# taz.de -- Kommentar Schutz in der Brutzeit: Mogelpark Wattenmeer
       
       > Der Nationalpark Wattenmeer bewegt vor allem die Touristikagenturen, die
       > mit dem Label Geld machen. Der Naturschutz wird vernachlässigt.
       
 (IMG) Bild: Kommen in Scharen, um die Natur zu sehen und Kutsche zu fahren: Touristen
       
       Eigentlich juckt ihn niemanden mehr, der Schutz des Nationalparks
       Wattenmeer, vulgo Weltnaturerbe. Während die letzten Romantiker noch
       fälschlich behaupten, der bombastische Titel „Weltnaturerbe“ sei verbunden
       mit einem besonderen Schutzstatus, knallen in den Touristikagenturen die
       Sektkorken. Ein besseres Etikett zur Vermarktung der Nordsee hätten sie
       nicht bekommen können. 30 Prozent mehr Gäste bejubelt der Küstenort
       Norddeich aktuell. Aber da ist schon längst Ballermann.
       
       Und dann die wirtschaftlichen Nutzungen! Fischer pflügen auf der Jagd nach
       Krabben oder Muscheln den Meeresboden und zerstören dieses Ökosystem.
       Fischbrötchenesser, bedenke beim Biss in die Delikatesse: Ein Kilo
       gefangene Krabben bedeuten für acht Kilo Kleinkrebse, Jungfische und andere
       Meeresbewohner als Beifang den Tod.
       
       Dann die Offshore-Industriewindparks: Damit ist das geschützte Wattenmeer
       langfristig für die industrielle Nutzung freigegeben. Der Windpark
       Nordergründe in der Wesermündung neben Wangerooge steht als Barriere an der
       Grenze des Nationalparks. Ihre Klage dagegen haben sich die Umweltverbände
       abkaufen lassen.
       
       ## Norderney faktisch zersägt
       
       Jetzt wird über Jahrzehnte der Wattboden aufgerissen. Die Insel Norderney
       musste faktisch zersägt werden, um die Kabel, die die Windanlagen mit dem
       Festland verbinden, zu verlegen. Eine gigantische Arbeit. Und die soll,
       unter anderem, „ausgeglichen“ werden durch den Abriss einer hundert Jahre
       alten Betonplattform von der Größe eines Einfamilienhauses vor der
       Vogelinsel Memmert?
       
       Offensichtlich ist die oberste Naturschutzbehörde des Wattenmeeres, die
       Nationalparkverwaltung in Wilhelmshaven, mit ihrer Schutzaufgabe völlig
       überfordert. Angesichts der gewaltigen Aufgabe, systematisch Schutzzonen
       einzurichten und effiziente Kompensationspools zu planen, tappt sie mit dem
       Blindenstock durchs Watt und ordnet Zufallsprojekte an.
       
       Dass sie den Abriss der Plattform zur Brutzeit ihres Schutzklientels nicht
       nur erlaubt sondern quasi angeordnet hat, macht die Nationalparkverwaltung
       nicht nur unglaubwürdig, es disqualifiziert sie.
       
       26 Jul 2018
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Thomas Schumacher
       
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