# taz.de -- Mega-Solarkraftwerk in Ägypten: Es wird die größte Anlage der Welt
       
       > Ein Solarkraftwerk, das eine so große Menge Strom wie ein AKW erzeugt? In
       > Ägypten könnte diese Vision nun Wirklichkeit werden.
       
 (IMG) Bild: Arbeit im Schatten für die Zukunft der Sonnenenergie in Benban, April 2018
       
       Benban taz | Hungrig strecken sich die 14.000 Solarzellen der Sonne
       entgegen. Scheinbar endlos ziehen sich die Reihen der 200.000 Solar-Module
       durch die karge Wüstenlandschaft und flimmern in der Hitze. Immerhin so
       groß wie 50 Fußballfelder ist die Fläche des neuen Benban-Solar-Kraftwerks
       im südlichen Ägypten, unweit der Stadt Assuan, ein paar Kilometer jenseits
       des westlichen Nilufers.
       
       „1,6 Millionen Tonnen CO2 werden hier eingespart und 20.000 Haushalte
       werden mindestens für 25 Jahre mit Strom versorgt“, schwärmt Anton Milner,
       Geschäftsführer der Berliner Firma ibvogt, die das Projekt entwickelt hat.
       Er steht bei der Einweihung der Anlage Mitte März im Schatten eines der
       Module, die durch die Kooperation des deutsch-ägyptischen Privatsektors
       errichtet worden sind. Die Finanzierung wird mit deutschen Hermeskrediten
       abgesichert. Das Projekt soll am Ende durch einen zeitlich festgesetzten
       garantierten Abnahmepreis finanziert werden.
       
       Doch was bisher zu sehen ist, soll erst der Anfang einer weitreichenden
       Expansion der Anlage sein. Am Ende soll das Sonnenkraftwerk 40 mal so groß
       sein und jährlich 1,86 Gigawatt Strom erzeugen – so viel wie ein großes
       Atomkraftwerk. Aufträge für eine weitere 150 Fußballfelder große Fläche
       sind schon jetzt vergeben. Weitere Bauarbeiten haben bereits begonnen. Der
       Rest soll folgen. Wenn die gesamte Fläche einmal mit Solarmodulen
       vollgebaut ist, soll Benban das größte Solarkraftwerk der Welt sein.
       
       Ägyptens Strombedarf wird heute zu 10 Prozent von erneuerbaren Energien
       abgedeckt. Energieminister Mohamed Shaker erklärt bei der Einweihung des
       Solarkraftwerks die energiepolitische Vision des Nillandes. „Unser Ziel ist
       es, dass bis zum Jahr 2035 etwa 37 Prozent unseres Strombedarfs mittels
       erneuerbarer Energien produziert wird. Aber wir gehen davon aus, dass wir
       das sogar übertreffen werden und auf 45 Prozent kommen“, sagt Shaker
       selbstbewusst.
       
       ## Sonne, Sand und Staub
       
       Ob dieser Plan realistisch ist, steht derzeit noch in den Sternen. Aber die
       Bedingungen für Windenergie am Roten Meer und Sonnenenergie im ganzen Land
       sind optimal. „Wir haben hier ideale Sonnenverhältnisse und mit die
       stärkste Sonneneinstrahlung der Welt für Solarenergie“, schwärmt Milner.
       
       Doch es gibt auch ein Problem, dass es zu bewältigen gilt. In der Wüste
       gibt es nicht nur Sonne, sondern auch Sand und Staub im Überfluss. „Wir
       haben Traktoren mit Reinigungsgeräten und müssen stetig saubermachen“,
       erklärt Milner. „Als wir die Anlage in Betrieb genommen haben, gab es einen
       großen Sandsturm – da konnten wir gleich wieder von vorne anfangen“. Wenn
       nicht regelmäßig gereinigt wird, kann die Anlage schnell 10 bis 15 Prozent
       ihrer Leistungsfähigkeit einbüßen, sagt er.
       
       Alle zwei Wochen kommt der Wassertraktor zur Reinigung an jedem Modul
       vorbei. Die zahllosen rostigen Wassertankwagen, die man auf dem Weg zur
       Anlage auf der Sandpiste vorfindet, zeugen von den Problemen. Aber auch für
       die Reinigung der Solarmodule in der Wüste gibt es Zukunftsvisionen. „Es
       wird daran geforscht, ob man Drohnen mit Ultraschall einsetzen kann“,
       erzählt Milner.
       
       Bleibt die Frage, ob die Zukunft der ägyptischen Solarenergie
       ausschließlich in Großkraftwerken wie Benban liegt – oder auch in kleinen
       Privatanlagen. Milner orakelt, dass es in Ägypten wahrscheinlich am Ende
       eine Mischung aus großen Anlagen für die Grundversorgung und kleinen
       Einheiten in Privathaushalten geben wird. Das sei kein Widerspruch, auch
       wenn es in der ägyptischen Wüste mehr als genug Platz für große Anlagen
       gibt.
       
       ## Stromkorridor für die Nachbarländer
       
       Vor neun Jahren hat sich ein Konsortium internationaler Konzerne zu der
       sogenannten Desertec-Initiative zusammengeschlossen. Die Vision: In
       Nordafrika gigantische Wüstenstrom-Projekte zu initiieren, mit denen auch
       Europa mit Strom versorgt werden kann. Was mit großem Enthusiasmus begann,
       verlief dann aber bald im Sand. Man fand keine zufriedenstellende
       Möglichkeit, kostengünstig und effektiv Leitungen nach Europa zu verlegen.
       Heute arbeitet man an anderen Konzepten. „Eigentlich hat Europa mehr als
       genug natürliche Einstrahlung, um seinen eigenen Strom zu produzieren. Wenn
       man in Nordafrika mit seinem steigenden Energiebedarf baut, dann ist der
       Strom besser dort eingesetzt“, sagt Milner.
       
       Tatsächlich träumt Ägypten davon, mithilfe erneuerbarer Energien auch ein
       Stromkorridor für die Nachbarländer zu werden. Energieminister Shaker
       strebt Kooperationsabkommen mit Jordanien und Saudi-Arabien an. Auch mit
       Zypern sei man im Gespräch. Aber mit einer Bevölkerung von fast 100
       Millionen Menschen – und einem jährlichen Bevölkerungswachstum von fast
       zwei Millionen – dürfte Ägypten zunächst damit beschäftigt sein, den
       eigenen Bedarf zu decken.
       
       Im globalen Maßstab sind die erneuerbaren Energien nicht mehr aufzuhalten,
       ist sich Anton Milner sicher. Noch machten erneuerbare Energien lediglich 1
       bis 2 Prozent der weltweiten Stromproduktion aus. Aber der Energiebedarf
       steige – vor allem in Afrika, im Nahen Osten und in Südostasien. Schon
       heute werde mehr Geld in erneuerbare Energien gesteckt als in herkömmliche
       Energie. Allein im vergangenen Jahr wurden weltweit 240 Milliarden Dollar
       in erneuerbare Energien investiert.
       
       24 May 2018
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Karim El-Gawhary
       
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