# taz.de -- Ehemaliger brasilianischer Präsident: Lula spielt auf Zeit
       
       > Luiz Inácio Lula da Silva verschanzt sich derzeit in einem
       > Gewerkschaftshaus, um seiner Festnahme zu entgehen. Seine Anwälte haben
       > abermals Rechtsmittel eingelegt.
       
 (IMG) Bild: War auch schon mal optimistischer: Luiz Inacio Lula da Silva
       
       São Bernardo do Campo afp | Brasiliens Ex-Präsident Luiz Inácio Lula da
       Silva stemmt sich weiter gegen seine Inhaftierung. Der 72-Jährige ließ am
       Freitag eine Frist zum Haftantritt verstreichen und verschanzte sich mit
       Anhängern im Gewerkschaftshaus in São Bernardo do Campo. Seine Anwälte
       legten am Freitag weitere Rechtsmittel ein. Gleichzeitig verhandelten sie
       nach Angaben von Lulas Parteifreunden mit der Polizei über die Bedingungen
       einer Festnahme.
       
       Der zu zwölf Jahren Haft verurteilte frühere Staatschef hatte Freitagabend
       eine gerichtlich gesetzte Frist verstreichen lassen, sich freiwillig der
       Polizei in Curitiba zu stellen. Lula zog sich stattdessen mit Anhängern in
       das Gewerkschaftshaus in São Bernardo do Campo zurück. Vor dem Gebäude
       versammelten sich hunderte Anhänger Lulas, um ihn vor einer Festnahme zu
       schützen.
       
       Lula verbrachte die Nacht im Gewerkschaftshaus. Die Anwälte des
       Ex-Präsidenten schöpften zudem die letzte Berufungsmöglichkeit gegen den
       Haftbefehl aus und riefen das Oberste Bundesgericht an, um eine
       Inhaftierung doch noch abzuwenden.
       
       Gleichzeitig führten sie aber Gespräche mit der Polizei, um eine Eskalation
       zu verhindern, wie der Abgeordnete Carlos Zarattini der Nachrichtenagentur
       AFP sagte. Ob und wann sich Lula den Behörden stellt, blieb aber unklar.
       
       Für Samstag ist in dem Gewerkschaftsgebäude in São Bernardo do Campo ein
       Gedenkgottesdienst für Lulas verstorbene Frau Marisa Leticia geplant, die
       an diesem Tag 68 Jahre alt geworden wäre. Brasilianischen Medien zufolge
       erwägt Lula, sich nach der Messe der Polizei zu stellen. In anderen
       Berichten hieß es, er wolle weiter auf Zeit spielen und sich das ganze
       Wochenende in dem Gewerkschaftshaus verschanzen.
       
       ## Nicht als „Flüchtiger“ betrachtet
       
       Die brasilianische Justiz war offensichtlich darum bemüht, den Konflikt
       nicht weiter zu anzuheizen. Lula werde nicht als „Flüchtiger“ betrachtet,
       sagte am Freitag eine Sprecherin des Bundesgerichts in Curitiba. Er habe
       sich der Justiz nicht widersetzt, er habe lediglich die Chance verstreichen
       lassen, sich freiwillig zu stellen. „Aber jeder weiß, wo er sich aufhält,
       er versteckt sich nicht und ist kein Flüchtiger“, betonte die
       Gerichtssprecherin.
       
       Lula war im vergangenen Jahr wegen Verwicklung in einen weitverzweigten
       Korruptionsskandal und Geldwäsche verurteilt worden. Demnach ließ sich er
       sich während seiner Präsidentschaft von der größten brasilianischen
       Baufirma OAS eine Luxuswohnung in der Küstenstadt Guarujá im Bundesstaat
       São Paulo schenken sowie eine große Geldsumme in bar. Der Baukonzern soll
       im Gegenzug bei Verträgen mit dem staatlich kontrollierten Ölkonzern
       Petrobras begünstigt worden sein.
       
       Lula, der Brasilien von 2003 bis 2010 regierte, weist die gegen ihn
       erhobenen Vorwürfe zurück und wertet das Verfahren als Versuch, seine
       diesjährige Präsidentschaftskandidatur zu verhindern. Er galt bislang als
       aussichtsreichster Kandidat für den Urnengang im Oktober.
       
       Die Petrobras-Affäre erschüttert die brasilianische Politik seit Jahren.
       Zahlreiche Geschäftsleute und Politiker verschiedener Parteien sind darin
       verwickelt. Petrobras soll zu überteuerten Bedingungen Aufträge an
       Baukonzerne und andere Firmen vergeben haben. Diese zahlten wiederum
       Bestechungsgelder an Politiker und Parteien.
       
       7 Apr 2018
       
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