# taz.de -- Hamburger Nachtleben in Gefahr: Stress im Club
       
       > Steigende Mieten, Regelwut, Ärger mit Nachbarn: Hamburgs Club-Betreiber
       > senden SOS, haben aber auch Ideen zu Problemlösungen.
       
 (IMG) Bild: Sind die Hamburger Clubs endgültig auf den Hund gekommen? Beim Golden Pudel Club geht es immerhin bergauf
       
       Der Waagenbau im Stadtteil Altona gehört zu den sympathischen Institutionen
       des Hamburger Nachtlebens. Draußen sieht es fast so aus wie im
       Bedford-Stuyvesant-Teil des coolen New Yorker Bezirks Brooklyn. Drinnen
       wurden früher Waagen für die Schlachthöfe hergestellt, heute feiern in dem
       Gewölbe bis zu 300 Besucher am Abend zur Musik von DJs und Bands. Bald ist
       der Spaß vorbei, denn der Waagenbau muss ausziehen. Genau wie die beliebten
       Läden Astra Stube und Fundbureau liegt das Etablissement unterhalb der von
       Nah- und Fernzügen befahrenen Sternbrücke – und es war bereits bei seiner
       Gründung im Jahre 2003 klar, dass die Brücke mitsamt dem Bahndamm
       irgendwann umfangreich erneuert werden muss. Ende 2019 läuft der
       Mietvertrag mit der Deutschen Bahn aus, dann brauchen der Waagenbau und die
       anderen beiden Läden eine neue Location.
       
       Hier beginnt das Problem: „Es ist in der wachsenden Stadt Hamburg so
       schwierig wie noch nie, einen geeigneten Ort für einen Club zu finden“,
       sagt Waagenbau-Gründer und Mitinhaber John Schierhorn. „Wohnungen, Gewerbe,
       Kultur – alle drängen in die attraktiven innenstadtnahen Viertel. Da wollen
       wir auch hin. Es herrscht in dieser Stadt ein Kampf um Flächen, bei dem
       kleine, idealistisch geführte Läden wie unserer schon aufgrund der hohen
       Mieten nicht mithalten können.“
       
       Ein weiteres Hindernis für ihn: „Bei den meisten Bauvorhaben sind ohnehin
       keine Flächen für Clubs oder Ähnliches vorgesehen. Da vermisse ich die
       Bereitschaft zu kreativen Lösungen im Bereich der Nutzungsmischung. Auch
       wäre es denkbar, dass die Stadt neue Spielstätten als Stiftung organisiert,
       so dem Druck der Kommerzialität entzieht und regelmäßig Ausschreibungen
       organisiert. Aber da fehlt der Mut zu neuen Wegen.“ Zudem sei das Betreiben
       eines Clubs aufwendiger und teurer geworden: „Die Auflagen werden härter,
       zum Beispiel beim Brand- und Lärmschutz. Klar ist das wichtig, aber bei der
       Umsetzung werden wir allein gelassen. Da fallen für neue Türen, Fluchtwege
       und Soundanlagen schnell mal 100.000 Euro an, Zuschüsse bekommen wir in den
       meisten Fällen nicht.“
       
       Der Waagenbau ist nicht der einzige Club mit unsicherer Zukunft. „Seit etwa
       zwei Jahren bekommen wir von unseren Mitgliedern vermehrt besorgte
       Lageberichte“, sagt Thore Debor, Geschäftsführer des Vereins Clubkombinat.
       In dem Dachverband sind 146 Hamburger Clubbetreiber, Booking-Agenturen und
       Veranstalter organisiert. Die Problemlagen seien vielfältiger Art: „Es geht
       um die Suche nach neuen Flächen, die Zunahme von kostspieligen Auflagen und
       Bürokratie. Es hat sich auf allen Ebenen eine Regelwut entwickelt. Dazu
       kommen Mieterhöhungen sowie Konflikte mit Nachbarn, die sich häufiger als
       früher über den Lärm beschweren und die Schließung von Clubs fordern.“
       
       ## Open-Air-Gelände zur Selbstverwaltung
       
       Panik will Debor nicht verbreiten: „Von einem Clubsterben sprechen wir noch
       nicht. Aber die negativen Signale werden stärker. Wenn wir das jetzige
       Niveau einer lebendigen Clublandschaft in Hamburg halten wollen, bedarf es
       zusätzlicher Anstrengungen.“ Deshalb hat das Clubkombinat unter dem Titel
       „Future Music City Hamburg“ eine Petition mit Forderungen zur Unterstützung
       der Hamburger Live-Musikclubs gestartet. Das sind Spielstätten, in denen
       pro Jahr mindestens 24 Konzerte stattfinden. Die Petition steht online und
       liegt in Clubs aus. Sie ist recht sperrig formuliert, die werktätigen
       Massen wird man damit nicht auf die Straßen bekommen. Dafür sind die
       Vorschläge konkret. So wünscht sich das Clubkombinat einen
       vierteljährlichen Austausch zwischen Club-Vertretern, Behörden und weiteren
       Akteuren. Dabei soll unter anderem ein Konfliktmanagement etabliert und ein
       Verfahren für Flächenakquisen entwickelt werden.
       
       Des Weiteren wird vorgeschlagen, dass die Stadt ein Open-Air-Gelände zur
       Selbstverwaltung zur Verfügung stellt: „Im Sommer gehen die Menschen
       deutlich weniger in Clubs, da gibt es große Einnahmeausfälle, während die
       Fixkosten weiterlaufen“, sagt Debor zum Hintergrund dieser Idee. „Auf einer
       Fläche für 2.000 Menschen könnten wir im Sommer im Kollektiv
       Veranstaltungen organisieren, die Einnahmen auf die Akteure verteilen und
       damit die negativen Folgen des Sommerlochs abmildern.“ Zentral ist auch die
       Forderung nach mehr städtischem Geld für die Infrastrukturförderung
       privater Musikspielstätten.
       
       In den vergangenen Jahren lag die Summe dafür zwischen 150.000 und 250.000
       Euro pro Jahr, nötig seien jährlich eine Million Euro. Zum Vergleich: Die
       Privattheater der Stadt werden jedes Jahr mit etwa zehn Millionen Euro
       gefördert. Mindestens 10.000 Unterschriften will das Clubkombinat für seine
       Petition sammeln und diese Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) vorlegen. „Eine
       Petition ist kein Allheilmittel“, weiß Debor. „Aber eine gute Möglichkeit,
       die Diskussion endlich anzustoßen und Unterstützer zu sammeln. In der
       Musikszene, beim Publikum und in der Politik.“
       
       24 Jan 2018
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Sven Sakowitz
       
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