# taz.de -- Junge Alternative im Bundestag: Nächste Generation AfD
       
       > Mitglieder der JA treten oft radikal auf – und bringen Kontakte zur
       > extremen Rechten mit. Viele von ihnen arbeiten im Bundestag.
       
 (IMG) Bild: Der Nachwuchs ist auch schon im Bundestag
       
       Die thüringische Gemeinde Seebach bei Eisenach ist der Austragungsort des
       nächsten Kongresses der Jungen Alternative, der an diesem Wochenende
       stattfindet. Dem kleinen Ort könnte damit einiges bevorstehen, denn die
       Jugendorganisation der AfD übt sich gern in aggressiven Auftritten.
       Aufnahmen vom vergangenen Bundeskongress im Februar im hessischen Büdingen
       zeigen, wie die AfD-Parteijugend der Gegendemo vor ihrem Tagungsort
       entgegentritt. Minutenlang brüllt ein großer Mob Parolen im Kommandoton.
       „Hier. Regiert. Die. AfD!“, tönt es, oder: „Wer Deutschland nicht liebt,
       soll Deutschland verlassen!“
       
       Tobt sich bei solchen Gelegenheiten bloß eine ungezähmte Parteijugend aus?
       Dagegen spricht, dass Mitglieder der Jungen Alternative (JA) mittlerweile
       wichtige Funktionen für die AfD übernehmen. Jan Nolte, der Vorsitzende der
       Hessischen Jungen Alternative, steht in der Menge in Büdingen und stimmt
       bei „Nieder mit der Antifa!“ in die Parolen ein. Seit Oktober sitzt er auch
       als Abgeordneter für die AfD im Bundestag. Und er ist bei Weitem nicht der
       einzige JAler im Bundestag: Neben den AfD-Abgeordneten, die selbst Mitglied
       in der Jungen Alternative sind, sind nach Recherchen der taz auch
       mindestens 35 Mitglieder der Jungen Alternative in den Abgeordnetenbüros
       der AfD-Fraktion angestellt.
       
       Wer wird hier als Nachwuchs der AfD gefördert? Und welche Verbindungen zu
       anderen Gruppen bringen die JAler in den Bundestag? Die Soziologin Anna
       Lena Herkenhoff arbeitet für das mobile Beratungsteam gegen
       Rechtsextremismus in Münster. Sie hat die Anfangszeit der Jungen
       Alternative und ihre Verbindungen in die Neue Rechte untersucht. Zu der
       Vernetzung der JA sagt sie: „Auffällig ist, dass es viele personelle
       Überschneidungen mit rechten Burschenschaften und der Identitären Bewegung
       gibt.“ Der Blick auf die JA-Mitglieder, die im Bundestag angestellt sind,
       bestätigt dies: Gerade von den Mitgliedern der Parteijugend bringen viele
       Kontakte zu rechten bis rechtsextremen Gruppen mit. Eine Reihe sind
       ebenfalls Mitglied in neurechten oder rechtsextremen Organisationen, andere
       sind lose mit ihnen assoziiert.
       
       Einer, der für die Verschränkungen mit rechten Burschenschaften und der vom
       Verfassungsschutz beobachteten Identitären Bewegung (IB) steht, ist Jörg
       Sobolewski. Er war im Vorstand der Jungen Alternative Berlin, bis längstens
       Ende Mai 2018 stellvertretender Sprecher im Bundesverband sowie bis
       Frühjahr diesen Jahres stellvertretender Vorsitzender der AfD im Bezirk
       Charlottenburg-Wilmersdorf in Berlin. Außerdem ist er Mitglied der Berliner
       Burschenschaft Gothia, was er auf taz-Anfrage bestätigt, und war 2016
       Sprecher der Dachverbands Deutsche Burschenschaften. Beide werden als
       extrem rechts eingeordnet. Jetzt arbeitet Sobolewski für den
       Bundestagsabgeordneten Stephan Protschka aus Bayern.
       
       ## Brennende Regenbogenflagge
       
       Sobolewski war 2013 dabei, als die IB eine Veranstaltung im Rathaus von
       Berlin-Reinickendorf störte, als dort über eine Flüchtlingsunterkunft
       diskutiert wurde. Im Herbst 2016 wurden zudem Fotos öffentlich, die
       augenscheinlich Sobolewski dabei zeigen, wie er im Garten der
       Burschenschaft Gothia eine Regenbogenflagge verbrennt. Ein weiteres Foto
       aus dem vergangenen Jahr zeigt Sobolewski auf einem Fest der Jungen
       Alternative Berlin, ebenfalls im Garten der Gothia, bei dem auch der
       Berliner Identitären-Chef Robert Timm unter den Gästen war.
       
       Fragt man Jörg Sobolewski, wie er sich von der IB abgrenzt, antwortet er
       mit einem knappen Verweis auf „den Beschluss“, an den er sich halte.
       Gemeint ist ein formaler Unvereinbarkeitsbeschluss zur Identitären
       Bewegung, den die Junge Alternative im Juli 2016 gefällt hat. Die
       Soziologin Herkenhoff hält den Unvereinbarkeitsbeschluss jedoch für ein
       Feigenblatt. Zum einen sei klar, dass man sich durch den Beschluss
       abgrenze, weil die IB vom Verfassungsschutz beobachtet werde – aber nicht
       aufgrund inhaltlicher Unvereinbarkeiten. „Die jeweiligen Vorstellungen von
       Politik und Gesellschaft liegen nah beieinander“, sagt sie.
       
       Zum anderen werde der Beschluss trotzdem immer wieder unterlaufen. „Solange
       das keiner mitbekommt, ist das dort kein Skandal“, so Herkenhoff. Dass
       regelmäßig zusammengearbeitet werde, könne man bei Demos am besten
       beobachten. Wenn Überschneidungen aufgedeckt würden, sage die JA auch
       manchmal, dass sie dem nachgehen werde. „Dass aber tatsächlich etwas
       passiert, kommt nur in ganz krassen Fällen vor.“
       
       So ist es wenig überraschend, dass auch zwei Kollegen von Sobolewski
       Sympathien für die Identitären zu haben scheinen: Mit im Büro Stephan
       Protschka arbeiten Vadim Derksen aus Bayern und The-Hao Ha aus Berlin.
       Beide haben 2016 an Demonstrationen der Identitären Bewegung teilgenommen.
       Für die Abgeordneten Frank Pasemann und Andreas Büttner aus Sachsen-Anhalt
       arbeitet Joel Bußmann. Er ist stellvertretender Vorsitzender der JA Berlin.
       2017 nahm er an einer Demonstration der IB teil. Ein Foto zeigt ihn in
       einem T-Shirt des IB-Modelabels Phalanx Europe. Bei der besagten Grillparty
       mit dem Identitären-Chef Robert Timm war er dabei, und wie Sobolewski ist
       er Mitglied der Berliner Burschenschaft Gothia.
       
       Weitere Verbindungen, die JAler in den Bundestag bringen, führen in das
       publizistische Milieu der Neuen Rechten. Dafür steht etwa Carlo Clemens,
       mittlerweile ein Führungskopf der Jungen Alternativen in
       Nordrhein-Westfalen, heute liegt sein Fokus auf Parteipolitik. Bei der
       neurechten Zeitung Blaue Narzisse war Clemens bis 2014 Autor, er schrieb
       für die rechte Wochenzeitung Junge Freiheit und war Praktikant bei der
       rechtskonservativen Preußischen Allgemeinen. Ein weiterer ehemaliger Autor
       der Blauen Narzisse ist bei dem jungen Abgeordneten Jan Nolte beschäftigt.
       Und für die Fraktion arbeitet Philipp Runge, der bis vor einigen Jahren
       Pressesprecher der Jungen Freiheit war, auch er ist Gothia-Bursche.
       
       Diese Mitglieder der Jungen Alternative zeigen die Akzeptanz von extrem
       rechtem Gedankengut in der AfD. Darüber hinaus können sie ihre Anstellung
       im Bundestag nutzen, um ihre Netzwerke zu stärken – „für die persönliche
       Karriere, aber auch im Sinne des größeren politischen Projekts“, so die
       Einschätzung von Herkenhoff.
       
       Dafür steht ihnen im Bundestag eine professionelle Infrastruktur zur
       Verfügung. Der Sozialwissenschaftler und AfD-Experte David Bebnowski vom
       Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam hält das für ein Problem.
       „Man muss bedenken, auf was für Informationen diese Leute auf einmal
       zugreifen können“, sagt Bebnowski. Angestellte mit Verbindungen in
       rechtsextreme Milieus hätten dort eine Ausstattung, „die ihnen zu Hause am
       Rechner mit einer kleinen, rechten Splittergruppe sicher nicht zur
       Verfügung stehen würde“.
       
       Der Nachwuchs in den Mitarbeiterbüros verrät auch etwas über die künftige
       AfD: „Das sind Leute, die die Partei auf Jahre prägen werden“, sagt
       Bebnowski über die jungen Mitarbeiter. Er geht davon aus, dass radikale
       Positionen und Kontakte zu neurechten oder rechtsextremen Organisationen
       dadurch in der Partei noch mehr zum Normalfall werden.
       
       Sehen die Wissenschaftler die Möglichkeit, dass sich heutige JAler, wie
       sonst bei Parteijugenden üblich, im Laufe der Zeit mäßigen werden? Beide
       verneinen. Regierungsverantwortung wolle die Partei nicht übernehmen, sagt
       Bebnowski. Im Gegensatz etwa zur SPD habe die AfD nicht den Anspruch, eine
       staatstragende Partei zu sein. „Als Juso muss man da vielleicht irgendwann
       gucken, wie man sich einordnet“, meint er. „Das sehe ich in der AfD
       überhaupt nicht.“
       
       Aktualisierung, 11. Juni 2018: In einer früheren Version des Textes stand,
       Sobolewski sei derzeit stellvertretender Sprecher des Bundesverbands der
       Jungen Alternative, sowie des Bezirksverbands der AfD
       Charlottenburg-Wilmersdorf. Zum damaligen Stand der Recherche war uns nicht
       bekannt, dass er beide Ämter nicht mehr inne hat. Als stellv. JA-Sprecher
       ist er zurückgetreten. Zum Zeitpunkt gibt es unterschiedliche
       Informationen: Die JA bestätigt Ende Mai als Rücktrittsdatum, Sobolewski
       selbst „vor einigen Wochen“. Beide Seiten geben gesundheitliche Gründe an.
       Im Impressum der Website ist sein Name weiterhin unter den
       Vorstandsmitgliedern aufgeführt. Die Textstellen im Artikel sind
       entsprechend geändert.
       
       1 Jun 2018
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Hannah Bley
 (DIR) Anna Grieben
       
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