# taz.de -- Vor einem Jahr: Insolvenz von Air Berlin: Die Mitarbeiter trauern noch
       
       > 8.000 Menschen verloren ihre Arbeit. Zwar haben viele der früheren
       > Beschäftigten neue Jobs gefunden, aber oft zu erheblich schlechteren
       > Bedingungen.
       
 (IMG) Bild: Vor einem Jahr verschwand Air Berlin von der Bildfläche
       
       Sie wollten unbedingt dabei sein: Viele der früheren MitarbeiterInnen der
       [1][Fluglinie Air Berlin] sind in den vergangenen Wochen noch einmal an
       ihre alte Wirkungsstätte zurückgekehrt, um ihre Unterschrift auf ein altes
       Werbeplakat der Airline zu setzen.
       
       Das Plakat mit den unzähligen Namenszügen zeigt eine der rot-weißen
       Maschinen am Himmel vor schönen weißen Wolken. Es soll im Deutschen
       Technikmuseum gezeigt werden, das bereits viele Air-Berlin-Exponate
       gesammelt hat.
       
       Als die zweitgrößte deutsche Fluglinie Air Berlin vor genau einem Jahr
       [2][Insolvenz] anmeldete, war das für die damals 8.000 MitarbeiterInnen ein
       Schock. Rund 1.800 von ihnen waren in der Verwaltung der Airline in Berlin
       tätig, dazu kam Flugpersonal aus der Region.
       
       Die Fluglinie war unter anderem an einem extremen Expansionskurs und
       Missmanagement von Haudegen wie Helmut Mehldorn gescheitert, der vorher
       sein Unwesen bei der Bahn getrieben hatte. In der Luftfahrtbranche herrscht
       ein extremer Verdrängungswettbwerb, dem Air Berlin nicht standgehalten hat.
       
       ## Für viele nicht gut ausgegangen
       
       Ein Jahr nach der Pleite haben zwar etliche ehemalige Mitarbeiter neue
       Stellen gefunden. Aber nicht wenige mussten zum Teil herbe Einbußen
       hinnehmen. „Für viele Beschäftigte ist das nicht gut ausgegangen“, sagt
       Christine Behle, für Luftfahrt zuständiges Bundesvorstandsmitglied der
       Gewerkschaft Verdi.
       
       Für die Beschäftigten kam die Insolvenz nicht überraschend, denn im Vorfeld
       war viel über den Zeitpunkt der Zahlungsunfähigkeit spekuliert worden. „Ich
       konnte mir gar nicht vorstellen, wie sehr einen so etwas mitnimmt“, sagt
       eine ehemalige Mitarbeiterin von Air Berlin. Sie möchte anonym blieben,
       weil sie für den Insolvenzverwalter von Air Berlin tätig ist.
       
       Auch wenn sie und ihre KollegInnen noch einen Job haben, waren die
       vergangenen Monate extrem hart. Immer wieder mussten sie sich von
       langjährigen Weggefährten trennen, die es mitunter hart getroffen hat. „Es
       gab bei Air Berlin viele Paare“, sagt sie. „Sie standen von heute auf
       morgen vor dem finanziellen Nichts.“
       
       Etlichen Beschäftigten wurden falsche Versprechungen gemacht. Mitarbeiter
       hofften auf eine Übernahme durch Lufthansa oder Easy Jet, die dann doch
       nicht kam. Anderen wurde in der Abwicklungsphase nach der Insolvenz
       signalisiert, dass ihr Zeitvertrag noch einmal verlängert würde – was dann
       aber nicht geschah.
       
       ## Loyalität zum ehemaligen Arbeitgeber
       
       Die Ex-Air-Berliner treffen sich bei Stammtischen. „Manche haben schon den
       dritten neuen Job“, sagt die ehemalige Air-Berlin-Mitarbeiterin. Denn sie
       haben genommen, was sie kriegen konnten – auch wenn die Konditionen noch so
       schlecht waren. Air Berlin hat die Mitarbeiter vergleichsweise gut bezahlt.
       Andere Fluglinien drücken die Löhne. Die Loyalität zum ehemaligen
       Arbeitgeber ist wohl auch deshalb bei vielen noch immer hoch. „Bei Air
       Berlin ging es familiär zu“, sagt sie. Viele wünschen sich das Unternehmen
       zurück. „Wenn es ein neues Air Berlin gäbe, wären wir wieder dabei.“
       
       Nach Angaben der [3][Arbeitsagentur Berlin-Brandenburg] haben mehr als 60
       Prozent der ehemaligen Beschäftigten von Air Berlin, die sich in Berlin
       oder Brandenburg arbeitslos gemeldet hatten, eine neue Stelle gefunden.
       
       Allerdings hatten sich nicht alle Entlassenen bei der Arbeitsagentur
       gemeldet. Zurzeit sind noch 330 ehemalige Beschäftigte der Airline in
       Berlin oder Brandenburg als arbeitslos registriert. Manche von ihnen erst
       seit Kurzem, weil sie bislang noch für den Insolvenzverwalter tätig waren.
       
       Die Pleite hatte für die Beschäftigten sehr unterschiedlich Folgen.
       VerwaltungsmitarbeiterInnen konnten in eine Transfergesellschaft wechseln.
       Dort konnten sie sich bei Bedarf qualifizieren und hatten ein halbes Jahr
       Zeit, sich auf Stellen zu bewerben. „Das hat gut geklappt, damit sind wir
       sehr zufrieden gewesen“, sagt [4][Verdi-Vorstandsmitglied] Behle.
       
       ## Einige hatten Glück
       
       In die Transfergesellschaft können auch die 65 früheren Air-Berliner noch
       bis zum 1. Januar 2019 gehen, die der Insolvenzverwalter derzeit noch
       beschäftigt.
       
       Rund 100 Techniker wurden von einer Wartungsfirma übernommen. Auch Piloten
       hatten keine großen Probleme. „Hart war die Insolvenz vor allem für die
       FlugbegleiterInnen“, berichtet Behle. Die Lufthansa wollte ursprünglich
       3.000 von ihnen übernehmen, stellte dann aber nur wenige Hundert an. Easy
       Jet hat rund 500 FlugbegleiterInnen von Air Berlin übernommen – zu fast den
       gleichen Bedingungen.
       
       Sie hatten Glück. In der Branche gilt das Senioritätsprinzip. Das heißt,
       das Gehalt hängt auch von der Dauer der Betriebszugehörigkeit ab. Das
       Problem: Erfahrene Flugbegleiterinnen von Air Berlin wurden von neuen
       Arbeitgebern als Berufsanfängerinnen eingestuft.
       
       „Einige haben Lohneinbußen von 40 Prozent, weil ihnen 20 Jahre Erfahrung
       nicht anerkannt wurde“, sagt Behle.
       
       15 Aug 2018
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.airberlin.com/
 (DIR) [2] /Betroffen-von-der-Fluggesellschaftspleite/!5470753
 (DIR) [3] https://www.arbeitsagentur.de/
 (DIR) [4] https://www.verdi.de/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Anja Krüger
       
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