# taz.de -- Prozess gegen „Volkslehrer“: Hetze neben Stolpersteinen
       
       > Der selbsternannte „Volkslehrer“ Nikolai N. bringt zum Prozess gegen
       > seine Kündigung viele Fans mit. Und wird gefeiert wie ein Popstar.
       
 (IMG) Bild: Stolpersteine für eine Familie der Holocaustüberlebenden in Berlin
       
       Nikolai N. trägt ein grau-meliertes Jackett über einem sauberen weißen
       Hemd. Der selbst ernannte „Volkslehrer“ badet nach seinem Termin am
       Berliner Arbeitsgericht in der Aufmerksamkeit von Medienvertreter*innen
       und, wie es scheint, Fans. Wie nach dem Konzert eines Popstars werden
       Handyvideos gedreht, Interviews gegeben, und Fotos mit Unterstützer*innen
       gemacht.
       
       Zur sogenannten Güteverhandlung zwischen N. und der Senatsverwaltung für
       Bildung sind an diesem Montag viele Menschen gekommen. Bei dem Termin soll
       versucht werden, eine einvernehmliche Einigung zwischen den Streitparteien
       zu erzielen und so den Rechtsstreit beizulegen. Eine Frau mittleren Alters
       erzählt, sie sei extra aus München angereist, aus privatem Interesse an dem
       Fall. Ein Mann in rotem T-Shirt und Trainingshose ruft einem Kamerateam des
       rbb nach dessen Interview mit N. lautstark „Dreckssender!“ hinterher.
       
       Das Land Berlin hatte dem Grundschullehrer Nikolai N. Ende April
       [1][fristlos gekündigt], weil ihm aufgrund seiner außerdienstlichen
       Äußerungen die Eignung als Lehrer fehle. N. betreibt neben seiner nun
       eingestellten Tätigkeit als Grundschullehrer den YouTube-Kanal „Der
       Volkslehrer“, dessen Follower*innenzahl seit Bekanntwerden seiner Kündigung
       von etwa 2.500 auf knapp 35.000 angewachsen ist. Er hetzt dort unter
       anderem gegen Politiker, verbreitet Verschwörungstheorien und [2][stellt
       den Holocaust infrage]. Nachdem N. beim vergangenen Kirchentag eine
       Gedenkminute für Geflüchtete mit Zwischenrufen gestört hatte,
       veröffentlichte er eine sogenannte Klarstellung, in der er betont, die
       Deutschen, die Goethe und Schiller zu ihren Vorfahren zählten, sollten in
       diesem Land nicht in die Minderheit geraten.
       
       ## „Politisch motivierte Entscheidung“
       
       Mit seiner Klage wehrt sich N. nun gegen seine fristlose Kündigung. Seine
       Begründung: Es handele sich um eine politisch motivierte Entscheidung. Die
       Verhandlung ist an diesem Montag bereits nach wenigen Minuten beendet. Die
       Schulverwaltung werde derzeit kein Vergleichsangebot unterbreiten, erklärt
       der Vertreter der Behörde dem Gericht. Als Nikolai N. sagt, er würde gern
       weiter unterrichten, gibt es Applaus und Jubelrufe aus dem Publikum. Nach
       der Verhandlung betont er, er werde seine „Aufklärungsarbeit weiter
       fortsetzen“. Er sei kein Rassist, doch „das deutsche Volk“ erlebe „extreme
       Repressalien“ und werde unterdrückt. Auch dafür erntet er Applaus.
       
       Die Münchnerin nimmt einen Aufkleber mit Deutschlandflagge von einem Mann
       aus Thüringen entgegen und platziert ihn mit einem Lächeln auf ihre
       Handtasche. Ob man jetzt vielleicht noch was zusammen unternehmen solle, da
       der Gerichtstermin so schnell vorbei gewesen sei? Der Mann, der eben noch
       „Dreckssender“ gerufen hatte, empört sich nun über „die Scheiße, die ihm in
       der Schule über deutsche Geschichte beigebracht wurde“.
       
       Drei Meter entfernt glänzen vier Stolpersteine mit den Namen von Verfolgten
       der Nationalsozialisten in der Sonne. Das Verfahren zwischen Nikolai N. und
       Berlin wird am 16. Januar 2019 fortgesetzt.
       
       11 Jun 2018
       
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