# taz.de -- Kommentar Antisemitische Übergriffe: Sehen, was Sache ist
       
       > Ja, es gibt Antisemitismus, der von Migranten ausgeht. Wir müssen darauf
       > endlich reagieren. Und alle stärken, die dem Hass entgegenstehen.
       
 (IMG) Bild: Klassische Symbolpolitik: Außenminister Maas pflanzt einen Baum in Israel
       
       Um ein Problem bekämpfen zu können, muss man es zunächst einmal als Problem
       identifizieren. Lange genug haben Linke und Liberale die Augen davor
       verschlossen, dass die nach Deutschland eingewanderten Flüchtlinge nicht
       nur eine Bereicherung für die Gesellschaft in Deutschland darstellen,
       sondern dass diese eben bisweilen auch Ressentiments in ihre neue Heimat
       mitbringen, [1][die nicht zu tolerieren sind].
       
       Die Abwehrhaltung gegenüber einer Diskussion über dieses Thema ist zwar
       verständlich, weil niemand gerne Wasser auf die Mühlen der Rechten gießen
       will, aber doch falsch. Denn damit bestätigen wir nicht nur diejenigen, die
       behaupten, die Zivilgesellschaft verkenne das angebliche „Problem“ der
       Migration. Mit dieser Haltung lassen wir auch noch diejenigen im kalten
       Regen stehen, die immer häufiger zum Ziel der Attacken werden: Juden.
       
       Gern wird darauf verwiesen, dass der Antisemitismus laut Behördenzahlen in
       nahezu allen Fällen von Rechtsradikalen ausgeht. Dabei wird übersehen, dass
       diese Statistik alle nicht aufgeklärten antisemitischen Vorfälle
       automatisch Neonazis zuordnet. Ja, es gibt einen nicht zu unterschätzenden
       Antisemitismus, der von Migranten ausgeht. Dies auszusprechen heißt nicht,
       den Judenhass der Deutschen klein reden zu wollen. Und ob dieser
       migrantische Antisemitismus zugleich ein islamistischer ist, ist noch lange
       nicht geklärt – schließlich überbieten sich manche Angehörige christlicher
       Minderheiten im Nahen Osten mit ihrem Juden- und Israel-Hass gegenüber
       Teilen der muslimischen Mehrheit.
       
       Nicht nur konservative Politiker, sondern auch manche deutsche Juden
       fordern, diese Antisemiten müssten mit besonderem Nachdruck verfolgt werden
       – und zwar mit ihrer Ausweisung aus Deutschland. Es kursiert auch die
       Vorstellung, die Bundesrepublik möge antisemitischen Doppelstaatlern die
       deutsche Staatsangehörigkeit entziehen. Bei Neonazis zieht so eine Methode
       bekanntlich nicht – Deutsche kann man nicht aus dem Land schaffen. Und auch
       im Fall von Migranten ist es, bei aller berechtigten Empörung, keine
       rechtsstaatliche Lösung.
       
       Für antisemitische Äußerungen und Taten steht ein gut ausgebautes
       Strafrecht zur Verfügung. Es spricht nichts dagegen, dass Richter im einem
       Fall, der die Grundregeln des Zusammenlebens in Deutschland berührt, auch
       einmal den Strafrahmen ausschöpfen. Antisemiten mit ihrer Ausweisung zu
       begegnen, das öffnet dagegen die Tore zu einer Gesinnungsjustiz. Und dies
       widerspräche ebenfalls grundsätzlichen Regeln unseren Zusammenlebens.
       
       Eins sollte an dieser Stelle noch erwähnt werden: In der Bundesrepublik
       gibt es Lehrerinnen und Lehrer, die aktiv antisemitische Sprüche ihrer
       Schüler zur Sprache bringen. Es gibt Pädagogen und Historiker, die sich
       durchaus erfolgreich darum bemühen, den Flüchtlingen deutsche,
       deutsch-jüdische und Israels Geschichte zu erklären. Gedenkstätten haben
       erste positive Erfahrungen damit gemacht, wie sie den neuen Einwanderern
       dieses Land und seine Grundlagen erklären. Es kommt darauf an, alle zu
       stärken, die tagtäglich darum kämpfen, etwas in den Köpfen zu verändern.
       
       Antisemitismus, so heißt es, ist nicht auszurotten. Aber das bedeutet noch
       lange nicht, den Judenhass auch bei Migranten als unabänderlich
       hinzunehmen. Dazu braucht es nicht nur engagierte Menschen, sondern auch
       einiges an Geld. Bundestag – übernehmen Sie!
       
       19 Apr 2018
       
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 (DIR) Klaus Hillenbrand
       
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