# taz.de -- Brennelemente aus Versuchsreaktor: Atommüll-Export in die USA beantragt
       
       > Die Jülicher Gesellschaft für Nuklearanlagen will 152 Castor-Behälter
       > nach Amerika transportieren. Die Grünen sind empört, die Regierung
       > laviert.
       
 (IMG) Bild: Hoch radioaktive Hinterlassenschaft: 152 Castor-Behälter mit 300.000 Brennelementen in Jülich
       
       BERLIN taz | Seit 30 Jahren stehen sie in einem Zwischenlager in Jülich:
       152 Castor-Behälter mit 300.000 überwiegend hoch radioaktiven
       Brennelementen, die aus dem sogenannten Kugelhaufen-Versuchsreaktor in
       Jülich bei Aachen stammen. Der war 1988 nach 21 Betriebsjahren mit diversen
       Störfällen abgeschaltet worden, doch seine Hinterlassenschaften sorgen bis
       heute für heftigen Streit. Denn für das bestehende Zwischenlager ist die
       Erdbebensicherheit nicht nachgewiesen. Im Jahr 2014 ordnete die
       Landesregierung darum an, das Lager „unverzüglich“ zu räumen.
       
       Doch wohin mit den Behältern? Diese Frage ist nach wie vor unbeantwortet.
       Bürgerinitiativen und Grüne haben in der Vergangenheit für den Bau eines
       neuen, sicheren Zwischenlagers am bestehenden Standort plädiert. Aufgrund
       der langen Dauer dieses Verfahrens, die der Vorgabe, unverzüglich zu
       räumen, entgegenstehen dürfte, wurde diese Option in den letzten Jahren
       aber nicht mehr ernsthaft verfolgt. Stattdessen wurde lange damit
       gerechnet, dass die Behälter ins Zwischenlager in Ahaus im Norden von NRW
       transportiert werden, um dort bis zu einer Weiterbearbeitung und späteren
       Endlagerung zu bleiben. Diese Option wird auch von den Experten im
       Bundesumweltministerium favorisiert.
       
       Daneben steht seit einigen Jahren aber auch die Möglichkeit im Raum, die
       Brennstäbe in die USA zu exportieren. Sie hatten sie einst geliefert. Mit
       diesem Vorschlag hatte sich das Bundesforschungsministerium, das die
       Verantwortung für den Reaktor von den ursprünglich kommerziellen Betreibern
       übernommen hat, erstmals 2012 an das US-Energieministerium gewandt – und
       dort eine grundsätzliche Bereitschaft zur Rücknahme erreicht.
       
       Nun rückt diese lange eher als theoretische Möglichkeit betrachtete Option
       näher: Die Jülicher Gesellschaft für Nuklearanlagen hat Ende Juni offiziell
       beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle eine Exportgenehmigung
       für die Brennelemente beantragt. „Wir wollen Klarheit, ob wir diese Option
       weiterverfolgen können“, sagte Unternehmenssprecher Jörg Kriewel der taz.
       
       ## „Zulässige Fallkonstruktion“
       
       Klarheit sollte in dieser Frage eigentlich schon die Atomgesetznovelle von
       2017 bringen. Darin war der Export von Atommüll bis auf eng definierte
       Ausnahmen verboten worden: Nur aus „schwerwiegenden Gründen der
       Nichtverbreitung von Kernbrennstoffen“, also um waffenfähiges
       Nuklearmaterial vor unbefugter Verwendung zu sichern, oder zur „Herstellung
       in Deutschland endlagerfähiger und endzulagernder Abfallgebinde“ ist ein
       Export aus Forschungsreaktoren erlaubt.
       
       Beides ist beim geplanten Export in die USA nicht gegeben: Aus Gründen der
       Nichtverbreitung sei die Rücknahme nicht notwendig, hatte das
       US-Energieministerium bereits 2013 erklärt. Und eine spätere Rücknahme nach
       Deutschland ist in den bisherigen Absprachen mit den USA nicht vorgesehen.
       Bei der Verabschiedung des Gesetzes hatte die damalige
       Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) die Befürchtung, dass
       Atommüll aus Jülich unter die Ausnahmen fallen könnte, denn auch als
       „Verschwörungstheorie“ bezeichnet.
       
       Inzwischen äußert sich das Umweltministerium weniger klar. In der Antwort
       auf eine aktuelle Anfrage der Grünen-Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl und
       Oliver Krischer, die der taz vorliegt, nennt das Ministerium die im Gesetz
       genannte Nichtverbreitung als „zulässige Fallkonstruktion“, mit der ein
       Export der Brennelemente aus Jülich begründet werden könnte. Auch auf
       taz-Anfrage vermeidet das Ministerium eine Festlegung, ob man dem
       Export-Antrag zustimmt. Eine Entscheidung werde „vor dem Hintergrund der
       gesetzlichen Bestimmungen erfolgen“, teilte ein Sprecher lediglich mit.
       
       Das Bundesforschungsministerium äußerte auf Anfrage keine Präferenz für
       eine der Möglichkeiten. „Welche Option zum Tragen kommt, ist weiterhin
       offen“, erklärte eine Sprecherin. Allerdings dürfte der Export dort
       zumindest aus politischen Gründen attraktiv erscheinen: Das Zwischenlager
       Jülich, wo die Behälter derzeit lagern, steht im Wahlkreis des
       parlamentarischen CDU-Staatssekretärs Thomas Rachel; das Zwischenlager
       Ahaus, das die Alternative zum Export wäre, befindet sich nahe dem
       Wahlkreis von Ministerin Anja Karlicek (CDU).
       
       Klare Kritik am beantragten Export kommt hingegen von den Grünen. Dieser
       sei eine „Flucht aus der Verantwortung“, erklärte die atompolitische
       Sprecherin Sylvia Kotting-Uhl. „Nach dem Motto ‚Aus den Augen, aus dem
       Sinn‘ will man eigenen Atommüll ins Ausland abschieben.“
       
       5 Sep 2018
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Malte Kreutzfeldt
       
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