# taz.de -- Kolumne „Fast Italien“: Bier hilft bei Summertime Sadness
       
       > Umtata, umtata, tschingdarassa. Nach vier Maß ist alle Melancholie
       > ertränkt. München ist derweil wie leergefegt, aber gewählt wird ja erst
       > im Herbst.
       
 (IMG) Bild: Was vom Tage übrig blieb
       
       Melancholie bei 30°C im Schatten. Der Biergarten am Chinesischen Turm ist
       halb voll, meine Maß halb leer. Sie gibt mir Halt, mit beiden Händen
       umklammere ich sie.
       
       Es ist August. Klapprad Schrotti steht neben mir, mein einziger
       Gesprächspartner. Alle anderen haben der bayrischen Metropole den Rücken
       gekehrt, fläzen an irgendeinem Strand. Warum?, frage ich mich. Die Isar hat
       doch auch ihre Reize. Und sie birgt Geheimnisse, die es zu entdecken gilt.
       Da braucht’s kein verdammtes Meer.
       
       Allein, allein, fühle ich mich. Denn sie ist weg, weg, weg, und alle
       anderen auch. Griesgrämig nippe ich an meiner schalen Maß, belausche
       neidisch, was an den Nachbartischen gesprochen wird. Mein Blick wandert von
       einem zum anderen. Und meine Ohren wandern mit.
       
       Links neben mir sitzen drei tätowierte Typen mit ihren Köpfen über ein
       Kofferradio gebeugt. Dritte Liga. Der TSV 1860 spielt gegen Sportfreunde
       Lotte. Es steht 4:0 für die 60er. Was an ein Wunder grenzt. Verlieren hat
       sonst Tradition bei diesem Traditionsverein.
       
       ## Umtata, Umtata
       
       So stark wie noch nie!, brüllen die drei unisono und schmettern ihre Krüge
       gegeneinander. Und die Kapelle oben im Turm spielt: Umtata, umtata,
       tschingdarassa, bums, trara.
       
       Auch am Nachbartisch krachen Krüge gegen Krüge. Wie bei einem
       mittelalterlichen Ritterturnier, wenn Lanzen auf Schilde treffen. Um den
       ganzen China-Turm herum tönt es. Kling-klong! Klong-kling!
       
       Die Kapelle spielt jetzt einen Hit von den Hot Dogs. Die Stimmung nimmt
       Fahrt auf. Die Leute schunkeln, grölen: Schau hi, da liegt a doda Fisch im
       Wassa, den mach ma hi, den mach ma hi. Mare, mare, den Fisch, den mach ma
       hi …
       
       Ich trolle mich zum Bierausschank. Hole mir einen kalten Liter. Setze mich
       zu den 60er-Fans, halte ihnen meinen Maßkrug hin, und sie schmettern ihre
       dagegen. Ich kann mich nur mit Mühe auf den Beinen halten, ihre
       Arbeiter-Bizepse sind meinem leptosomen Körperbau weit überlegen. Aber ich
       halte stand. Auch nach der dritten Maß.
       
       ## High Noon ist im Herbst
       
       Es fällt das 4:0. So stark wie noch nieee!, grölen sie und ihre krebsroten
       Schädel blinken in der Sonne wie Warnlichter. Meine Melancholie ist
       verflogen. In die Südsee. Oder sonst wohin. Das Spiel endet 5:1. Man umarmt
       sich. Man verabschiedet sich. Herzlich.
       
       Schrotti fährt mich nach Hause. Auf ihn ist Verlass. Während er auf den
       Verkehr achtet, gucke ich wie ein Kind die Gegend an. Die Stadt ist mit
       Wahlplakaten zugepflastert. Blasse Parolen allerorts, die kaum einer liest,
       weil kaum einer in der Stadt ist. Außer Touristen. Aber die wählen ja
       nicht.
       
       Es ist der heißeste Sommer, den ich erinnere. Auch politisch gesehen. Aber
       jetzt herrscht Stille. Nach all den verbalen Entgleisungen von Seehofer und
       Söder. Die sind im Urlaub. Schöpfen Kraft.
       
       High Noon ist im Herbst am 14. Oktober. Man wünscht sich, dass die
       bayrischen Wähler/innen den beiden die Rote Karte zeigen. Oder die Grüne.
       Die AfD-Karte lassen wir hier mal außen vor. Die hat keiner verdient.
       
       9 Aug 2018
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Max König
       
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