# taz.de -- Streit über Schwangerschaftsabbrüche: Bereitschaft zu Kompromiss bei §219a
       
       > Ein alternativer Verfassungsschutzbericht: In Karlsruhe wurde der
       > Grundrechtereport vorgestellt. Zentrales Thema war der Paragraf 219a.
       
 (IMG) Bild: Sieben Wochen alter Fötus in einer Fruchtblase
       
       KARLSRUHE taz | „Frauenärztinnen wie Kristina Hänel dürfen nicht mehr
       bestraft werden.“ Das forderte der Grünen-Politiker Volker Beck in
       Karlsruhe bei der Vorstellung des aktuellen Grundrechtereports. Er nehme
       Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) beim Wort, wenn dieser sage,
       „sachliche Informationen“ über Schwangerschaftsabbrüche sollten erlaubt
       sein.
       
       Bisher dürfen zwar Beratungsstellen informieren, welche ÄrztInnen
       Abtreibungen durchführen, nicht aber die ÄrztInnen selbst. Das sieht
       Paragraf 219a des Strafgesetzbuchs vor. Die Gießener Ärztin Kristina Hänel
       war im November zu einer Geldstrafe von 6.000 Euro verurteilt worden, weil
       sie auf ihrer Webseite informiert hatte, dass sie Schwangerschaftsabbrüche
       durchführt.
       
       Beck machte nun einen „Vorschlag zur Güte“. Die „Werbung“ für
       Schwangerschaftsabbrüche könne verboten bleiben, aber die sachliche
       Information sollte Ärztinnen ausdrücklich erlaubt werden. „Ich verstehe,
       dass Abtreibungen nicht angepriesen werden sollen, als gehe es um eine
       Verhütungsmethode“, sagte Beck in Karlsruhe. Auch wenn das vermutlich
       niemand machen werde, könne man der „blühenden Fantasie“ mancher Politiker
       ja entgegenkommen. Die Bundestagsfraktion der Grünen schlägt bisher eine
       völlige Streichung von Paragraf 219a vor, während die FDP wie Beck für eine
       Beschränkung der Strafbarkeit von „Werbung“ eintritt.
       
       ## Kritik an Asylpolitik
       
       Kristina Hänel, die in Karlsruhe auch anwesend war, begrüßte Becks Vorstoß.
       Sie selbst bevorzuge zwar die Streichung von Paragraf 219a („So eine
       Strafvorschrift gibt es in keinem anderen Land.“), sie sei jedoch keine
       Ideologin oder Fundamentalistin. „Wenn sachliche Informationen künftig
       erlaubt wären, wäre ich glücklich.“ Falls sich der Bundestag aber nicht
       bewege, will sie vor das Bundesverfassungsgericht und den Europäischen
       Gerichtshof ziehen. „Dort habe ich wohl gute Karten“, sagte Hänel.
       
       Der Grundrechtereport ist seit über zwanzig Jahren eine Art „alternativer
       Verfassungsschutzbericht“. Er wird jährlich als Taschenbuch veröffentlicht.
       Herausgeber sind acht Bürger- und Menschenrechtsorganisationen, von der
       Humanistischen Union bis zur Neuen Richtervereinigung. Er wird von
       wechselnden Personen des öffentlichen Lebens vorgestellt.
       
       Volker Beck kritisierte auch die Asylpolitik der Bundesregierung. Nach
       einer vor allem europapolitisch motivierten großzügigen Aufnahme der
       Flüchtlinge, die 2015 durch Europa zogen, habe es seitdem „die massivsten
       Einschnitte“ seit der Grundgesetzänderung 1993 gegeben. Beck sprach sich
       für „schnelle Asylverfahren von hoher Qualität“ aus. Alle Antragsteller
       sollten deshalb einen Anspruch auf kostenlose und unabhängige
       Rechtsberatung erhalten. „Das Beispiel der Schweiz hat gezeigt, dass so
       nicht nur berechtigte Anträge schneller anerkannt werden, sondern auch die
       Verfahren insgesamt beschleunigt werden.“
       
       In den 45 Beiträgen des am Dienstag veröffentlichten Grundrechtereports
       spielt das Asylrecht aber keine so wichtige Rolle mehr wie in den
       vergangenen Jahren. Großen Raum nehmen dagegen Themen der Inneren
       Sicherheit ein. Beck hob dabei den Einsatz von Trojanern zur
       Strafverfolgung und den Berliner Modellversuch zur Gesichtserkennung
       hervor.
       
       Doch der Grundrechtereport konnte auch Positives vermelden: Die Einführung
       der „Ehe für alle“, die Anerkennung eines dritten Geschlechts für
       Intersexuelle und die Rehabilitierung von verurteilten Homosexuellen.
       
       29 May 2018
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Christian Rath
       
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