# taz.de -- Skandal im Bundesamt für Migration: „Wir wissen derzeit zu wenig“
       
       > Die Grüne Luise Amtsberg erklärt, warum ihre Fraktion in der Bamf-Affäre
       > noch keinen Untersuchungsausschuss fordert – anders als FDP und AfD.
       
 (IMG) Bild: Innenminister Horst Seehofer bei einer Pressekonferenz im April mit Bamf-Leiterin Jutta Cordt
       
       taz: Frau Amtsberg, anders als die FDP und die AfD fordern die Grünen
       bisher keinen Untersuchungsausschuss zu den Vorfällen im Bundesamt für
       Migration und Flüchtlinge. Warum zögern Sie? 
       
       Luise Amtsberg: Wir zögern nicht. Ein Untersuchungsausschuss kann Teil der
       Lösung sein. Dieser aber bringt erst in ein, zwei oder drei Jahren konkrete
       Ergebnisse. In der Zwischenzeit aber entscheidet das Bamf weiter über
       Asylanträge. Deshalb ist es zentral, dass wir schon jetzt mit den uns zur
       Verfügung stehenden parlamentarischen Mitteln aufklären und reformieren.
       Die Behörde muss zügig wieder rechtsstaatlich sauber arbeiten.
       
       Wenn Behörden wie [1][in Bremen] versagen, vertrauen Menschen dem
       Rechtsstaat nicht mehr. Rechtfertigt das keine ausführliche
       parlamentarische Aufklärung? 
       
       Natürlich besteht ein großes Aufklärungsinteresse – zu Recht. Der
       Vertrauensverlust ist massiv. AfD-Politiker lästern ja schon jetzt über
       „anerkannte Flüchtlinge“ – in Anführungszeichen –, um alle legal in
       Deutschland lebenden Geflüchteten zu diskreditieren. Es ist kein Nein zum
       Untersuchungsausschuss. Ich möchte nur deutlich machen, dass diejenigen,
       die darin das Allheilmittel sehen, den konkreten Handlungsdruck ignorieren.
       
       Wann würde ein Untersuchungsausschuss aus Ihrer Sicht nötig? 
       
       Der Ausschuss wäre notwendig, wenn andere Instrumente versagen. Minister
       Seehofer darf uns nicht weiter Informationen vorenthalten. Außerdem wissen
       wir derzeit zu wenig, um einen präzisen Untersuchungsauftrag zu
       formulieren, zum Beispiel um was für „Unregelmäßigkeiten im Asylverfahren“
       es sich handelt. Nur so können wir den Schaden abschätzen. Wir versprechen
       uns von der Sondersitzung des Innenausschusses kommende Woche durch
       Minister Seehofer erste Antworten.
       
       Wie wichtig ist bei Ihrer Abwägung, dass die AfD einen Ausschuss
       instrumentalisieren würde? 
       
       Der AfD geht es ausschließlich darum, mit Merkels humanitärer Haltung von
       2015 abzurechnen. Umso wichtiger ist es, dass die demokratischen Parteien
       sich dieser Frage annehmen. Das gilt für die Linkspartei, wie auch für die
       regierungstragenden Fraktionen SPD und Union. Ich hoffe, dass sie wissen,
       dass wir hier eine gemeinsame Verantwortung tragen.
       
       Horst Seehofer hat für sich die Rolle des Chefaufklärers entdeckt. Nehmen
       Sie sie ihm ab? 
       
       Warten wir es ab. Herr Seehofer hat angekündigt, personelle und
       organisatorische Konsequenzen zu ziehen. Bisher ist es bei Ankündigungen
       geblieben. Wir erwarten von ihm ehrliche, engagierte Aufklärung – und
       Transparenz gegenüber dem Parlament.
       
       Muss Behördenchefin Jutta Cordt gehen? 
       
       Frau Cordt wird jetzt mit vielen Problemen verbunden. Und Vertrauen hat
       immer auch mit Führungspersonal zu tun. Wenn sich die Hinweise verdichten,
       dass sie früh informiert war und nicht adäquat reagiert hat, wird sie kaum
       zu halten sein. Aber man muss schon auch festhalten, dass die Probleme im
       Bamf weit über ihre Zeit hinausgehen. So leicht sollte es Seehofer sich
       nicht machen.
       
       Was muss im Bamf passieren, damit solche Fehler nicht mehr passieren? 
       
       Ganz wichtig ist es, Tempo raus zu nehmen. Die MitarbeiterInnen des
       Bundesamtes mussten in den vergangenen Jahren eine Asylverschärfung nach
       der anderen im Eiltempo umsetzen. Damit muss jetzt Schluss sein. Das sage
       ich auch ausdrücklich in Richtung Seehofer und seinen
       Anker-Zentrums-Fantasien. Das Bamf braucht mehr und vor allem gut
       geschultes Personal und vertrauenswürdige Dolmetscher. Wir schlagen darüber
       hinaus eine Expertenkommission vor, die jetzt sofort interne Strukturen
       unabhängig prüft. Also: Was passiert in den verschiedenen Dienststellen? Wo
       haben Mitarbeiter zu viele Freiheiten, wo zu wenige? Da könnten Experten,
       etwa Richter, Anwälte, Verwaltungswissenschaftler oder Kirchenvertreter,
       die sich mit der Materie auskennen, hilfreiche Hinweise liefern.
       
       Das Bamf wurde in den vergangenen Jahren wegen der vielen Flüchtlinge eilig
       vergrößert. Besichtigen wir gerade die Folgen dieser Hektik? 
       
       Absolut. Das Bamf wurde von Cordt und ihrem Vorgänger Frank-Jürgen Weise
       auf Quantität getrimmt. Motto: Möglichst viele Verfahren in möglichst
       kurzer Zeit abarbeiten. Die Qualität – etwa gute, ausführliche Schulungen
       für Mitarbeiter – blieb auf der Strecke.
       
       23 May 2018
       
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