# taz.de -- Kulturelle Öffnung in Saudi-Arabien: Künftig wird es wieder Kinos geben
       
       > Nach 35 Jahren sollen in dem konservativen Königreich Lizenzen für
       > Lichtspielhäuser vergeben werden. Aber die Filme werden zensiert.
       
 (IMG) Bild: König Salman und sein Sohn leuchten am Nationalfeiertag vom Kingdom Tower in Riad
       
       Kairo taz | Eigentlich ist es ein Schritt, der seit der VHS-Videokassette,
       aber spätestens seit der Einführung von Film-Internetplattformen wie
       Netflix, vollkommen überfällig war. Nun aber ist es so weit: auch in
       Saudi-Arabien darf es jetzt Kinos geben. Das saudische Kulturministerium
       hat verkündet, dass es Lizenzen vergeben wird, die es erlauben, in dem
       erzkonservativen islamischen Königreich Kinos zu eröffnen. Diese wurden in
       den siebziger Jahren aufgrund des Druckes wahabitischer Scheichs
       geschlossen.
       
       Bis vor kurzem hatte der Mufti des Landes noch argumentiert, dass Kinos
       schädlich für die öffentliche Moral seien. In der Erklärung des
       Kulturministeriums heißt es jetzt, dass der Schritt „zentral für das
       Regierungsprogramm sei, ein offenes und reiches Kulturleben für die
       saudische Bevölkerung zu schaffen“.
       
       Es ist eine Entscheidung, die einhergeht mit der Vision 2030 des
       32-jährigen Kronprinzen Mohammed Bin Salman, der gefordert hatte, dass sich
       die Zahl der Kultur- und Unterhaltungsaktivitäten bis zum Jahr 2030
       verdoppeln sollten. Mit seinem Reformprogramm hofft er, die junge saudische
       Bevölkerung hinter sich zu bringen. Zuvor hatte er Frauen erstmals das
       Autofahren und den Besuch von Sportstadien erlaubt.
       
       ## Filme dürfen nicht der Scharia widersprechen
       
       Allerdings sollen die in den künftigen saudischen Kinos gezeigten Filme der
       Zensur unterliegen und die Werte und Prinzipien des Landes widerspiegeln,
       ohne der Scharia zu widersprechen, heißt es in der Erklärung des
       Kulturministeriums. Der Plan sei, bis 2030 mehr als 300 Kinos mit 2.000
       Leinwänden in Saudi-Arabien zu gründen, erläuterte der saudische
       Kulturminister Awad Salweh Al-Awad.
       
       Die ersten Lizenzen sollen innerhalb von 90 Tagen vergeben werden. „Noch
       ist unklar, wo die Kinos entstehen sollen und auch, ob Frauen diese
       besuchen dürfen“, sagte Fahd Al-Muammar, der die Aufsicht über die Kinos
       haben wird, gegenüber der saudischen Fernsehstation Al-Arabiya.
       
       ## Saudische Filme ins saudische Kino
       
       „Kinos zu öffnen, ist wie wenn man ein Fenster zur Sonne öffnet“,
       kommentierte der saudische Filmkritiker Khaled Rabei. „Das ist eine
       Entscheidung, die schon lange erwartet wurde. Das Jahr 2017 endet mit
       großartigen und historischen Nachrichten“, sagte der saudische Schauspieler
       Meschaal Al-Meteiry. Er hofft nun, dass mit diesem Schritt auch eine
       saudische Filmindustrie angekurbelt wird, die gegenüber anderen
       Filmproduzenten in der Golfregion, aber auch der arabischen Welt sowie
       international konkurrenzfähig ist.
       
       Die künftige saudische Filmindustrie müsse besonders geschützt werden,
       meint er. Sein Vorschlag: saudische Kinos sollten per Gesetz jeden Monat
       mindestens einen saudischen Film zeigen müssen. Laut Plan sollen im
       saudischen Filmbereich bis zu 30.000 permanente Arbeitsplätze geschaffen
       werden.
       
       „Diese Entscheidung ist nicht nur wichtig für den kreativen Sektor und das
       Publikum, sie zeigt auch, dass wir eine Art neues Königreich haben, das
       willens ist, für eine junge, kreative und ernsthafte Wirtschaft Ressourcen
       für Unterhaltung auszugeben“, sagt der saudische Regisseur Abdel Mohsen
       Al-Mateiry. Er glaubt, dass die Kinos in Saudi Arabien ein großer Erfolg
       sein werden, schon allein, weil die Möglichkeiten der Unterhaltung unter
       freien Himmel aufgrund klimatischer Bedingungen begrenzt seien.
       
       Saudis sind natürlich schon immer ins Kino gegangen, vor allem bei Reisen
       ins Ausland. „Wir waren es gewöhnt, lange Distanzen bis ins Ausland
       zurückzulegen, um ins Kino zu gehen“, berichtet die saudische Filmemacherin
       Hind El-Fahad. Mehrere Kommentatoren, wie der Drehbuchschreiber Muhammad
       Al-Fahady, weisen darauf hin, dass das Kino auch ein Gegenpol zu radikalen
       Ideen darstellen könnte. „Die Kinos“, hofft er, „werden jenen Türen
       verschließen, die mit den Köpfen unserer Jugendlichen spielen und ihnen
       radikale Ideen vermitteln“.
       
       14 Dec 2017
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Karim El-Gawhary
       
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