# taz.de -- Grünen-Politikerin zu Schulbauplänen: „Die Sorge ist hypothetisch“
       
       > Bürgerinitiative sammelt Unterschriften gegen rot-rot-grüne
       > „Schulprivatisierung“. Es gebe kein Risiko, verteidigt Stefanie Remlinger
       > (Grüne).
       
 (IMG) Bild: Erfahren im Protest gegen Privatisierungsvorhaben: Die Bürgerinitiative bei einer früheren Aktion vor dem Bundeswirtschaftsministerium
       
       taz: Frau Remlinger, zunächst mal eine Zukunftsvision: 2028, das
       landeseigene Wohnungsbauunternehmen Howoge ist in finanziellen
       Schwierigkeiten und saniert sich mit dem Verkauf von Schulgebäuden, an
       denen die GmbH dank des jetzigen rot-rot-grünen Senats das Erbbaurecht
       besitzt. Können Sie diese Vision auch sehen? 
       
       Stefanie Remlinger: Nein, die sehe ich nicht. Meine Vision ist die: Wir
       haben mindestens 60 neue Schulen gebaut, und 160 weitere Standorte
       ausgebaut. Wir haben das Gesicht der Stadt verändert, und zwar zum
       positiven. In zehn Jahren gelten die ökologischen Standards und die
       Architektur der neuen Schulen als Maßstab für Schulbau über Berlin hinaus.
       
       Eine schöne Vision. PrivatisierungskritikerInnen wie die Initiative
       Gemeingut in BürgerInnenhand hätten sie nur lieber ohne die Howoge GmbH
       realisiert… 
       
       Ich verstehe, dass man strukturelle Ähnlichkeiten zu einer
       öffentlich-privaten Partnerschaft sehen kann. Es ist aber keine. Weil keine
       Public-Private-Partnership da sein kann, wo kein privater Partner mit an
       Bord ist. Die Howoge ist ein landeseigenes Unternehmen, und vor allem: Es
       findet keine Übertragung von Eigentum statt.
       
       Die Howoge ist als Erbbaurechtsnehmerin aber doch im Besitz der
       Schulgebäude?
       
       Die Howoge kann sie aber nicht verkaufen. Sie ist zwar
       Erbbaurechtsnehmerin, aber was sie mit den Gebäuden tun darf, wird
       vertraglich geregelt sein: Wir werden im Grundbuch eintragen lassen, dass
       die Howoge lediglich das Recht hat, die Gebäude zu bauen beziehungsweise
       sie zu bewirtschaften. Der Verkauf wird definitiv nicht mit dazugehören.
       Von daher ist die Sorge, die Howoge könnte mit dem Verkauf von Schulen
       Verluste aus anderen Geschäften ausgleichen auch völlig hypothetischer
       Natur.
       
       Und was ist im umgekehrten Fall: Wenn sich Baumaßnahmen verzögern,
       Baukosten explodieren – dann könnte doch die Howoge versucht sein, diese
       Kosten auf die MieterInnen im Wohnungsbaugeschäft umzulegen? 
       
       Der Howoge entsteht kein Risiko, weil das Land die Mietzahlungen
       gewährleistet, die die Bezirke im Gegenzug für die Sanierung
       beziehungsweise den Neubau der Gebäude an die Howoge zahlen. Und diese
       Raten können uns auch nicht aus dem Ruder laufen. Weil sie erst dann
       vereinbart werden, wenn wir wissen, wie hoch die Baukosten tatsächlich
       sind. Bei Neubauten wissen wir das mit Fertigstellung der Planung, bei
       Sanierungen mit der Fertigstellung des Gebäudes. Kommt dann hinterher noch
       etwas unvorhergesehenes dazu, übernimmt das Land den Nachschlag. Es sei
       denn, die Howoge verschuldet etwas selbst.
       
       Das ist aber doch ein Risiko für die Howoge. 
       
       Das ist ein ganz normales Geschäft im Hauptausschuss, wenn wieder etwas
       teurer geworden ist in Berlin. Dann fragt man nach dem „warum“ und steuert
       im Zweifel nach. Bei der Howoge ist wichtig: Die Buchungs- und
       Rechnungskreisläufe für das Mieten- und das Schulgeschäft werden getrennt
       geführt werden. Und jede größere Vermögensentscheidung darf die Howoge
       zudem nicht ohne den Aufsichtsrat treffen. Und wer sitzt im Aufsichtsrat?
       Das Land Berlin.
       
       Könnte aber doch sein, dass eine Nachfolgeregierung beschließt, die Howoge
       zu zerschlagen. So wie es eine rot-rote Regierung 2004 schon mal bei der
       landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft GSW gemacht hat.
       
       Das schlimme an unserer Demokratie ist: Eine dumme Regierung kann dumme
       Sachen tun. Aber das hat nichts mit der Rechtsform zu tun, in der wir das
       Schulgeschäft organisieren. Jede Regierung kann Schulgebäude aus der
       bestehenden Struktur heraus verkaufen. Anders gesagt: Verkauft werden kann
       immer, völlig egal in welcher Rechtsform das Land Berlin seine
       Staatsaufgaben erfüllt. Das wurde in der Vergangenheit ja auch getan, als
       Bezirke Schulen verkauft haben, weil die Schülerzahlen in Berlin lange Zeit
       zurück gingen.
       
       Wer kontrolliert, dass die Howoge sich tatsächlich an alle Rahmenverträge
       hält und so schön und ökologisch korrekt baut, wie Sie sich das vorstellen? 
       
       Wir haben ein halbjährliches, schulscharfes Berichtswesen vereinbart, mit
       umfangreichen Controllingdaten. Das muss die Howoge dem Unterausschuss
       Controlling im Parlament vorlegen, genauso wie die Bezirke und die
       Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, die ja auch Schulen bauen wird. Es
       wird ein volles parlamentarisches Akteneinsichtsrecht geben, auch gegenüber
       der Howoge. Als Grüne verhandeln wir gerade noch, dass wir die
       Landeshaushaltsordnung so modifizieren, dass auch der Landesrechnungshof
       mit drauf schauen kann.
       
       Noch mal ganz grundsätzlich gefragt: Warum braucht es überhaupt die Howoge?
       Die Landeskassen sind voll, die Steuerprognose ist günstig. Kann man da die
       eine Milliarde Euro für die Schulen, die die Howoge jetzt über
       Kreditaufnahme finanzieren soll, nicht auch noch aus dem Landeshaushalt
       stemmen? 
       
       Der Hauptgrund ist, dass wir einen zusätzlichen Player mit an Bord nehmen,
       der einen Teil der Arbeit macht. Die Tatsache, dass die Howoge Kredite
       aufnehmen kann, auch unter Bedingung der Schuldenbremse, die ja ab 2020 für
       Berlin gilt, ist da eigentlich sekundär.
       
       Stichwort Kredite: Warum vertrauen Sie darauf, dass die Zinsen tatsächlich
       so niedrig bleiben, wie die Senatsverwaltung für Finanzen voraussagt –
       nämlich 0,2 Prozentpunkte über kommunalkreditähnlichen Konditionen? 
       
       Weil es für die Banken keine bessere Sicherheit gibt, als wenn das Land
       haftet. Und das tut es mit dem sogenannten Einredeverzicht gegenüber den
       Banken: Es gibt also eine Zahlungsgarantie seitens des Landes. Die Banken
       wissen also, im Gegensatz zur kritischen Bürgerinitiative, dass das
       Schulbaugeschäft weiterhin in staatlicher Hand abläuft – sonst würden wir
       diesen Kredit nicht bekommen.
       
       Gut, man braucht also die Howoge. Dort soll sich ein Planungsabteilung von
       15 Leuten um das Schulgeschäft kümmern. Werden diese 15 Leute tatsächlich
       den großen Gewinn an Effizienz bringen?
       
       Der Gewinn liegt darin, dass Ausschreibungen schneller, weil
       unbürokratischer gehen. Die Howoge hat absoluten Spielraum in der
       Bezahlung, dass macht sie wettbewerbsfähiger bei der Konkurrenz um
       Fachkräfte. Und sie muss sich nicht an den Haushaltsrhythmus halten. Es hat
       schon einen Grund, warum Planungs- und Bauzeiten bisher zehn Jahre dauerten
       in Berlin. Zudem: Die Schulbauoffensive hat ein Volumen von 5,5 Milliarden
       Euro. Selbst wenn die Bezirke wollten, das können sie gar nicht allein
       verbauen. Auch nicht, wenn sie Personal einstellen, wie sie es ja bereits
       tun: Im Nachtragshaushalt gab es 50 Millionen Euro für Personal, künftig
       werden es 60, 70 Millionen Euro pro Jahr sein.
       
       Die Gewerkschaft GEW macht sich Sorgen, dass es künftig Nutzungskonflikte
       bei den Schulgebäuden gibt, weil die Bezirke schließlich nur MieterInnen
       der Howoge sind. Eine berechtigte Sorge? 
       
       Das ganze Vertragskonzept basiert darauf, dass wir die Gebäude mieten für
       den Zweck Schule. Ohne Zustimmung von Bezirk und Schulgremien kann da keine
       andere Nutzung passieren. In Hamburg ist es passiert, dass in einigen
       Stadtteilen Schulräume leer standen. Da hat die Schulbau Hamburg, die
       ebenfalls als GmbH organisiert ist, gesagt, da kann doch zum Beispiel hier
       oder da noch ein Jugendtreff mit einziehen. So etwas kann ja sogar sinnvoll
       sein, aber nicht ohne Zustimmung der Schule.
       
       28 Jun 2018
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Anna Klöpper
       
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