# taz.de -- Neue Chefin der Sinn-Féin-Partei in Irland: Mary Lou McDonald will regieren
       
       > Die 48-jährige Politikerin ist an die Spitze der Sinn Féin Partei gewählt
       > worden. Mit ihr kommt eine neue Generation in Irland ans Ruder.
       
 (IMG) Bild: Irische Frauenpower: Die neue Spitze von Sinn Féin: Mary Lou McDonald (li) und Michelle O'Neill
       
       Dublin taz | Mary Lou McDonald hat ein ehrgeiziges Ziel: Sie will ihre
       Partei modernisieren und sowohl in Nordirland als auch in der Republik
       Irland an die Regierung bringen. Das sagte die Politikerin am Samstag,
       nachdem sie ohne Gegenkandidatur zur neuen Präsidentin von Sinn Féin („Wir
       selbst“) gewählt wurde.
       
       Ihre Partei – ehemals politischer Flügel der inzwischen aufgelösten
       Irisch-Republikanischen Armee (IRA) – ist heute die einzige, die in beiden
       Teilen Irlands vertreten ist. Zu McDonalds Stellvertreterin wählten die
       Teilnehmer des Sonderparteitags am Wochenende die nordirische Parteichefin
       Michelle O’Neill.
       
       Für die Republik Irland ist eine Beteiligung der neuen
       Sinn-Féin-Präsidentin an der Macht noch nicht in Sicht: Ihre Partei ist
       dort mit 23 von 158 Abgeordneten derzeit lediglich drittstärkste Kraft im
       Parlament.
       
       In Nordirland hingegen dürfte McDonalds Wunsch nach einer
       Regierungsbeteiligung schon in dieser Woche in Erfüllung gehen: Dort raufen
       sich die bislang zerstrittenen Sinn-Féin-Politiker und ihren Kollegen von
       der Democratic Unionist Party (DUP) gerade zusammen. Im Januar 2017 war
       ihre Koalitionsregierung zerbrochen. DUP-Unterhausabgeordnete stützen
       derzeit die Tory-Regierung in London.
       
       „Wir sind bereit für eine echte Machtteilung und eine Zusammenarbeit mit
       unseren unionistischen Partnern“, erklärte McDonald nun. Das könne „aber
       nur auf der Basis der Gleichberechtigung, des Respekts und der Integrität
       geschehen“, sagte sie und fuhr fort: „Der Krieg ist vorbei.
       Schuldzuweisungen haben keinen Wert, wir müssen uns über die Vergangenheit
       nicht einig sein. Aber wir müssen uns einig sein, dass sie sich nie
       wiederholen darf.“
       
       DUP-Chefin Arlene Foster sagte am Freitag, dass man „nach einer Woche
       intensiver Diskussionen“ Fortschritte gemacht habe, aber noch Arbeit
       anstehe. Der bisherige Sinn-Féin-Präsident Gerry Adams stimmte ihr zu.
       Offenbar geht es nur noch um die Anerkennung des Irischen als
       gleichberechtigte Sprache in Nordirland. Eine Einigung darüber hätte es
       wohl bereits am Freitag geben können, doch die DUP wollte verhindern, dass
       Adams bei seiner Abschiedsrede auf dem Parteitag den Erfolg für sich
       reklamiert.
       
       ## Die Vergangenheit des Jerry Adams
       
       Adams, der im Oktober 70 Jahre alt wird, ist wegen seiner IRA-Vergangenheit
       bei der Democratic Unionist Party verhasst. Zwar bestreitet er, jemals
       IRA-Mitglied gewesen zu sein, doch der frühere IRA-Mann Anthony McIntyre,
       der wegen Mordes 17 Jahre im Gefängnis saß, berichtete am Wochenende in der
       Irish Times detailliert über die verschiedenen Posten, die Adams in der IRA
       bekleidet habe – vom Bataillonsführer in Belfast bis zum IRA-Chef und
       Mitglied des Armeerats. Er soll persönlich die Exekution mehrerer
       Informanten innerhalb der IRA angeordnet haben.
       
       Die beiden Politikerinnen an der Spitze, die 48-jährige McDonald und die
       41-jährige O'Neill, sind erst nach dem Belfaster Abkommen vom Karfreitag
       1998 in die Partei eingetreten. Jenes Abkommen hatte der Krisenprovinz
       relativen Frieden beschert.
       
       ## Schmaler Grat
       
       Beide Frauen sind also weit genug weg von der IRA, um neue Wählerschichten
       zu erschließen, sie dürfen aber auch die traditionelle Sinn-Féin-Klientel
       nicht verprellen. So blieben zum Beispiel McDonalds Äußerungen zum
       bevorstehenden Referendum im Sommer, mit dem das Abtreibungsverbot aus der
       Verfassung gestrichen werden soll, recht schwammig.
       
       Grund: Viele ältere Parteimitglieder lehnen den Regierungsvorschlag ab, der
       Schwangerschaftsunterbrechungen bis zur zwölften Woche auf Verlangen
       vorsieht. Sinn Féin will Abtreibungen nur im Fall von Inzest,
       Vergewaltigung, Gesundheitsrisiko für die Schwangere oder Missbildung des
       Fötus gestatten. Um das Parteistatut in diesem Punkt zu ändern, müsste ein
       weiterer Sonderparteitag einberufen werden. Genau das wird McDonald wohl
       tun.
       
       12 Feb 2018
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ralf Sotscheck
       
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