# taz.de -- Kommentar Seehofer und Bamf-Affäre: Mehr Redlichkeit und Präzision, bitte!
       
       > Dass der Innenminister der Bremer Bamf-Außenstelle vorerst verbietet,
       > Asylanträge zu bearbeiten, ist richtig. Nun muss er für
       > Qualitätskontrolle sorgen.
       
 (IMG) Bild: Geflüchteten Menschen, die ihr Glück in Bremen suchten, ist kein Vorwurf zu machen
       
       Auch wenn es schwerfällt: Horst Seehofer verdient Lob. Dass der
       Bundesinnenminister der Bremer Außenstelle des Bundesamts für Migration
       und Flüchtlinge (Bamf) bis auf Weiteres verbietet, [1][Asylanträge zu
       bearbeiten], ist richtig. Seehofer sendet eine klare Botschaft: Der Staat
       handelt schnell und entschlossen, um Missstände abzustellen. Solche Signale
       sind wichtig, auch wenn sie die tiefer liegenden Ursachen erst mal nicht
       beheben.
       
       Denn das, was in Bremen passierte, zerstört das Vertrauen vieler Menschen
       in den Rechtsstaat. Behörden erfüllen einen öffentlichen Auftrag, sie haben
       sich an das geltende Recht zu halten. Eine Amtsleiterin, die 1.200
       Asylanträge ohne ausreichende Prüfung bewilligt, mag gutherzig oder
       schlicht überfordert sein. Dennoch handelt sie falsch. Solche
       Behördenfehler verstärken das bei diesem heiklen Thema sowieso große
       Misstrauen vieler Menschen. Sie spielen den Rechtspopulisten in die Karten.
       
       Bei der Aufklärung der Affäre ist entscheidend, rational, redlich und genau
       vorzugehen. Ob Seehofer dazu in der Lage ist, muss er erst noch beweisen.
       Den geflüchteten Menschen, die ihr Glück in Bremen suchten, ist kein
       Vorwurf zu machen. Wer würde nicht in einer existenziellen Situation nach
       jedem dünnen Strohhalm greifen? Aber im auf Tempo getrimmten Bamf sind
       viele Reformen notwendig. Entscheidend wäre zum Beispiel, eine vernünftige
       Qualitätskontrolle einzuziehen – die Organisationen wie ProAsyl seit Jahren
       fordern. Nur käme dabei etwas anderes heraus als das, was sich die CSU
       wünscht.
       
       Viele Entscheidungen des Bamf sind ja deshalb mangelhaft, weil sie
       Geflüchtete benachteiligen. Rund 40 Prozent der AsylbewerberInnen, die vor
       Verwaltungsgerichten klagen, bekommen Recht. Hier liegt ein weitaus
       bedeutenderer Skandal als der in Bremen, ohne dass er groß in der
       Öffentlichkeit thematisiert würde. Warum nur?
       
       Auch das Spiel, das FDP und AfD im Moment aufführen, ist unwürdig.
       Angebliche Liberale und Rechtspopulisten gerieren sich Seit’ an Seit’ als
       Aufklärer, indem sie lautstark einen Untersuchungsausschuss fordern. Ihnen
       geht es aber nicht um die Bremer Fehler. Sie wünschen sich eine grell
       ausgeleuchtete Bühne, um einmal mehr gegen Merkels Flüchtlingspolitik im
       Jahr 2015 zu polemisieren. Ein Untersuchungsausschuss aber soll nüchtern
       aufklären, er braucht einen klar zugeschnittenen Auftrag. Auch hier, bei
       der schärfsten Waffe des Parlaments, hilft Präzision. Es ist gut, dass sich
       die Grünen dieser Inszenierung verweigern.
       
       Anders sähe es bei einem Untersuchungsausschuss aus, der sich tatsächlich
       mit der Bremer Bamf-Affäre beschäftigte. Ein solcher wäre angesichts der
       Wucht des Themas bedenkenswert. Aus Angst vor der AfD auf Aufklärung zu
       verzichten, ist auch keine Lösung.
       
       23 May 2018
       
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