# taz.de -- Die Wahrheit: Papst im Schafspelz
       
       > Papst Franziskus kommt nach Irland. Wer hat 1.000 Tickets unter dem Namen
       > Jesus Christus für eine gratis Freiluftmesse in Dublin gebucht?
       
 (IMG) Bild: Und schon hat der Herr vergeben? Papst Franziskus betet in der Kathedrale St Mary's zu Dublin
       
       Alle dürfen für den Papst singen, nur Pfarrer Ray Kelly nicht. Morgen
       beginnt das Weltfamilientreffen in Dublin, und am Wochenende stößt Papst
       Franziskus hinzu. Am Samstag hält er vor 77.000 Zuschauern eine kleine Rede
       im Stadion Croke Park, wo sonst gälische Sportarten ausgetragen werden.
       2.000 Künstlerinnen und Künstler treten für Franziskus auf, die Hälfte
       davon im Chor. Aber nicht mal da darf Kelly mitsingen.
       
       Dabei ist der 64-Jährige bei der englischen Version von „Deutschland sucht
       den Superstar“ in diesem Jahr mit dem REM-Song „Everybody Hurts“ ins
       Halbfinale gekommen. Es nützte nichts. Stattdessen wird Country-Sänger
       Nathan Carter dieses Lied vortragen.
       
       Seit Wochen wird im Radio darüber debattiert, wer außerdem für den Papst
       singen sollte. Die halbe Nation ruft mit Vorschlägen beim Sender an.
       Verdächtig häufig wird dabei Kelly genannt. Ist der Anrufer etwa stets der
       Pfarrer mit verstellter Stimme? Besonders wurmt ihn der Auftritt von Daniel
       O’Donnell: Der irische Jürgen Marcus, Traum aller Schwiegermütter, hatte
       beim Referendum vor drei Jahren für die gleichgeschlechtliche Ehe gestimmt.
       Das war eindeutig Blasphemie, und das ist strafbar in Irland.
       
       Noch. Im Oktober soll die Nation in einem Referendum entscheiden, ob der
       entsprechende Paragraf aus der Verfassung gestrichen wird. Dabei hat
       Franziskus erst neulich erklärt, dass Blasphemie „die schlimmste aller
       Sünden“ sei. Außerdem hat die Knalltüte behauptet, dass nach Ansicht der
       Kirche nur heterosexuelle Paare eine Familie bilden können. Prompt hat man
       fünf Fotos von gleichgeschlechtlichen Paaren aus der Broschüre entfernt,
       die in den katholischen Gemeinden in Vorbereitung auf den Papstbesuch
       verteilt worden sind. Das Motto des Weltfamilientags lautet: „Das
       Evangelium von der Familie: Freude für die Welt.“
       
       Damit Franziskus’ Freude nicht getrübt wird, verzichtet er bei seiner
       Irlandreise auf einen Besuch in Tuam, wo katholische Nonnen mehr als 800
       Kinderleichen in Abwassertanks entsorgt haben; oder in einem der
       Kinderheime, wo die Pfaffen Kinder missbraucht haben; oder in einem
       Nonnenkloster, wo ledige Mütter eingesperrt wurden. Stattdessen macht er
       einen Abstecher zum westirischen Wallfahrtsort Knock, denn dort wird er
       nicht mit unangenehmen Dingen belästigt. Franziskus ist Ratzinger im
       Schafspelz.
       
       Zurück in Dublin liest er im Phoenix Park die Messe. Um dabei zu sein, muss
       man sich eine Eintrittskarte im Internet besorgen. Die ist zwar kostenlos,
       aber die Zuschauermenge ist aus Sicherheitsgründen auf 600.000 begrenzt.
       Ein Jonathan Keane von der Organisation „Say Nope To The Pope“ hat rund
       1.000 Tickets ergattert. Die Plätze sollen aus Protest gegen den Papst leer
       bleiben. Keane hat die Eintrittskarten unter dem Namen Jesus Christus
       gebucht. Oder ist das ein Pseudonym von Pfarrer Kelly?
       
       20 Aug 2018
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ralf Sotscheck
       
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