# taz.de -- Konflikt im Westjordanland: Ohne Wasser und Strom
       
       > Israelische Soldaten zerstören im Westjordanland Pumpen und Solargeräte
       > palästinensischer Hirten. Diese haben keine Baugenehmigung.
       
 (IMG) Bild: Zerstörte Brunnenpump- und Wasserreinigungsanlage in Merkas südlich von Hebron
       
       Merkas taz | Ein paar tausend Hirten und Beduinen leben unter ärmlichsten
       Verhältnissen in insgesamt 28 nicht anerkannten Minidörfern im südlichen
       Zipfel des Westjordanlandes. Um das Dorf Merkas zu erreichen, braucht man
       einen Geländewagen oder einen Esel für die letzten Kilometer, die über
       Geröll und Schlaglöcher führen.
       
       Die Bauern leben meist in Höhlen. Wer kann, zimmert sich aus Steinen,
       Wellblech und dicken Planen ein zusätzliches Zimmer oder einen Unterschlupf
       für die Tiere.
       
       „Es hat ein Jahr gedauert, bis wir den Ziegenstall fertig hatten.“ Widad
       Ahmad steht ratlos in dem Gehege, dem seit gestern das Dach fehlt. Sie
       sorgt sich um die Tiere, für die es weit und breit keinen Schattenplatz
       mehr gibt.
       
       Der Sommer hat noch nicht angefangen, trotzdem steht am späten Vormittag
       schon die Luft vor Hitze in dem kleinen Wüstendorf.
       
       ## Keine Chance auf Baugenehmigungen
       
       Israels Militärverwaltung nimmt an den „illegalen“ Anbauten der Bauern
       Anstoß. Die Palästinenser verzichten darauf, Baugenehmigungen zu
       beantragen, wohl wissend, dass das ohnehin aussichtslos wäre.
       
       Die Hirten leben in der sogenannten C-Zone, dem Teil des Westjordanlandes,
       der noch komplett unter Israels Verwaltung steht. Jüdische Siedlungen
       werden in der Regel genehmigt, Bauvorhaben der Palästinenser grundsätzlich
       nicht.
       
       In den nicht anerkannten Dörfern weiß keiner, wen es als nächsten trifft.
       Widad Ahmad und ihre Tochter holten noch Teller und Besteck aus der Küche,
       um sie vor den Bulldozern zu retten, als vor lauter Eile der Tochter ein
       Messer auf den Boden fiel.
       
       „Es war eine riesige Aufregung“, berichtet die Mutter. „Zwei
       Grenzpolizistinnen hielten meine Tochter fest und sagten, sie habe sie mit
       dem Messer angreifen wollen.“ Erst nach längerem Hin und Her hätten die
       israelischen Sicherheitskräfte dies 15-Jährige laufen lassen.
       
       Alle paar Wochen verteilt die Armee neue Abrissbefehle, die manchmal
       zeitnah umgesetzt werden, manchmal Jahre in der Schublade liegen. Die
       Hirten setzen sich auf dem Rechtsweg zur Wehr und erreichen mit ihren
       Widersprüchen oft Aufschub.
       
       Rückenwind kommt aus der EU, die Israel kritisiert, den Palästinensern die
       Nutzung von rund der Hälfte des Westjordanlandes zu verweigern.
       
       Bislang ließ die Armee Solaranlagen weitgehend unangetastet. Rund 170.000
       Euro investierte medico international mit Unterstützung des deutschen
       Auswärtigen Amtes in die Stromversorgung der Höhlenbewohner. Auch Holland
       setzt sich für die Dörfer ein und finanzierte Wasserpumpen und elektrische
       Filter.
       
       ## Verlust an moderner Zivilisation
       
       Das Projekt, das als politisches Signal gewertet werden kann, bringt die
       Hirten einen riesigen Schritt der modernen Zivilisation näher. Die
       Solarzellen reichen zur Stromversorgung der Kühlschränke und der
       Buttermaschinen, mit denen die Frauen Ziegenmilch zu Käse verarbeiten sowie
       für Fernseher, Licht und die Wasserpumpen.
       
       Widad Ahmad sorgt sich vor allem um die Milch. „Ohne Kühlschrank wird alles
       verderben“, schimpft sie. Täglich zwei Kilogramm Käse konnte sie mit Hilfe
       der elektrischen Buttermaschine produzieren und im Kühlschrank bis zum
       nächsten Markttag aufbewahren.
       
       Die Familie wird jetzt weniger Einkünfte haben und gleichzeitig höhere
       Ausgaben. Solange die Pumpen ausfallen, müssen die Hirten Wasser kaufen und
       bald wieder auf Generatoren umstellen.
       
       3 May 2018
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Susanne Knaul
       
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