# taz.de -- Streit um christliche Kirchen in Israel: Die Regierung lenkt ein
       
       > Israels Regierung wollte kirchliche Einrichtungen besteuern und
       > Gebäudeverkäufe erschweren. Nach Protest ist der Plan vorerst gestoppt.
       
 (IMG) Bild: Wieder offen: Die Grabeskirche in Jerusalem war mehrere Tage aus Protest geschlossen
       
       Jerusalem taz | Im Streit zwischen Israel und den Kirchen zeichnet sich
       eine zumindest vorübergehende Lösung ab. Israels Regierungschef Benjamin
       Netanjahu pfiff Jerusalems Bürgermeister Nir Barkat zurück, der angekündigt
       hatte, kirchliche Einrichtungen zur Zahlung städtischer Abgaben zu
       verpflichten. Die geplante Besteuerung liegt vorerst auf Eis, ebenso wie
       ein Gesetzentwurf, der den Verkauf kirchlicher Immobilien erschwert hätte.
       Aus Protest gegen beide Maßnahmen war die Grabeskirche seit vergangenem
       Sonntag geschlossen geblieben.
       
       Die griechisch-orthodoxe Kirche, die Armenier und die Katholiken in
       Jerusalem, die gemeinsam für die Grabeskirche zuständig sind, willigten am
       Mittwoch infolge von Netanjahus Einschreiten in eine erneute Öffnung des
       Gotteshauses ein. Eine Regierungskommission ist nun beauftragt, beide
       Angelegenheiten zu prüfen und in Absprache mit allen Beteiligten
       Lösungsvorschläge vorzulegen.
       
       Nach Ansicht der Stadtverwaltung von Jerusalem, die schon im vergangenen
       Jahr Zahlungsaufforderungen verschickte, sind allein die drei großen
       Kirchen bereits umgerechnet einige zig Millionen Euro an Abgaben schuldig.
       Es ginge explizit nicht um die Besteuerung der Kirchen, betonte der
       Bürgermeister, sondern lediglich um kirchliche Einrichtungen wie
       Pilgerhospize und Gaststätten. Die Regelung, die Kirchen samt
       angeschlossenen Einrichtungen nicht zu besteuern, stammt aus der Zeit des
       Osmanischen Reiches und wurde von den Briten in der darauf folgenden
       Mandatszeit fortgesetzt, wie auch von Jordanien und Israel.
       
       Der Protest der Kirchen richtete sich außerdem gegen eine
       Gesetzesinitiative der Abgeordneten Rachel Asaria von der Mittepartei
       Kulanu (Wir alle). Die Reform würde eine rückwirkende Enteignung
       veräußerter Kirchenimmobilien ermöglichen. Hintergrund ist der Verkauf
       mehrerer größerer Immobilien, allen voran der Grundstücksverkauf im
       Jerusalemer Nobelviertel Rechavia, der Anwohner verunsicherte. Rund 1.300
       Wohnungen stehen auf dem Land, das der Jüdische Nationalfonds von den
       Kirchen für 99 Jahre gepachtet hatte. Das erklärte Ziel Asarias war es, die
       Bewohner der fraglichen Häuser langfristig „vor der Obdachlosigkeit“ zu
       bewahren.
       
       ## Netanjahus „konstruktive Intervention“
       
       Die neuen Grundstückseigentümer könnten den betroffenen Familien
       andernfalls Beträge von umgerechnet 40- bis 120.000 Euro abfordern. Nach
       Auskunft des Jerusalemer Stadtratsmitglieds Itai Gutler, der für Asaria den
       Gesetzentwurf ausarbeitete, ist die Sorge indes „derzeit rein spekulativ“.
       Es gebe noch „keinerlei Forderungen der neuen Grundstückseigentümer“. Die
       von Netanjahu beauftragte Kommission wird mit den neuen Eigentümern eine
       Regelung finden müssen, wie nach Ablauf der Erbpacht zu verfahren ist.
       Gutler räumte ein, man habe mit dem Gesetzesentwurf „hoch gezielt“, um am
       Ende „leichter eine Einigung mit den neuen Eigentümern zu erreichen“.
       
       In einer gemeinsamen Erklärung begrüßten die Kirchen die „konstruktive
       Intervention des Ministerpräsidenten“ und erklärten sich bereit zur
       Zusammenarbeit mit der Regierungskommission, um „sicherzustellen, dass
       unsere Heilige Stadt, in der unsere christliche Präsenz mit dauerhaften
       Herausforderungen konfrontiert ist, ein Ort bleibt, an dem alle drei
       monotheistischen Konfessionen zusammenleben“ können. Nichtsdestotrotz
       bleibt ein bitterer Nachgeschmack nach dem israelischen Doppelangriff auf
       die Kirchen.
       
       Dass Bürgermeister Barkat auf den Einnahmen beharrt, führten
       Kirchenanhänger auf die Flaute in der städtischen Haushaltskasse zurück.
       „Die Stadt braucht Geld, also besteuert sie kurzerhand die Kirchen“,
       kommentierte Franziskanerpater Andreas Fritsch vom Christlichen
       Informationszentrum der Franziskaner, der sich selbst „überrascht“ zeigte
       von der konzertierten Aktion der drei großen Kirchen, die „sonst nicht so
       leicht unter einen Hut zu bringen sind“.
       
       Auch die lutherische Erlöserkirche hielt ihre Tore am Wochenende aus
       Solidarität zu der nur wenige Schritte entfernten Grabeskirche geschlossen.
       „Wir gehören nicht zu den vom Osmanischen Reich anerkannten Kirchen und
       zahlen bereits städtische Gebühren für das Gästehaus“, erklärte Propst
       Wolfgang Schmidt, Pfarrer der Erlöserkirche, Damit seien die Lutheraner
       „zunächst nicht unmittelbar betroffen“.
       
       1 Mar 2018
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Susanne Knaul
       
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