# taz.de -- Dokumentarfilm „Following Habeck“: Der rennende Politiker
       
       > Der Low-Budget-Film „Following Habeck“ zeigt das Leben des
       > Grünen-Politikers Robert Habeck in ebenso unmittelbaren wie unbeholfenen
       > Bildern.
       
 (IMG) Bild: Fällt nie aus der Rolle: Robert Habeck auf Achse
       
       BREMEN taz | In einer Sequenz, ganz am Anfang des Films, sieht man Robert
       Habeck eilig durch die Straßen von Berlin gehen. Vor allem aber hört man
       ihn keuchen. Davor hat er seinem Begleiter Malte Blockhaus noch trotz des
       hohen Schritttempos kurz die Lage der Grünen erklärt, doch jetzt ist er aus
       der Puste. So lernen wir ihn in „Following Habeck“ kennen und bekommen
       gleich einen guten Eindruck davon, was es für den Filmemacher Blockhaus
       bedeutete, Habeck zu folgen.
       
       Zweieinhalb Jahre lang hat er dies gemacht: ein- oder zweimal im Monat hat
       er den Politiker jeweils einen Tag lang mit der Kamera begleitet: nur er –
       ohne ein Filmteam. Ton und Kamera hat er ganz alleine bedient, und da
       wackelt das Bild dann auch manchmal, aber dafür ist man immer nah dran.
       
       Habeck spricht ihn auch direkt an: „Was brauchst Du, Malte?“ Distanz kann
       man von einem Filmemacher bei solchen Produktionsbedingungen nicht
       erwarten.
       
       Auf einer Ebene wirkt „Following Habeck“ dann auch wie eine große
       Selbstinszenierung des Politikers, denn er liebt offensichtlich die Kamera
       und fällt nie aus der Rolle. Aber das weiß Blockhaus, und er sagt selber
       von seinem Film, dass er „Mäuschen spielen“ wollte und gar nicht den
       Anspruch hatte, entlarvende Momente aus dem privaten Leben von Habeck zu
       finden, oder gar zu zeigen, wie Politik funktioniert.
       
       Ein paar Drehtage lang war er im Landtag von Schleswig-Holstein und hat
       Habeck bei der Arbeit als Minister für die Umwelt gefilmt. Aber das war,
       wie er sagt, so langweilig, dass er nichts davon für seinen Film verwendet
       hat. Stattdessen zeigt er Habeck im Grunde ständig im Wahlkampf, denn den
       dramaturgischen Bogen des Films bildet die Kampagne von Habeck für die
       Position des grünen Spitzenkandidaten bei der Bundestagswahl 2017.
       
       Dafür fuhr er unermüdlich durch das Land, hielt Reden, gab Interviews,
       plauderte charmant mit Wählern auf einem Biomarkt, und die Kamera zeigt,
       dass ihm dabei das Kunststück gelingt, zugleich das zu tun, was von ihm
       erwartet wird und authentisch zu wirken.
       
       Denn es macht ihm sichtlich Spaß: Wenn er in einen vollen Saal kommt, um
       eine Rede zu halten, ist dies für ihn wie „ein Einlauf in ein
       Fußballstadion“. Und selbst wenn er von wütenden Landwirten vor seinem
       Ministerium in Kiel beschimpft wird, scheint dies seine gute Laune nicht zu
       verderben.
       
       „Er erklärt unheimlich gerne“ sagt Blockhaus und nutzt das für ein paar
       schöne Pointen: Etwa, wenn Habeck zuerst doziert, dass man sich als
       Politiker nie beim Abwärtsfahren in einem Fahrstuhl filmen lassen dürfe,
       weil dies symbolisch für den Abstieg gesehen werden könnte, er es dann aber
       gleich danach selber tut und dann darüber lacht.
       
       Malte Blockhaus, der in Kiel Geografie studierte, lernte Habeck kennen, als
       er ihn bat, ihn für seine Diplomarbeit zum Thema Wattenmeer einen Tag lang
       mit der Kamera begleiten zu dürfen. „Following Habeck“ ist sein erster
       Langfilm. Blockhaus hat ihn mit einem extrem kleinen Budget von knapp
       20.000 Euro produziert, denn ursprünglich wollte er nur einen Sommer lang
       drehen. In diesem Rahmen wurde der Film dann auch gefördert.
       
       Wenn er geahnt hätte, welche Dimensionen das Projekt mit schließlich 40
       Drehtagen annehmen würde, hätte Blockhaus anders geplant um „mehr Mittel an
       Land zu ziehen“, wie er sagt. Und er hätte sich wohl auch darum bemüht,
       einen Fernsehsender für den Film zu interessieren. Er glaubt, dass er jetzt
       „zu radikal und ruckelig“ geworden ist, um gesendet zu werden. „Der Stil
       passt zum Budget“, findet er.
       
       Tatsächlich kümmert sich Blockhaus nicht um atmosphärisch reiche oder
       raffiniert komponierte Aufnahmen. Aber die Unmittelbarkeit seiner Bilder
       macht diesen Mangel an ästhetischer Finesse wieder wett, und in einer
       Sequenz ist es gerade seine Unbeholfenheit als Kameramann, die einen
       schönen Effekt ermöglicht:
       
       Sein Film vermeidet peinlichst Bilder aus Habecks Privatleben, doch einmal
       sieht man ihn bei einer Veranstaltung zusammen mit seiner Frau, der
       Schriftstellerin Andrea Paluch, die aus einem ihrer Bücher vorliest. Dabei
       ist die gesamte Aufnahme lang ihr Kopf abgeschnitten, sodass man nur ihren
       Torso sieht und Habeck, wie er gekonnt die Rolle des amüsierten Zuhörers
       spielt. So folgt Blockhaus konsequent seinen eigenen Regeln, kann sie aber
       zugleich ein wenig biegen.
       
       Habeck ist nicht Spitzenkandidat der Grünen geworden, aber wer weiß noch,
       dass er gerade 75 Stimmen weniger als Cem Özdemir hatte? Blockhaus lässt
       seinen Film nicht mit der Niederlage enden, bei der Habeck übrigens genau
       weiß, wie viel Enttäuschung er zeigen kann, ohne schwach zu wirken.
       
       Bei der Wahl in Schleswig-Holstein im Mai 2017 gehörten die Grünen wieder
       zu den Gewinnern und der Film endet mit Habeck, der in der
       Jamaika-Koalition wieder Minister ist, sein Dienstzimmer neu einrichtet und
       sich in den Urlaub verabschiedet. Für Blockhaus ist solch ein Ende, bei dem
       „Niederlage und Sieg ganz nah beieinander liegen“ genau passend.
       
       12 Apr 2018
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Wilfried Hippen
       
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