# taz.de -- Aufklärungskampagne für Migranten: Quiz mit kleinen Fehlern
       
       > Mit einer Aufklärungskampagne will das Auswärtige Amt Migranten von der
       > Einreise abbringen. Nun musste es missverständliche Informationen
       > korrigieren.
       
 (IMG) Bild: Afghanische Flüchtlinge bei einer Jobbörse in Berlin –auch in ihren Heimatland gibt es die Kampagne
       
       Berlin taz | Ein bisschen erinnert die digitale Aufklärungskampagne des
       Auswärtigen Amtes für Migranten an ein Online-Ratequiz. Auf bunten
       Rechtecken finden sich Fragen zu Asyl, Einreise und Leben in Deutschland,
       darunter ein Knopf „Richtig oder falsch?“. Die Internetseite [1][„Rumours
       about Germany“ („Gerüchte über Deutschland“)] soll „Fakten für Migranten“
       liefern, kurz und knapp, erreichbar übers Smartphone, teilbar in sozialen
       Medien.
       
       Das Ziel: Migranten an der Einreise zu hindern – oder gleich zur Umkehr zu
       bewegen.
       
       Das Auswärtige Amt selbst erklärt, die Aufklärungskampagne
       #RumoursAboutGermany wende sich direkt an Personen, „die über eine Flucht
       nach Europa und insbesondere Deutschland nachdenken“. Die Deutungshoheit im
       Netz solle nicht allein den Schleusern überlassen werden: „Wir wollen
       verhindern, dass sich Menschen in ohnehin schwieriger Lage mit verklärten
       Vorstellungen und falschen Erwartungen auf den Weg machen.“ Gerüchten, die
       durch Schleusernetzwerke gestreut werden, sollten „objektive Informationen“
       entgegengesetzt werden.
       
       Wissenschaftler sehen das Projekt mit Skepsis. Eine „ausgewogene
       Information“ komme in dieser Aufklärungskampagne „praktisch nicht“ vor,
       schrieben Dana Schmalz sowie Nerges Azizi in einem Blogeintrag des
       [2][Netzwerks Flüchtlingsforschung]. Einige Angaben des Auswärtigen Amtes
       seien sogar „falsch“ beziehungsweise zumindest „irreführend“. So etwa eine
       Frage, die sich in einer [3][früheren Fassung] der Website findet: „Werden
       Sie zwangsweise abgeschoben, wenn Sie illegal kommen?“, heißt es darin. Die
       Antwort: „Ja.“
       
       ## Die illegale Einreise ist kein Ausweisungsgrund
       
       Hierzu schreiben die Autorinnen: „Das ist rechtlich falsch. Die illegale
       Einreise ist kein Ausweisungsgrund.“ Sie ist [4][laut Artikel 31, Absatz 1
       der Genfer Flüchtlingskonvention,] die auch Deutschland ratifiziert hat,
       sogar straflos, wenn die Betroffenen im Zielstaat um Asyl bitten. Das
       Prinzip nennt sich Pönalisierungsverbot. Das Auswärtige Amt erklärte, dass
       die ausführliche Antwort auf die Frage ja differenzierter sei. Darin heißt
       es: „Sie werden zwangsweise zurückgeführt, wenn Ihr Asylantrag abgelehnt
       wurde und Sie nicht freiwillig nach Hause gehen.“
       
       [5][Dana Schmalz] (Rechtswissenschaftlerin am Göttinger
       Max-Planck-Institut) und Nerges Azizi (Politikstudentin an der Freien
       Universität Berlin) aber sagen: Selbst mit dieser Ausführung sei „die
       Beantwortung der Frage in dieser Weise irreführend“. Das Auswärtige Amt
       änderte die Frage schließlich. Sie lautet nun: „Werden Sie zwangsweise
       abgeschoben, wenn Ihr Asylantrag abgelehnt wurde?“
       
       Auch in einem zweiten Sachverhalt korrigierte das Ministerium seine
       Angaben. Es geht um die Frage, ob sich der Anspruch auf Schutz nach der
       Nationalität oder Herkunft einer Person richtet. In einem violett
       unterlegten Kasten heißt es dazu: „Ihre Staatsangehörigkeit = Ihr Recht auf
       Asyl?“ [6][Die Antwort lautete zunächst]: „Nein. Nur Menschen, die
       Verfolgung oder ernsthaften Schaden erlitten haben, können auf ein Anrecht
       auf Schutz hoffen.“
       
       Doch auch dieser Satz sei „nicht richtig“, [7][schreiben die Autorinnen
       Schmalz und Azizi]. Relevant sei nicht, was man bereits erlitten habe,
       sondern die begründete Furcht vor einer Verfolgung oder die Gefahr eines
       ernsthaften Schadens. Zwar finde sich in der längeren Zusammenfassung auch
       der Hinweis auf die Genfer Flüchtlingskonvention und das deutsche
       Asylrecht; „die zusammenfassende Kurzinformation ist aber schlicht nicht
       korrekt“.
       
       Das Auswärtige Amt erklärte dazu: Auf der Website „Rumours about Germany –
       facts for migrants“ werde das geltende Recht in mehreren Artikeln erklärt.
       „Die Kritik, dass die Gefahr der Verfolgung oder eines ernsthaften Schadens
       als schutzbegründend unerwähnt bleibt, ist somit nicht korrekt.“ Jedoch sei
       die Darstellung „in manchen Überschriften und Textpassagen auf der Website
       verkürzt“ erfolgt. Nun heißt es im ersten Satz: „Nur Menschen, die
       Verfolgung oder ernsthaften Schaden erlitten haben oder diesen
       wahrscheinlich ausgesetzt sind, können auf ein Anrecht auf Schutz hoffen.“
       Das Auswärtige Amt erklärte zu den Korrekturen: „Die beiden konkreten
       Hinweise der Autorinnen zu Formulierungen, die missverständlich sind, haben
       wir gerne aufgegriffen.“
       
       #RumoursAboutGermany wird in Krisenregionen auf Englisch, Französisch und
       Arabisch angeboten. In Afghanistan gibt es spezielle Plakat- und
       Radiowerbung. Auch in Pakistan, im Nahen und Mittleren Osten sowie in
       Westafrika informierte das Auswärtige Amt umfassend, oft in Zusammenarbeit
       mit Partnern wie der Internationalen Organisation für Migration, der
       Deutschen Welle, Nichtregierungsorganisationen und unabhängigen
       Journalisten.
       
       Allein im Netz seien dadurch mehrere Millionen Nutzer erreicht worden, hieß
       es beim Auswärtigen Amt. Die Kampagne füge sich ein in die Bemühungen der
       Bundesregierung, „ein umfassendes und realistisches Deutschlandbild zu
       vermitteln“.
       
       21 Jan 2018
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://rumoursaboutgermany.info/
 (DIR) [2] http://fluechtlingsforschung.net/werben-gegen-asyl/
 (DIR) [3] https://web.archive.org/web/20171113140139/https://rumoursaboutgermany.info/
 (DIR) [4] http://www.unhcr.org/dach/wp-content/uploads/sites/27/2017/03/GFK_Pocket_2015_RZ_final_ansicht.pdf
 (DIR) [5] http://www.mmg.mpg.de/de/abteilungen/ethik-recht-und-politik/wissenschaftliche-mitarbeiterinnen/dr-dana-schmalz/
 (DIR) [6] https://web.archive.org/web/20171113140139/https://rumoursaboutgermany.info/
 (DIR) [7] http://fluechtlingsforschung.net/werben-gegen-asyl/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Petra Sorge
       
       ## TAGS
       
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