# taz.de -- Gefängnis bei GEZ-Beitragsverweigerung: Rundfunkanstalten in der Klemme
       
       > Weil er keinen Rundfunkbeitrag zahlt, liegt gegen einen Lübecker ein
       > Haftbefehl vor. Dabei hält die ARD Erzwingungsknast für
       > unverhältnismäßig.
       
 (IMG) Bild: Zahlungsverweigerer hinter Gittern? Bedeutet meist schlechte Presse für die Öffentlich-Rechtlichen
       
       BERLIN taz | „Sehr geehrter Herr Möschl, in oben genannter Sache bin ich im
       Besitz eines Haftbefehls, der gegen S i e ausgestellt ist!“ So steht es
       bedrohlich auf rotem Papier. Am Mittwoch, den 9.5.2018, soll Andreas Möschl
       beim Obergerichtsvollzieher von Lübeck erscheinen und Auskunft über sein
       Vermögen geben. Möschl wird das aber nicht tun, sagt er, und das bedeutet,
       dass der Gerichtsvollzieher mit dem Haftbefehl und der Polizei zu Möschl
       kommen kann, um ihn mit ins Gefängnis zu nehmen.
       
       Wegen 350,35 Euro. So viel schuldet Möschl dem Beitragsservice, der Stelle,
       die für ARD, ZDF und Deutschlandradio die [1][Rundfunkgebühr] einzieht.
       Möschl zahlt sie seit 2015 nicht mehr. Er besitzt keinen Fernseher, hört
       kein Radio. „Ich sehe nicht ein, warum ich für etwas, das ich nicht nutze,
       zahlen soll“, sagt er. Eigentlich sollte es Fälle wie Möschl gar nicht mehr
       geben.
       
       Nachdem Anfang 2016 die Thüringerin Sieglinde Baumert 61 Tage in Haft war,
       weil sie keine Beiträge gezahlt hatte, hatte die damalige ARD-Vorsitzende,
       Karola Wille, gesagt, dass Beitragsverweigerer künftig nicht mehr in Haft
       kommen. Zwangsmaßnahmen im Vollstreckungsverfahren müssten angemessen sein.
       Nur: Ob die Haft vollstreckt wird, entscheidet nicht die
       Landesrundfunkanstalt, das bestimmen die Behörden des jeweiligen
       Bundeslands. Die Landesrundfunkanstalten können höchstens entscheiden, ob
       ein Haftbefehl verhältnismäßig ist – vorausgesetzt, sie wissen, dass einer
       ausgestellt wurde.
       
       Zuständig ist in Möschls Fall der NDR. Der verweist auf den
       Beitragsservice, wie auch die Sprecher der ARD. Der Sprecher des
       Beitragsservices teilt auf taz-Anfrage schriftlich mit: „Die
       Grundeinstellung der ARD gilt nach wie vor: Eine Erzwingungshaft im
       Zusammenhang mit dem Rundfunkbeitrag ist in den Augen der Rundfunkanstalten
       in der Regel nicht verhältnismäßig. Grundsätzlich gilt: Weder ARD noch ZDF,
       Deutschlandradio oder der Beitragsservice lassen Menschen wegen [2][nicht
       gezahlter Rundfunkbeiträge] verhaften.“ Zum konkreten Fall Möschl könne man
       aus datenschutzrechtlichen Gründen nichts sagen.
       
       ## Gerechtes Beitragssystem?
       
       Andreas Möschl ist 40 Jahre alt und betreibt in Lübeck eine kleine
       Zimmerei. Als der Rundfunkbeitrag noch GEZ hieß und pro Gerät erhoben
       wurde, zahlte Möschl knapp 50 Euro im Jahr für sein Auto. Als die GEZ auf
       eine Haushaltsabgabe umgestellt wurde, sollte Möschl 210 Euro für seinen
       Haushalt plus gut 80 Euro für sein Auto zahlen. Das fand er zu viel und
       zahlte nicht mehr.
       
       Im Juli 2016 pfändet die Stadt Möschls Geschäftskonto. 300,29 Euro standen
       damals aus, die Stadt zog sie ein und war vorerst bedient. Möschl zahlt
       trotzdem nicht weiter. Im März 2017 sollte sein Konto wieder gepfändet
       werden, doch Möschl hatte es vorher geleert. Die Vollstreckungsbehörde hat
       ihn immer wieder aufgefordert, Auskunft über sein Vermögen zu geben. Dann,
       vor drei Tagen, kam der Haftbefehl.
       
       Solche Geschichten sind unangenehm, auch für ARD, ZDF und Deutschlandradio
       selbst. Während der Haft von Sieglinde Baumert bekamen sie wochenlang
       schlechte Presse. Als 2016 eine alleinerziehende Brandenburgerin in
       Erzwingungshaft sollte, ebenfalls. Doch die Rundfunkanstalten stecken in
       der Klemme: Die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der
       Rundfunkanstalten, das Gremium, das den Rundfunkbeitrag berechnet, übt
       Druck auf die Landesrundfunkanstalten wie den NDR aus, das säumige Geld
       einzutreiben. Auch damit das Beitragssystem gerecht bleibt. Würde publik,
       dass Schuldner davonkommen, dürften immer weniger Menschen zahlen. Und je
       weniger zahlen, desto teurer wird der Beitrag.
       
       9 May 2018
       
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