# taz.de -- Verseuchung auf dem Biohof: Entschädigung für Pestizidabdrift
       
       > Die Versicherung eines konventionellen Bauern zahlt, weil dessen
       > Unkrautvernichter auf Ökoacker gelangt ist. Man sollte mehr solcher
       > Schäden melden.
       
 (IMG) Bild: Wenn nebenan gespritzt wird, sieht es schlecht aus für den Ökoacker
       
       Berlin taz | Der von Pestiziden eines konventionellen Nachbarn verseuchte
       Biohof im niedersächsischen Marlin hat eine Entschädigung bekommen. Die
       Hofgemeinschaft teilte der taz mit, dass eine Versicherung des Verursachers
       rund 2.900 Euro für die Pflanzen gezahlt habe, die wegen der Ackergifte
       nicht mehr vermarktbar waren. „Diese Summe errechnete sich aus den
       Großhandelspreisen“, so die Stellungnahme der Landwirte. Zu so niedrigen
       Preisen kann ein mit rund zwei Hektar sehr kleiner Betrieb aber kaum
       produzieren. Wäre der Hof nicht als „Solidarische Landwirtschaft“
       organisiert gewesen, deren Mitglieder finanziell einsprangen, wären die
       Bauern nach eigenen Angaben auf einem Teil des Schadens sitzen geblieben.
       [1][Die taz hatte über den Fall berichtet.]
       
       Die Versicherung habe auch die etwa 3.500 Euro für die Gutachterin bezahlt,
       die den Schaden ermittelte, schreiben die Biobauern weiter. „Ohne die
       Bestellung einer unabhängigen Sachverständigen durch uns hätten wir den
       Schaden wahrscheinlich nicht nachweisen und geltend machen können.“
       
       Als das Pestizid Ende April abdriftete, war der Acker im zweiten Jahr der
       vorgeschriebenen Umstellungszeit von der konventionellen auf die
       Biolandwirtschaft. Die Flächen wurden den Bauern zufolge nicht
       rückumgestellt, „da wir die uns vom Landesamt für Verbraucherschutz und
       Lebensmittelsicherheit (LAVES) auferlegten Maßnahmen erfüllten“: Sie gruben
       den belasteten Boden um, um die Wirkstoffe in tiefere Schichten zu
       verfrachten, überprüften dies durch eine weitere Laborprobe und leiteten
       Schritte ein, um künftig Abdrift zu verhindern. Auch die Kosten für diese
       Maßnahmen in Höhe von 100 Euro habe die Versicherung übernommen.
       
       „Das Prozedere nach dem Schaden war für uns sehr aufwendig und
       nervenaufreibend“, heißt es in der Stellungnahme weiter. „Die finanzielle
       Kompensation spiegelt den tatsächlichen Aufwand und Schaden somit kaum
       wider.“
       
       Vor allem aber kritisieren die Biobauern: „Der Umstand, dass wir als
       Geschädigte Maßnahmen zur Verhinderung zukünftiger Schäden ergreifen müssen
       – der Verursacher jedoch nicht –, ist ein Skandal. Dies wird mit der
       geplanten Neufassung der EU-Ökoverordnung möglicherweise Standard.“ Die
       Reform soll Anfang 2021 in Kraft treten.
       
       Die konventionelle Landwirtschaft berge unkalkulierbare Risiken für
       ökologische Nachbarn sowie die Umwelt. Die Koexistenz von beider
       Landwirtschaftsformen sei nicht so problemlos möglich, wie dies oft von
       Seiten der Politik proklamiert werde. „Wir rufen alle BioerzeugerInnen dazu
       auf, wachsam bezüglich möglicher Abdriftschäden zu sein und diesen im
       Verdachtsfall nachzugehen und sie zu melden. Auch scheint es uns
       angebracht, das Thema Pestizid-Abdrift in einem größeren Maße zu
       diskutieren: mit BerufskollegInnen, in den Verbänden, mit VerbraucherInnen
       und Menschen in der Politik.“
       
       Das vom Bayer-Konzern hergestellte Pestizid „Bandur“ war während eines
       Sandsturms mit Erde vom Nachbarfeld auf den Gemüseacker der Hofgemeinschaft
       im Wendland geweht. Hunderte Pflanzen zeigten Vergiftungssymptome, sodass
       die Bauern die Mitglieder ihrer Solidarischen Landwirtschaft im Mai nicht
       versorgen konnten.
       
       Jedes Jahr würden in Deutschland Hunderte Biobetriebe durch Pestizide von
       ihren konventionellen Nachbarn geschädigt, schätzt der Bund Ökologische
       Lebensmittelwirtschaft (BÖLW). Auch die Biokontrollstelle „Gesellschaft für
       Ressourcenschutz“ rechnet mit dieser Größenordnung. Das Risiko durch
       Abdrift dürfte viele Bauern davon abhalten, auf Bio umzustellen, fürchtet
       der BÖLW. Denn fast alle Ökohöfe sind von herkömmlichen Betrieben umgeben.
       
       25 Nov 2018
       
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