# taz.de -- Berliner Regenwasseragentur: Mit Moos wird man den Regen los
       
       > Damit weniger Dreck in die Gewässer schwappt, soll mehr Regen etwa durch
       > Gründächer aufgefangen werden. Dafür gibt es jetzt eine eigene Agentur.
       
 (IMG) Bild: Schön pelzig – und gleichzeitig ein winzig kleiner Regenwasserspeicher
       
       Auf „Drei!“ ziehen Umweltsenatorin Regine Günther und Jörg Simon, Chef der
       Berliner Wasserbetriebe (BWB), an einem silbernen Tuch an einer Hauswand in
       der Neuen Jüdenstraße. Im Fallen gibt es den Blick frei auf ein
       Behördenschild, das seinesgleichen sucht: „Berliner Regenwasser Agentur“
       steht da in grünen Großbuchstaben auf Weiß, und wer sich nähert, erkennt,
       dass die reliefartigen Lettern aus lebendem Material gefertigt sind: Moos.
       „Ist echt“, sagt ein Mann im Overall, „ich hab's selbst da reingefriemelt.“
       
       Es handelt sich quasi um eine mikroskopische Ausgabe der murs végétaux, der
       aufwändig begrünten Hauswände des Franzosen Patrick Blanc, die
       [1][(übrigens auch in Berlin)] zeigen, dass Gärtnern auch in der Vertikalen
       funktioniert. Womit man beinahe schon beim Thema der Agentur mit dem
       sonderbaren Namen wäre. Denn die soll unter anderem bei der Bepflanzung von
       Häusern beraten, auch wenn da die Waagerechte, sprich: das Flachdach
       Standard sein dürfte.
       
       Ziel der in die BWB eingebundenen Agentur, die von der Ingenieurin Darla
       Nickel geleitet wird und vom Senat in den kommenden zwei Jahren je 600.000
       Euro erhält, ist die Verringerung der Menge an Regenwasser, das in den
       Gulli fließt – vor allem im Innenstadtbereich mit seiner historischen
       Mischwasserkanalisation.
       
       Das Problem dort ist den meisten BerlinerInnen geläufig: Sommerliche
       „Starkregenereignisse“ überfrachten die unterirdischen Kanäle, wo
       Niederschlagswasser sich mit Abwasser mischt. In der Folge ergießt sich
       eine fiese Brühe in Spree und Landwehrkanal.
       
       ## Berlin soll ein Schwamm werden
       
       Wenn nun ganz viele Gebäude begrünt werden, so die Rechnung von
       Umweltverwaltung und BWB, entstehen Zwischenspeicher, aus denen das Wasser
       entweder langsam in Richtung Boden abfließen kann oder aber wieder
       verdunstet – was dem lokalen Klima gerade in wärmer werdenden Zeiten gut
       tut. Regine Günther bringt es auf den Punkt: „Wir wollen große Stadtflächen
       in einen Schwamm verwandeln.“ Dem zugrunde liegt ein Beschluss des
       Abgeordnetenhauses, dass jedes Jahr 1 Prozent weniger Regenwasser in der
       Kanalisation landen soll.
       
       Da ist es mit ein paar Dächern nicht getan, weshalb Agenturleiterin Nickel
       in den kommenden Monaten viele Gespräche mit städtischen Akteuren führen
       und Überzeugungsarbeit leisten will. Auch jede entsiegelte Fläche am Boden
       trägt dazu bei, die Regenwasserlast zu verringern. Als gutes Beispiel gilt
       die Bebauung an der Rummelsburger Bucht: Dort wurden schon vor 20 Jahren im
       Rahmen eines „Expo“-Projekts viele sickerfähige Flächen auf Gebäuden und
       drumherum geschaffen, eine Regenwasserkanalisation ist hier überflüssig.
       
       Etwas knapp fällt die Antwort des BWB-Chefs auf eine recht naheliegende
       Frage aus: Wenn man Dächer massenhaft begrünt, wo sollen dann die
       Solarpanels stehen, die die Berliner Stadtwerke – ebenfalls Teil der BWB –
       auf den Dächern Berlins installieren will? „Das kann man heute durchaus
       kombinieren“, so Simon. Was zu beweisen wäre.
       
       4 May 2018
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.verticalgardenpatrickblanc.com/realisations/europe/berlin
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Claudius Prößer
       
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