke, Hitler-Eichen vor der
       Kirche. Die Kehrseite gibt es auch. So wurde auf Kanzeln und Altären der
       alttestamentliche Gottesname JHWH übermalt, „Entjudung“ mittels Farbe und
       Pinsel. Solche Belege protestantischen Furors können immer auch Anlass
       sein, kleine Erinnerungsorte zu schaffen, ist Gardei überzeugt.
       
       Manches läuft schon vorbildlich. Als im vorigen Jahr öffentlich wurde, dass
       in der kleinen Wichernkirche in Berlin-Spandau eine Glocke mit Hakenkreuz
       läutet, hat die Gemeinde schnell reagiert. Was für manche ein offenes
       Geheimnis darstellte, war für andere einen Schock. Seitdem ich weiß, was es
       mit der Glocke auf sich hat, ertrage ich ihr Läuten nicht mehr, hat eine
       Frau auf der Gemeindeversammlung bekannt. Im Dezember 2017 wurde die Glocke
       gegen eine neue ausgetauscht. Derzeit steht die alte im Keller eines
       Gemeindehauses, das Hakenkreuz, Kantenlänge 8,5 Zentimeter, wurde nach dem
       Guss hineingeschnitten. Eine Arbeitsgruppe hat das Gemeindearchiv
       durchforstet, ein Historiker arbeitet die Geschichte der Glocke auf. 2019
       soll sie als Dauerleihgabe im stadtgeschichtlichen Museum Spandau
       ausgestellt werden, schweigend, aber nicht wortlos. Was will man mehr?
       
       Vielleicht, dass der Blick sich schärft. NS-Einflüsse finden sich nicht nur
       in Kirchen. 1941 erscheint zum ersten Mal „Schild des Glaubens“, ein
       biblisches Lesebuch für Kinder. Jörg Erb, Lehrer und seit 1933 in der
       NSDAP, stellt das Buch zusammen, die Grafikerin Paula Jordan steuert die
       Illustrationen bei. Da wandert Jesus mit rasiertem Kinn, halblangem glatten
       Haar und nordischem Gesicht durch das Heilige Land, die Jünger bilden die
       Volksgemeinschaft, die Kinder wirken wie Jungvolk. Einzig die Pharisäer,
       die Jesus nach dem Leben trachten, sind Juden, so wie sie der Stürmer
       beschreibt – verschlagen, hochmütig und hinterhältig. Jordan hat ganz im
       Stile ihrer Zeit gezeichnet – rassisch einwandfrei.
       
       Die richtige Karriere beginnt für das Lesebuch aber erst nach dem Krieg.
       Das Buch ist nicht nur in der Bundesrepublik ein Bestseller, auch in der
       DDR, wo es das maßgebliche Buch für die evangelische Christenlehre wird.
       Die Zeichnungen von Paula Jordan prägen so die biblische Vorstellungswelt
       ganzer Generationen von Kindern. Erst 1993 erscheint die letzte Ausgabe, es
       ist die sechzigste. Insgesamt werden 1,6 Millionen Exemplare verkauft.
       
       Zeichnungen von Paula Jordan finden sich heute noch in Kinderbibeln.
       Populär ist ihre Weihnachtskrippe im Holzrahmen und auf Transparentpapier.
       Derzeit dürfte sie wieder in vielen Wohnzimmern Besinnlichkeit verbreiten.
       In Berlin-Mitte, in der Missionsbuchhandlung unweit des Alexanderplatzes,
       erleuchtet ein Exemplar das Schaufenster. Maria, Josef und das Jesuskind –
       eine deutsche Familie unter einem nordischen Engel, evangelisches
       Traditionsgut für 34,90 Euro. Vorsichtig hebt die Buchhändlerin die Krippe
       aus der Auslage, klappt sie auf und betrachtet lange die Szenerie. Nach
       einer Weile sagt sie, mehr zu sich selbst: „Wie vor achtzig Jahren.“ Und es
       klingt gar nicht erschrocken, sondern beseelt.
       
       25 Dec 2018
       
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