# taz.de -- Streit um Nazisymbol in Kirchturm: Hitler-Glocke soll abgehängt werden
       
       > Erst sorgte die bloße Existenz der Nazi-Glocke in Schweringen für Streit,
       > dann wurden mit einem Winkelschleifer Fakten geschaffen. Nun soll sie
       > ganz weg.
       
 (IMG) Bild: Die Schweringer Glocke vor ihrer Behandlung mit der Flex
       
       Schweringen epd | Die umstrittene Nazi-Glocke im Dorf Schweringen bei
       Nienburg wird abgehängt und durch eine neue Glocke ersetzt. Der
       evangelisch-lutherische Kirchenkreisvorstand in Nienburg habe am
       Dienstagabend in einer fünfstündigen Sitzung über das weitere Verfahren mit
       der Glocke beraten und sei nach intensiver Diskussion zu diesem Beschluss
       gekommen, sagte Superintendent Martin Lechler am Mittwoch in Nienburg. „Wir
       hoffen, unsere Entscheidung führt bei einer Mehrheit der Bevölkerung zu
       Verständnis.“ Mitglieder der Kirchengemeinde in Schweringen zeigten sich
       auf Anfrage enttäuscht. Der Sprecher der Landeskirche Johannes Neukirch
       betonte, der Kapellenvorstand habe völlig unabhängig und unbeeinflusst
       dafür votiert, die Entscheidung an den Kirchenkreisvorstand abzugeben.
       
       Der Umgang mit der Glocke hatte in dem 800-Einwohner-Dorf für heftigen
       Streit gesorgt. Gemeindepastor Jann-Axel Hellwege hatte eine Entscheidung
       des Gemeindevorstands angefochten, der die Glocke behalten und [1][weiter
       nutzen wollte]. Die 1934 gegossene und aufgehängte Glocke war im Herbst
       stillgelegt worden. Kurz vor Ostern wurde sie von Unbekannten beschädigt,
       die heimlich das 35 mal 35 Zentimeter große Hakenkreuz und Teile einer
       nationalistischen Inschrift mit einem Winkelschleifer weggeschliffen. Die
       Glocke ist seitdem unbrauchbar. [2][Die Polizei nahm die Ermittlungen auf].
       
       In dem jetzt gefassten Beschluss heißt es: „Der Kirchenkreisvorstand des
       Kirchenkreises Nienburg ist der festen Überzeugung, dass eine Glocke, die
       mit einem Hakenkreuz und einer nationalsozialistischen Inschrift versehen
       ist, grundsätzlich nicht zu Gottesdienst, Andacht und Gebet geläutet werden
       darf.“ Das Gremium beruft sich dabei auf die Barmer Theologische Erklärung
       der Bekennenden Kirche in der NS-Zeit, erläuterte Lechler. Darin gebe es
       eine klare Absage, die kirchliche Botschaft mit weltanschaulichen oder
       politischen Überzeugungen zu vermischen.
       
       Mitglieder der Kirchengemeinde kritisierten das Vorgehen der Landeskirche.
       Die Geschichte sei für die Schweringer noch nicht zu Ende, sagte der
       Vorsitzende des Kapellenvorstands, Andreas Kuhlmann. Er bemängelte, dass
       der Gemeinde zunächst das Recht zugestanden worden sei, selbst zu
       entscheiden. Nachdem die Entscheidung nicht im Sinne der Landeskirche
       ausgefallen sei, habe sie ihr dieses Recht wieder streitig gemacht:
       „Nachdem wir die Entscheidung an den Kirchenkreisvorstand übertragen haben,
       hat es bereits erste Kirchenaustritte gegeben.“
       
       Ähnlich äußerte sich eine Kirchenvorsteherin, die namentlich nicht genannt
       werden wollte. Fast alle Schweringer hätten die Glocke behalten wollen. Sie
       bezweifelte, dass die Glocke tatsächlich [3][so stark beschädigt sei], dass
       sie nicht mehr geläutet werden könne. Auch Pastor Hellwege betonte: „Das
       Zusammenspiel innerhalb der Kirche, wie man Lösungen findet, ist hier
       denkbar schiefgelaufen.“
       
       Superintendent Lechler sagte, für den Guss einer neuen Glocke habe die
       Landeskirche eine Kostenübernahme angeboten. Der Kirchenkreisvorstand sei
       dafür sehr dankbar: „Auch vor dem Hintergrund unserer Überzeugung, dass die
       Aufarbeitung unseres historischen Erbes eine gesamtkirchliche Aufgabe ist.“
       Schätzungsweise ein mittlerer fünfstelliger Betrag müsse für den Guss samt
       Einbau veranschlagt werden. Was langfristig mit der alten Glocke, die als
       Denkmal eingestuft sei, passiere, werde der Kirchenkreisvorstand gemeinsam
       mit dem Kapellenvorstand beraten.
       
       16 May 2018
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Streit-um-Nazi-Symbol-im-Kirchturm/!5484842
 (DIR) [2] /Kolumne-Habibitus/!5493863
 (DIR) [3] /Glockenexperte-ueber-die-Hitlerglocke/!5496382
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Nationalsozialismus
 (DIR) Schwerpunkt Nationalsozialismus
 (DIR) Kirche
 (DIR) Adolf Hitler
 (DIR) NS-Ideologie
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Nach kontroverser Debatte: Essingen entfernt Naziglocke
       
       Der Beschluss wird Realität: Die rheinland-pfälzische Gemeinde Essingen
       ersetzt die „Hitlerglocke“. Andere Orte lassen sie weiter hängen.
       
 (DIR) Glockenexperte über die Hitlerglocke: „Es war kein Schaden zu erkennen“
       
       Wer Hakenkreuze abschleift, kann nicht viel falsch machen, sagt Fachmann
       Andreas Rupp. Trotzdem wäre er mit der Glocke in Schweringen anders
       umgegangen.
       
 (DIR) Streit um Nazi-Symbol im Kirchturm: Hitler-Glocke darf wieder bimmeln
       
       Die Herxheimer Kirchenglocke aus NS-Zeit wird nicht abgehängt. Eine Tafel
       und Vorträge sollen in der Pfalz an die Geschichte erinnern.
       
 (DIR) Streit um die „Hitler-Glocke“: Der Führer in c-Moll
       
       Eine Kirchenglocke mit Hakenkreuz und Hitlerwidmung läutet in Herxheim in
       der Pfalz. Ein Problem? Aber nicht doch!