# taz.de -- Kolumne „Durch die Nacht“: Ein Angriff auf den Hedonismus
       
       > Es wird gefährlicher in den Clubs. Das legt eine Statistik nahe, über die
       > man diskutieren könnte … Ein FDP-Mann fordert daher mehr Razzien – wegen
       > Drogen.
       
 (IMG) Bild: So sieht eine Razzia der Berliner Polizei aus: hier in einem Vereinsheim eines Motorrad-Clubs in Reinickendorf (Oktober 2018)
       
       Pearl? Von dem Club in Charlottenburg hatte ich bislang nie gehört. Dank
       eines gewissen [1][Marcel Luthe von der FDP] hat sich das nun geändert.
       Denn die auf dessen parlamentarische Anfrage hin veröffentlichte
       Kriminalitätsstatistik rund um [2][Berliner Clubs] hat ergeben, dass der
       Laden zumindest in den Kategorien Körperverletzung und Diebstahl mit den
       Großen der Stadt mithalten kann. Aber gut, das wirklich nur am Rande. Viel
       wichtiger: Es wird gefährlicher in den Clubs. Zumindest legt das diese
       Statistik nahe, die für 2017 einen Zuwachs der Kriminalität um 25 Prozent
       in und rund um Berliner Ausgehläden gegenüber dem Vorjahr ausweist.
       
       Warum dieser Anstieg, darüber ließe sich nun diskutieren. Vielleicht sogar
       mit Marcel Luthe von der FDP. Dem jedoch fallen zu den Zahlen ganz andere
       Dinge ein: Wie kann es sein, dass so wenige Drogendelikte in diesen
       enthalten sind, darüber zerbricht sich der Mann den Kopf. Und verlangt,
       ganz so, als wollte er sich damit bei dieser Partei ein ganzes Stück weiter
       rechts von der seinigen bewerben: Mehr Razzien in den Clubs!
       
       Vielleicht weiß der Mann einfach nicht, dass eine Razzia aus gutem Grund
       eine absolute Ausnahmemaßnahme sein sollte. Und in Sachen
       Drogenkriminalität sowieso nichts bringt. Natürlich ließe sich gleich noch
       an diesem Wochenende in einem x-beliebigen Club eine tolle Polizeiaktion
       starten und man würde dabei sicher zig Drogen konfiszieren können. Allein:
       An irgendwelche Dealerstrukturen würde man dabei eher nicht herankommen.
       Und die meisten Drogenbesitzer dürften ihr Beutelchen Hasch sogar behalten.
       
       Dafür würden sich Gäste belästigt fühlen und für Clubs könnte der Umstand,
       dass man sich nicht mehr sicher sein kann, dass nicht gleich die Polizei
       den Dancefloor entert, existenzbedrohend sein. Die Clubs wären dann ein
       ganzes Stück weniger die Freiräume, als die sie weltweit bekannt sind. Der
       Mythos der hiesigen Feierkultur würde verblassen und, um das mal so zu Ende
       zu denken, dass es auch einer von der FDP versteht: Weniger Touristen
       würden kommen, damit weniger Geld.
       
       ## „Berghain des Ostens“
       
       Mitte des Jahres gab es eine Drogenrazzia in dem [3][Club „Bassiani“ in
       Tiflis], der gerne das „Berghain des Ostens“ genannt wird. Der Club ist
       bekannt dafür, sich für LGBTI-Rechte einzusetzen, in einem Land, in dem
       Schwule, Lesben und Transsexuelle sonst nicht die allergrößte Wertschätzung
       genießen. Man kann davon ausgehen, dass die Razzia, die zur zeitweiligen
       Schließung des Clubs geführt hat, politisch motiviert war.
       
       Klar, Berlin ist nicht Tiflis, aber auch in dieser Stadt gibt es Kräfte,
       die den gelebten Hedonismus in hauptstädtischen Clubs am liebsten verbieten
       oder eben mit Razzien gegen ihn vorgehen würden. Eigentlich sollte das
       nicht im Interesse von jemandem sein, der zu einer vorgeblich liberalen
       Partei gehört.
       
       Ein paar Partydrogen hier und da, mal ein Handy weg – eigentlich hat die
       Anfrage von Marcel Luthe sowieso nichts Spektakuläres zu Tage gebracht. Ab
       nächster Woche gibt es bei Amazon die neue Serie „Beat“ zu sehen. Die geht
       gleich mal damit los, dass in einem Club, der dem Berghain nachempfunden
       ist, ein paar Leichen an der Decke hängen. Daraufhin wird im Umfeld des
       Clubs wegen Waffenschmuggel und Organhandel ermittelt. Wenn es mal im
       echten Berghain so weit kommt wie in dieser Serie, dann kann meinetwegen
       Luthe noch einmal seinen Finger heben.
       
       Drogen werden in der Serie übrigens andauernd genommen. Aber das
       interessiert von den Ermittlern eigentlich niemanden.
       
       4 Nov 2018
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.fdp-fraktion.berlin/2017/02/08/marcel-luthe/
 (DIR) [2] https://www.berlin.de/clubs-und-party/clubguide/a-z/
 (DIR) [3] https://www.facebook.com/bassiani
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Andreas Hartmann
       
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