# taz.de -- Afrikanische Champions League: Straßenfest statt Protest
       
       > Mit Espérance Tunis setzt sich im Finale von Afrikas Champions League der
       > Außenseiter durch. Und sichert so Premierminister Chahed den Job.
       
 (IMG) Bild: Die Spieler von Espérance Tunis feiern ihren dritten Champions-League-Titel
       
       Tunis taz | Die Buchmacher hatten dem tunesischen Club Espérance Tunis im
       Champions League Finale gegen den ägyptischen Vertreter al Ahli Kairo klar
       in der Außenseiterrolle gesehen. Doch nach der 1:3-Auswärtsniederlage
       siegte der tunesische Rekordmeister vor eigenem Publikum in einem
       dramatischen Rückspiel mit 3:0.
       
       Nach zwei umstrittenen Schiedsrichterentscheidungen für al Ahli Kairo im
       Hinspiel warnten in der tunesischen Hauptstadt die Behörden vor
       Ausschreitungen der Fans. Einige internationale Kulturinstitutionen,
       Schulen und Botschaften blieben geschlossen. Nach Angaben der
       Polizeigewerkschaft waren 12.000 Polizisten und 4.000 Soldaten auf den
       Straßen von Tunis im Einsatz.
       
       Nach dem Überraschungssieg feierten die 55.000 Besucher eine Stunde lang im
       Stadion und mit Autokorsos in der Innenstadt friedlich. „Das ist das erste
       Mal, dass ich Polizisten und Fans zusammen feiern sehe und ganz Tunis eine
       Partymeile ist“, sagt der 33- jährige Moncef, der das Spiel mit Freunden in
       einer der Bars auf der Avenue Bourguiba im Zentrum verfolgte. Ein paar
       Meter weiter hatte sich vor zwei Wochen eine Selbstmordattentäterin in die
       Luft gesprengt und neun Polizisten und Passanten verletzt. Doch Terrorangst
       und die aktuelle Wirtschaftskrise waren am Freitag wie vergessen. Statt
       Straßenprotesten wurde allerorten in der Hauptstadt gefeiert.
       
       Al Ahli hatte schon im vergangenen Jahr das Finale gegen den marokkanischen
       Klub Wydad Casablanca verloren. Da die Ägypter sich während des gesamten
       Wettbewerbs in hervorragender Form präsentiert hatten, wurde al Ahli als
       klarer Favorit gehandelt. Nach dem 3:1-Sieg im Hinspiel schien der Erfolg
       zum Greifen nah. Mit dem Heimsieg wuchs die Hoffnung bei den Fans noch
       weiter, der Rekordsieger könne nach 2013 den neunten Titel des
       gesamtafrikanischen Teamcups einfahren.
       
       Im Verlauf des auf dem Kontinent viel beachteten Turniers spielten sich
       immer wieder neue Talente in den Vordergrund. Torschützenkönig des
       Wettbewerbs wurde allerdings der erfahrene tunesische Nationalspieler Anice
       Badri, der insgesamt acht Treffer für Espérance erzielte. Der 28-jährige
       Badri kam vom belgischen Klub Mouscron nach Tunis und erlebte dort seine
       wohl bislang beste Saison. Nun erfüllt sich für Badri der Traum von der
       Teilnahme an der Fifa-Klub-Weltmeisterschaft, nachdem er bei der WM in
       Russland bereits mit seiner Nationalmannschaft dabei war.
       
       ## Zur internationalen Turniermannschaft geformt
       
       Die Überraschungsmannschaft des Afrika-Cups war Primeiro de Agosto aus
       Angolas Hauptstadt Luanda, die erstmals in der afrikanischen Königsklasse
       teilnahm und erst im Halbfinale knapp an Espérance scheiterte. Als Vater
       des Erfolgs wird bei den Tunesiern der Trainer Mouin El Shabani gefeiert,
       der aus dem in der heimischen Liga müde wirkenden Rekordmeister eine
       internationale Turniermannschaft geformt hat. Er analysierte: „Wir konnten
       unsere Leistung von Runde zu Runde steigern und haben schon im Halbfinale
       einen Rückstand aus dem Hinspiel gedreht. Wir bedanken uns auch bei den
       Fans für ihre fantastische Unterstützung und ihren unerschütterlichen
       Glauben an uns bis zum Schluss.“
       
       Die Fans waren es jedoch auch, die vor dem Match mit brutalen Angriffen auf
       den Bus des ägyptischen Gästeteams für schreckliche Szenen sorgten. Al
       Ahlis Mittelfeldspieler Hesham Mohamed wurde von einem Stein im Gesicht
       verletzt. Ägyptische Kommentatoren kritisierten denn auch die aufgeheizte
       Stimmung im Stadion, die die al-Ahli-Spieler nach 30 Minuten zu lähmen
       schien. Tunis vertritt Afrika damit bei der Klub-WM im Dezember in den
       Vereinigten Arabischen Emiraten.
       
       Am größten schien der Jubel bei Tunesiens Premierminister Youssef Chahed,
       der im Stadion immer wieder von seinem Stuhl sprang. Er wurde vom
       93-jährigen Präsidenten Essebsi wegen der Wirtschaftskrise zum Rücktritt
       aufgefordert. Fans hatten zudem vor dem Spiel mit dem Sturm auf das
       Regierungsviertel gedroht. Dank dem Erfolg von Espérance darf Chahed erst
       einmal weiterregieren.
       
       11 Nov 2018
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Mirco Keilberth
       
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