# taz.de -- Radio Bremen kuschelt mit Weser-Kurier: Kooperation ohne Gegenleistung
       
       > Im Streit um seine Online-Berichterstattung hat Radio Bremen klein
       > beigegeben. Außerdem stellt der Sender dem Weser-Kurier seine
       > Filmbeiträge zur Verfügung.
       
 (IMG) Bild: In Radio Bremens Funkhaus entstehen Beiträge, die künftig auch der Weser-Kurier nutzt
       
       BREMEN taz | Der Streit zwischen Radio Bremen und dem Weser-Kurier ist
       beigelegt. Im vergangenen Herbst waren noch die Anwälte beider Häuser
       beschäftigt, nun gibt es einen „Kooperationsvertrag“. Das verkündete
       Chefredakteur Moritz Döbler stolz auf dem Neujahrsempfang des
       Weser-Kuriers. Radio Bremen verweist auf Nachfrage auf die
       Berichterstattung im Weser-Kurier.
       
       Inhalt der Kooperation ist, dass auf der Webseite des Weser-Kuriers
       Filmbeiträge des Lokalen Fernsehmagazins „Buten un Binnen“ eingebettet
       sind. Wer direkt auf das eingebettete Video klickt, verlässt nicht die
       Seite des Weser-Kuriers. Auf die Frage, ob es denn dafür eine Gegenleistung
       gebe, heißt es bei Radio Bremen, durch die Präsentation der Filme auf
       dieser Plattform habe man eben eine größere Reichweite – derselbe Vorteil
       wie bei einer Präsenz auf Youtube.
       
       Der WDR hatte in Nordrhein-Westfalen vor Jahren einmal über dieses Modell
       verhandelt. Das war an der Forderung gescheitert, dass Zeitungen für die
       Nutzung der Filme zahlen sollten. In Bremen hatte es auch schon einmal
       Verhandlungen gegeben. Damals wollte Radio Bremen im Gegenzug Zugriff auf
       das Fotoarchiv des Weser-Kuriers haben. Davon ist derzeit nicht die Rede.
       
       Der Vorteil für den Weser-Kurier jedenfalls ist groß: Seit Jahren bemüht
       sich die Lokalzeitung, ihre Online-Berichte mit kleinen Video-Filmen
       anzureichern. Besonders erfolgreich war das nie, weil es kaum Geld kosten
       durfte. Deshalb sind die meisten Nachrichtentexte auf der Webseite ohne
       Bewegtbilder. Das kann sich nun durch die „Buten un Binnen“-Filme ändern.
       Laut Chefredakteur Döbler hat die Zeitung Zugriff auf alle im Netz
       verfügbaren „Buten un Binnen“-Filme und kann daraus frei auswählen.
       
       ## Unterlassungserklärung gegen Radio Bremen
       
       „Die Kooperation soll einen Beitrag zum langfristigen Erhalt einer
       vielfältigen Medienlandschaft im Land Bremen gewährleisten“, erklärte der
       Weser-Kurier seinen LeserInnen. Im vergangenen Herbst war es gerade nicht
       um „vielfältige Medienlandschaft“ gegangen, sondern um das lokale Monopol,
       als der Weser-Kurier und drei weitere norddeutschen Verlage von Radio
       Bremen eine Unterlassungserklärung verlangten – wegen allzu sehr
       „presseähnlicher“ Darstellung seiner Nachrichten im Netz.
       
       Der Begriff aus dem Telemediengesetz beschreibt den Kompromiss zwischen
       Verlegern und öffentlich-rechtlichen Anstalten. Ein Urteil des OVG Köln im
       Streit um die Tagesschau-App hatte Nachrichtenformate, in denen der Bezug
       auf Beiträge im öffentlichen Rundfunk fehlt oder die als ausführliche,
       reine Text-Nachrichten präsentiert werden, als „presseähnlich“ gewertet und
       untersagt.
       
       Offenbar hat Radio Bremen seine Chancen für eine gerichtliche
       Auseinandersetzung als gering eingeschätzt. Das deutet der Sprecher von
       Radio Bremen gegenüber der taz an. So hat der Sender die Präsentation der
       Online-Nachrichten verändert und optisch ganz auf Filmbeiträge
       konzentriert. Die Texte wurden sowohl optisch als auch inhaltlich
       reduziert.
       
       Im November hat Radio Bremen dann die vom Weser-Kurier geforderte
       Unterlassungserklärung unterschrieben. In einer mündlichen Verhandlung
       hatten die Richter am Bremer Landgericht deutlich gemacht, dass sie bei den
       980 von den Verlage präsentierten Screenshots viel „Presseähnlichkeit“
       entdeckt hätten. Die neue Präsentation der Radio-Bremen-Nachrichten
       beanstanden die Verleger offenbar nicht mehr.
       
       Wenn Nutzer künftig auf die Weser-Kurier-Seite gehen, weil sie dort sowohl
       Nachrichtentexte als auch Videos finden, verdient der Weser-Kurier mehr
       Geld mit Seitenwerbung. Dass die Nutzung der Beiträge dennoch nicht
       finanziell entgolten werden muss, sei „nur folgerichtig“, erklärte
       Weser-Kurier-Chefredakteur Moritz Döbler: „Unsere Nutzerinnen und Nutzer
       haben sie über den Rundfunkbeitrag ja bereits bezahlt.“
       
       Diesen Abbau von Medienvielfalt begründet die gerade neu ins Amt gekommene
       Chefredakteurin von Radio Bremen, Andrea Schafarczyk, mit den Worten: „Zwei
       starke Partner vernetzen sich, um den Bremerinnen und Bremern ein noch
       besseres journalistisches Angebot zu machen.“ Die Kooperation sei eine
       „große Chance“.
       
       Ein Online-Leser des Weser-Kuriers hat die „Kooperation“ mit den Worten
       kommentiert, er sehe nicht, was Radio Bremen von der Kooperation habe – und
       stellt die Frage: „Oder ist das nur Schutzgeld, damit der Verlag nicht
       wieder gegen Radio Bremen vor Gericht zieht?“
       
       Einen Zusammenhang mit der Klage streitet Radio Bremen ab. Und
       journalistisch gehen die beiden Medienhäuser, die in Bremen den Pressemarkt
       dominieren, seit jeher mit Samthandschuhen miteinander um. Dass der
       Weser-Kurier derzeit mit mehr als 50 altgedienten Redakteuren vor dem
       Arbeitsgericht im Streit liegt, weil er die Tariferhöhungen nicht mehr
       weitergeben will, findet bei Radio Bremen keine Erwähnung. Zum Beispiel.
       
       10 Jan 2018
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Klaus Wolschner
       
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