# taz.de -- Freispruch für Einwanderungsaktivist: Rückschlag für die US-Polizei
       
       > Die Ausländerpolizei ermittelt gegen den Aktivisten Ravi Ragbir – sie
       > will ihn abschieben. Eine Richterin nannte die Verhaftung „unnötig
       > grausam“.
       
 (IMG) Bild: Ravi Ragbir 2017 bei seinem jährlichen Termin bei der Ausländerpolizei
       
       New York taz | In dem bis auf den letzten Platz gefüllten Gerichtssaal im
       23. Stock über Manhattan war nervöses Schniefen zu hören und Priester,
       Rabbiner, Einwanderer und Bürgerrechtler hielten sich fest an den Händen,
       als Richterin Katherine Forrest am Montagmittag ihren Entscheid verkündete.
       Sie sprach mit einer Klarheit, die niemand erwartet hatte. Sie nannte den
       Umgang der Ausländerpolizei ICE mit Ravi Ragbir „unnötig grausam“. Sie
       fühlte sich an „Unrechtsregime“ erinnert. Sie sprach von „in der Verfassung
       garantierten Rechten“. Als sie mit dem Satz kulminierte: „In diesem
       großartigen Land gibt es die Freiheit, auf Wiedersehen zu sagen“, brandete
       Applaus in dem Gerichtssaal auf.
       
       „Diese Entscheidung stellt meinen Glauben an unsere Institutionen wieder
       her“, erklärte Amy Gottlieb, die Frau von Ravi Ragbir, wenig später
       strahlend. Auf der Straße, wo mehrere Dutzend Einwanderungsaktivisten
       während des Hearings sieben Mal betend um das New Yorker Hauptquartier von
       ICE gezogen waren, flossen Tränen der Erleichterung. Am Abend war der
       Einwanderungsaktivist frei.
       
       Ragbir ist einer der bekanntesten Verteidiger der Rechte von Einwanderern
       in den USA. Er ist der Geschäftsführer der „New Sanctuary Coalition“ in New
       York, die papierlose Immigranten berät und ihnen notfalls Asyl in Kirchen
       und Synagogen verschafft, um sie vor einer Abschiebung zu schützen.
       
       Am 11. Januar hatte Ragbir selbst seinen jährlichen Termin im Hochhaus der
       Ausländerpolizei. Anders als in den zehn vorausgegangenen Jahren, in denen
       dieser Termin eine Routine war, wurden ihm dieses Mal überraschend
       Handschellen angelegt. Der selbstbewusste, kräftige Mann, der Hunderte von
       Papierlosen begleitet und beraten hat und oft mit dem Megafon in der Hand
       öffentliche Reden hält, fiel in Ohnmacht.
       
       Noch am selben Tag, während in New York Tausende Aktivisten und gewählte
       Politiker für seine Freilassung demonstrierten, wurde er in ein Gefängnis
       im mehr als 1.700 Kilometer entfernten Miami transportiert. Von dort aus
       sollte er direkt nach Trinidad und Tobago abgeschoben werden. Der
       43-jährige Ragbir ist in dem karibischen Land geboren, lebt aber seit 27
       Jahren in den USA. Dort gründete er eine Familie, wurde Vater und
       entwickelte sich in den letzten Jahren zu einer der führenden Stimmen der
       Bewegung, die ihm am Montag zu seiner Freilassung verholfen hat.
       
       ## Eine Verschnaufpause, mehr nicht
       
       Schon wenige Tage vor Ragbir war Jean Montrevil, ein anderer bekannter
       Aktivist der New Yorker Sanctuary Coalition, auf seinem Weg zur Arbeit von
       ICE-Agenten aufgegriffen und nach Haiti abgeschoben worden. Auch an anderen
       Orten der USA nimmt ICE zunehmend die Sprecher der Bewegung ins Visier.
       
       Wie Ragbir hatte Montrevil die längste Zeit seines Lebens in den USA
       verbracht. Beide Männer waren ursprünglich legal in die USA gekommen. Dann
       waren sie straffällig geworden und zu Gefängnis verurteilt worden –
       Montrevil wegen Drogen, Ragbir wegen Betrugs. Beide saßen ihre Strafen ab.
       Nach ihrer Entlassung entzog ihnen die ICE ihre langfristigen
       Aufenthaltsgenehmigungen drohte langfristig mit Abschiebung. Doch beide
       Männer „integrierten sich in die Gesellschaft“, gründeten Familien,
       begannen legale Karrieren und befolgten sämtliche Auflagen der
       Ausländerbehörde, darunter die regelmäßigen ICE-Termine. Beide konnten
       hoffen, dass sie eines Tages wieder einen komplett legalen Status bekommen
       würden.
       
       Dann kam Trumps Amtsantritt. Und mit ihm eine neue Wucht in der Verfolgung
       von „Illegalen“. Schon bei seinem ersten ICE-Routinetermin unter Trump
       spürte Ragbir, dass sich seine Situation ohne sein eigenes Zutun verschärft
       hatte. Der für ihn zuständige ICE-Beamte ließ ihn wissen, dass er ihn
       beobachte, wie er Demonstrationen für Immigranten organisiere, und dass das
       bald aufhören werde.
       
       Richterin Forrest verschafft Ragbir eine Verschnaufpause. Mehr nicht.
       
       31 Jan 2018
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Dorothea Hahn
       
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