# taz.de -- Frauen in Naturwissenschaften: Der „Scully-Effekt“
       
       > Eine Studie zeigt, dass Dana Scully aus „Akte X“ Mädchen und Frauen
       > ermutigt hat, Naturwissenschaftlerin zu werden. Motto: Was die kann, kann
       > ich auch.
       
 (IMG) Bild: Wissenschaftlich belegt: In ihrer Rolle als Dana Scully hatte Gillian Anderson eine Vorbildfunktion
       
       BERLIN taz | Sie war die Rationale. Sie war die, die im Labor stand und
       Beweise suchte. Sie war ein Nerd. Aber nicht so ein uncooler Nerd mit
       (un-)lustigem Spruch auf dem T-Shirt, sondern einer mit Knarre in der Hand.
       Sie war Dana Scully aus „Akte X“: FBI-Agentin und Medizinerin mit
       Schwerpunkt Forensik.
       
       [1][Gillian Anderson] hat Scully lange gespielt: erst von 1993 bis 2002 und
       dann wieder ab 2016. Scully war der Typ Frau, den es damals, 1993, im
       Fernsehen schlicht nicht gab, sagt Anderson. Und immer wieder hörte die
       Schauspielerin von weiblichen Fans der Serie, dass es Scully gewesen sei,
       die sie dazu inspiriert hätte, selbst Wissenschaftlerin zu werden. Der
       Begriff „Scully-Effekt“ kam auf.
       
       Aber: Hat tatsächlich ein fiktiver Charakter dazu beigetragen, dass mehr
       Frauen und Mädchen sich in den sogenannten MINT-Fächer einschrieben? Sich
       also für Karrieren in Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und
       Technik entschieden?
       
       Lange war der Scully-Effekt nur eine Hypothese, ging es um Einzelfälle, die
       über ihre Bewunderung von Scully zu ihrer Profession kamen. Doch jetzt hat
       das Geena Davis Institute of Gender in Media eine erste Studie vorgelegt,
       [2][die den Scully-Effekt belegen soll]. Zusammen mit dem „Akte X“-Sender
       Fox hat sie im Februar gut 2.000 Frauen, die älter als 25 sind, befragt. Es
       wurde in der Stichprobe ordentlich rumgewichtet, um eine akkurate
       Repräsentanz von Frauen in der US-Gesellschaft zu bekommen, die eben jenes
       Alter überschritten haben, in den Bereichen Naturwissenschaften und Technik
       arbeiten – und „Akte X“ gesehen haben.
       
       ## Medien bilden und verändern Wahrnehmung
       
       Die Ergebnisse zeigen eindeutig, wie wichtig der Charakter Scully für sie
       war: Wer Scully kennt, entscheidet sich eher dafür, im Bereich
       Naturwissenschaft und Technik zu arbeiten. 63 Prozent der Frauen, die in
       diesem Bereich tätig sind, sagen gar, dass Scully ihr Vorbild sei. Genauso
       viele gaben an, dass Scully sie darin bestärkt habe, in einer männlich
       dominierten Arbeitswelt zu bestehen.
       
       Warum das wichtig ist? Weil es zeigt, dass Medien, dass fiktive Charaktere
       Wahrnehmung bilden und verändern. Was Mädchen nicht sehen, können sich
       viele von ihnen auch nicht vorstellen. „If she can see it, she can be it“,
       sagt das Geena Davis Institute. Dana Scully scheint solch eine
       Wahrnehmungserweiterin gewesen zu sein: Was die kann, kann ich auch. Was
       die mag, mag ich auch.
       
       Doch von denen gibt es zu wenige – in den USA wie in Deutschland, wo die
       Uni Rostock 2017 eine von der Schauspielerin Maria Furtwängler initiierte
       Studie zu [3][„Geschlechterdarstellungen in Film und Fernsehen“] vorlegte.
       Die Ergebnisse: Frauen sind unterrepräsentiert (im Fernsehen kommen zwei
       Männer auf eine Frau). Je älter Frauen werden, [4][desto weniger kommen sie
       vor] (bei Männern ist diese Altersdiskriminierung nicht zu erkennen). Die
       überwältigende Mehrheit der ModeratorInnen und ExpertInnen ist männlich. Im
       Kinderfernsehen ist es gar noch ungleicher: Dort kommen auf einen
       weiblichen Charakter drei männliche. Und selbst fiktionale Tiercharaktere
       sind zu 87 Prozent männlich. Tiercharaktere!
       
       Scully repräsentiert also all das, was fehlt: Sie ist Expertin, sie ist
       eine handelnde Frau, die nicht nur durch ihre Beziehung zu einem Mann
       definiert wird – und sie wurde auch 2015, als die Dreharbeiten zu den neuen
       „Akte X“-Folgen begannen, wieder mit Gillian Anderson besetzt. Die war
       damals knapp 47 Jahre alt. Ein Alter, in dem im deutschen Film und
       Fernsehen kaum noch Platz ist für Frauen. Der Scully-Effekt hat also noch
       jede Menge Raum, in den hinein er wirken kann.
       
       26 Apr 2018
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Berlinale-Staralbum-Gillian-Anderson/!5380242
 (DIR) [2] https://geenadavisinstitute.org/wp-content/uploads/2024/01/x-files-scully-effect-report-geena-davis-institute.pdf
 (DIR) [3] https://malisastiftung.org/studie-audiovisuelle-diversitaet/
 (DIR) [4] /Alter-und-Gender-im-Film/!5297731
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jürn Kruse
       
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