# taz.de -- Olaf Scholz' Karriere: In Hamburg ein Heiliger
       
       > Der SPD-Oberbürgermeister soll in der GroKo Vizekanzler und
       > Finanzminister werden. Ein lang geplanter Schritt auf dem Weg ins
       > Kanzleramt.
       
 (IMG) Bild: Es geht immer noch ein bisschen weiter nach oben. Olaf Scholz weiß das
       
       Hamburg taz | Olaf Scholz sagt, was er denkt. Und glaubt, was er sagt. Und
       er macht, was er gesagt hat, und was er nicht sagt, macht er auch nicht. So
       sieht er das, so sieht er sich selbst. Und so bewegt Olaf Scholz sich im
       Kreis, der für ihn die perfekte politische Form darstellt. Die Form, in die
       Menschen in vier Jahren ihr Kreuz machen sollen. Denn Olaf Scholz will
       Bundeskanzler werden, und er versucht dies auf dem Umweg über den Posten
       des Vizekanzlers und Bundesfinanzministers.
       
       Darunter hätte er es nicht gemacht. Zurück nach Berlin und ins
       Bundeskabinett wechselt der ehemalige SPD-Generalsekretär und
       Bundesarbeitsminister nur als starker Mann der SPD, der nur eine starke
       Frau zu fürchten hätte, mit der er noch verbündet ist: die Fraktions- und
       künftige Parteichefin Andrea Nahles.
       
       Eine klare Bestätigung indes scheute der Erste Bürgermeister Hamburgs am
       Donnerstagnachmittag im Rathaus der Elbmetropole, ein Dementi jedoch gab er
       auch nicht ab. Es sei richtig, dass die SPD in einer Großen Koalition das
       Finanzministerium erhalte, sagte er und fügte hinzu: „Dass sich in einer
       solchen Situation alle Blicke auf mich richten, ist jetzt auch nicht weiter
       erstaunlich.“ Eine Entscheidung über Personalien werde die SPD aber erst
       nach dem Entscheid der Mitglieder über den Koalitionsvertrag vornehmen, so
       Scholz, der etwas übernächtigt wirkte. Mehr wollte er vor laufenden Kameras
       und Mikrofonen nicht sagen.
       
       In der Hamburger SPD ist der Arbeitsrechtler – der 1990 als Syndikus des
       Deutschen Genossenschaftsverbands übrigens den Anstoß zum
       taz-Genossenschaftsmodell gab – unantastbar. Hatte er doch 2009 den heillos
       zerstrittenen Haufen als Landesvorsitzender übernommen und wieder
       vereinigt. [1][Zimperlich war Scholz dabei nicht]. „Wer bei mir Führung
       bestellt, muss wissen, dass er sie dann auch bekommt“, hatte er vorher
       angekündigt und verlangt, vom Landesvorstand einstimmig nominiert zu
       werden.
       
       Damit zwang er den Bundestagsabgeordneten Johannes Kahrs, mächtiger Chef
       des SPD-Kreises Hamburg-Mitte und Sprecher des bundesweiten „Seeheimer
       Kreises“ des rechten SPD-Flügels, zum Kotau. Kahrs, von Hamburger
       Parteilinken auch „Fürst der Finsternis“ genannt, hatte seine Zustimmung zu
       Scholz als Parteichef von Zugeständnissen abhängig machen wollen,
       stattdessen musste er sich unterwerfen.
       
       Mit dem Wahlsieg 2011 führte Scholz die Hanse-SPD mit absoluter Mehrheit
       dorthin zurück, wo sie nach eigenem Selbstverständnis hingehört: an die
       Macht im Stadtstaat an der Elbe. Manche GenossInnen nannten ihn danach in
       einer Mischung aus Ehrfurcht und Ironie „St. Olaf“. Dass die
       Meinungsbildung in der Landespartei seitdem von oben nach unten
       stattfindet, stört so recht niemanden. „Olaf denkt, Olaf lenkt, und wir
       rudern“, grinste noch voriges Jahr ein Abgeordneter der Bürgerschaft, ohne
       unglücklich zu wirken.
       
       ## Er vergibt selten, vergisst nie
       
       Generalstabsmäßig hat Scholz in Hamburg seinen Weg an die Macht geplant,
       ebenso verfolgt er seit drei Jahren seinen Weg nach Berlin. Die wenigen
       Vertrauten, die er einweihte und deren Rat er sich anhörte, schweigen
       beredt über die Einzelheiten. Denn wenn man es sich mit Scholz verderben
       will, reicht eine einzige Illoyalität. Der Mann vergibt selten, und er
       vergisst nie.
       
       Einige beklagen indes, nie genau zu wissen, was Scholz eigentlich denkt. Er
       hört seinem Gegenüber aufmerksam zu und schaut ihm unverwandt in die Augen,
       so lange der redet. Danach sagt Scholz „Danke“, und die Audienz ist
       beendet. Kein Lob, keine Kritik, kein Feedback: Nicht alle GenossInnen
       können damit psychisch gut umgehen. Dabei ist das noch die moderate Form
       seines Führungsstils. Ungemütlich wird es, wenn er antwortet: „Danke. Ich
       würde mir aber wünschen, dass …“ So drückt Scholz sich aus, wenn er
       jemandem eine letzte Chance gibt.
       
       Seit der Hamburg-Wahl vor drei Jahren und der Bildung einer rot-grünen
       Koalition an der Elbe hat Scholz sich auffallend der Bundespolitik
       zugewandt. Er war Verhandlungsführer der Bundesländer beim Ringen mit
       Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) um den neuen
       Länderfinanzausgleich, das SPD-Steuerkonzept pries er im
       Bundestagswahlkampf als „das beste“, ohne den Zusatz zu vergessen: „Es ist
       von mir.“
       
       Seit der Bundestagswahl brachte der 59-Jährige sich nachdrücklich in
       TV-Talkshows ins Gespräch. Im Oktober verfasste er eine glasklare Analyse
       des bedauernswerten Zustands der SPD, die sich kaum verhohlen gegen
       Wahlverlierer Martin Schulz richtete und von diesem gelobt werden musste,
       um keine Konsequenzen ziehen zu müssen. Alles vorbereitende Schritte für
       die erneute Karriere im Bund.
       
       Olaf Scholz ist davon überzeugt, dass er es eben besser kann als die vielen
       Amateure, die sich so im Politgeschäft tummeln, in Hamburg, in Berlin und
       vor allem in Würselen. Er ist der Politprofi, der in einer anderen Liga
       spielt als die meisten anderen. Das glaubt er wirklich.
       
       8 Feb 2018
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
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