# taz.de -- BR-Dokuserie „früher oder später“: Wenn im Kuhstall das Telefon klingelt
       
       > Eine vegane Kommune und Landwirte, die als Bestatter arbeiten. Pauline
       > Roenneberg porträtiert das Leben im Dorf Schönsee als skurrile Dokuserie.
       
 (IMG) Bild: Mal ernsthaft, mal mit Galgenhumor verarbeiten die Bestatter den täglichen Umgang mit dem Tod
       
       „Ich weiß jetzt, wie man Kühe melkt und Leichen anzieht“, sagt die
       Regisseurin Pauline Roenneberg über den Dreh der vierteiligen Serie „früher
       oder später“, ihrem Abschlussprojekt an der Hochschule für Fernsehen und
       Film München. Beides zählt nicht zu den wichtigsten Fähigkeiten beim Film,
       in diesem Fall aber schon.
       
       Roenneberg wollte etwas Dokumentarisches zum Thema Tod machen. Am liebsten
       etwas Humorvolles über Bestatter, ähnlich der US-Serie „Six Feet Under“.
       Per Zufall lernte sie 2014 das Ehepaar Ernst und Roswitha Schöfl, beide
       Mitte 50, aus dem oberpfälzischen Schönsee kennen. Ursprünglich arbeiteten
       die Schöfls als Landwirte, aber weil der Betrieb nicht genug Geld abwarf,
       ergänzten sie ihr Business und bringen seitdem zusätzlich Menschen unter
       die Erde.
       
       „Die beiden haben meine Kamerafrau und mich bei unserer ersten Begegnung
       schräg angeguckt und fragten sich, was wir Mädels aus der Stadt bei ihnen
       wollen“, erzählt Roenneberg. „Damit wir uns besser kennenlernen konnten,
       haben wir 14 Tage lang ein Praktikum bei ihnen gemacht.“ Um das Vertrauen
       der anderen Dorfbewohner zu gewinnen, lud sie zu Infoveranstaltungen.
       Roenneberg drehte drei Jahre in Schönsee.
       
       ## Zwischen Ernsthaftigkeit und Galgenhumor
       
       Dabei sind großartig schräge Szenen entstanden. Etwa, wenn im Kuhstall das
       Telefon klingelt und Roswitha Schöfl dem Anrufer in diesem Ambiente ihr
       Beileid ausspricht. Oder wenn die Schöfls in Geldnot fast sehnsüchtig auf
       Todesfälle warten. Mal ernsthaft, mal mit Galgenhumor verarbeiten die
       Bestatter den täglichen Umgang mit dem Tod, der für sie eine Frage des
       finanziellen Überlebens ist. Eine inhaltliche Weiterentwicklung ergab sich
       für Roenneberg, als die „Nature Community“ in Schönsee einzog. [1][Eine
       vegane Kommune], die dort ein esoterisches Gemeinschaftsleben aufzieht. Der
       Clash zwischen der Dorfgemeinschaft und den Neuankömmlingen lieferte
       hervorragendes Material. Die Zuschauer bekommen Einblicke in unbekannte
       Lebenswelten.
       
       Das Besondere an den Dokufilmen sind nicht nur das Thema und die
       Protagonisten, besonders ist auch die filmische Umsetzung. „Es handelt es
       sich um eine Dokuserie, die mit den Stilmitteln einer fiktionalen Serie
       erzählt wird,“ erklärt Roenneberg ihr Konzept. „Besonders wichtig ist die
       horizontale Struktur, die wir schon beim Dreh im Hinterkopf hatten und die
       bei der Montage noch einmal neu entstanden ist. Ein Jahr lang habe ich
       daran gearbeitet, dokumentarische Beobachtungen im Schnitt neu
       zusammenzusetzen und extrem zu verdichten – wie eine Collage. So habe ich
       zum Beispiel Aufnahmen, die zwei Wochen auseinander lagen, zu einer Szene
       montiert.“ Das werde für den Zuschauer gut sichtbar: „Zum Beispiel, wenn
       eine Person in einer Szene unterschiedliche Kleidung trägt.“
       
       Besonders wichtig sei auch der Ton: „Beim klassischen Dokumentarfilm ist
       der Originalton oft nicht sehr genau, weil man beim Dreh nicht weiß, was
       passieren wird. Deshalb haben wir wichtige Geräusche im Studio neu
       aufgenommen und daraus eine eigene Erzählebene entwickelt. So wie man das
       vom Spielfilm kennt.“
       
       Manche Szenen erwecken den Eindruck, als seien sie inszeniert, aber das sei
       nicht der Fall, versichert sie: „Wir haben nichts gescriptet. Wir haben uns
       darauf verlassen, dass spannende Dinge passieren.“ Führt Roenneberg den
       Zuschauer mit ihrer Vorgehensweise nicht trotzdem an der Nase herum? „Wenn
       jemand etwas Spannendes erlebt hat und das einem Freund erzählt, wird er
       Unwichtiges rauslassen und Teile miteinander kombinieren, damit man der
       Geschichte gerne folgt“, sagt sie. „Genau das mache ich auch. Diese Serie
       ist aus meiner Perspektive erzählt. So, wie ich die Dinge in Schönsee
       wahrgenommen habe, und wie ich sie jemandem erzählen würde.“
       
       28 Nov 2018
       
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