# taz.de -- Kolumne Kapitalozän: Am einfachsten wäre, wir stürben alle
       
       > Nichtvermehren ist das neue Öko – als Erste-Welt-Parasit ziemt es sich
       > nicht, ein Kind zu bekommen, sagen manche. Ich bin da leider raus.
       
 (IMG) Bild: Auch ich habe vorsätzlich einen Sohn bekommen (nicht den auf dem Bild, einen anderen). Dafür komme ich in die Hölle
       
       Seit Jahrhunderten reisen wir durchs All und fragen uns, wie es wohl
       aussieht, das Ende des Kapitalismus. Kommt es 2018? Man könnte viele
       widersprüchliche Theorien anführen. Lediglich eines erkennen alle an – die
       Börsengurus, Bitcoinfetischisten, Immobilienhaie, Notenbankpäpste,
       Wirtschaftsweisen, Transhumanisten, Antinatalisten, Postkommunisten,
       Zen-Buddhisten, Terrorverdächtigen, Nazis, Antifaschisten, Katholiken und
       sonstige Sektierer, sogar die Menschenaffen und die Joghurtkulturen: Der
       Kapitalismus ist zu Ende, wenn wir alle sterben.
       
       Wobei die ökonomischen Theorien auf das Ende der Menschheit schlecht
       vorbereitet sind. Sicher, die Investitionen würden einbrechen. Das deutsche
       Exportwunder wäre dahin. Der DAX tendierte ins Imaginäre. Doch wo läge die
       Arbeitslosenquote? Bei 0 oder 100 Prozent?
       
       Voller Freude verkünde ich, dass die Doku „[1][Save the Planet – kill
       yourself]“ im Jahr 2018 endlich fertiggestellt sein wird. Der Titel ist das
       Motto der [2][Church of Euthanasia]. Die Kirche proklamiert vier
       Grundmaßnahmen, durch die sich die Menschheit gefälligst mal selbst
       ausrotten soll: Selbstmord, Sodomie, Abtreibung und Kannibalismus. Gründer
       Chris Korda war Dadaist. Wer Dadaismus toll findet, liegt immer richtig.
       Das ist wie mit Tarantino-Filmen, Doors-Platten und Murakami-Büchern.
       
       Und jetzt kommt 2018 das Smalltalk-Thema hinzu, [3][Bento gibt den Takt
       vor]: Freiwilliges Nichtvermehren ist das neue Öko – als Erste-Welt-Parasit
       ziemt es sich nicht, ein Kind zu bekommen. Nebeneffekt ist eine nachhaltige
       Schwächung des Kapitalismus. Wer nicht lebt, kauft auch nichts.
       
       Warum also sich als Nichtvermehrer von diesen Butterkekseltern Egoismus
       vorwerfen lassen? Nur weil man gern Funsportarten betreibt, 194 Hauptstädte
       abklappert und beruflich diese emotional abgehängten Eltern überflügelt,
       die um 17 Uhr zur Kita hasten? Höre ich Rentensystem? Pah. Wer ordentlich
       verdient, zahlt ordentlich in die Kasse. Kinder kosten den Staat, für
       Kitas, Schulen, Universitäten und Ärzte – und am Ende nehmen die Blagen
       Drogen, statt zu arbeiten. Falls doch, bringt’s auch nichts: Die Roboter
       übernehmen unsere Jobs.
       
       Kinder sind die künftigen CO2-Emittenten. Kinder sind die künftigen
       Ausbeuter künftiger Fabrikarbeiter in künftigen Entwicklungsländern. Wer
       Umwelt- und Sozialnormen einhalten will, der kriegt keine Kinder, und wem
       die Seele gar sehr schmerzt, angesichts des unfassbaren Leids des Planeten,
       der erschießt sich mit allerspätestens 50. Save the planet.
       
       Zugegeben, ich persönlich bin raus. Ich darf mich der „[4][Bewegung für das
       freiwillige Aussterben der Menschheit]“ nicht mehr anschließen, weil ich
       vorsätzlich einen Sohn bekommen habe, der mich zu allem Überfluss auch noch
       glücklich macht. Dafür komme ich in die Hölle. Von dort aus muss ich mit
       ansehen, wie Enkel und Urenkel und Ururenkel dazukommen, bis in alle
       Ewigkeit. Furchtbar.
       
       28 Dec 2017
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.imdb.com/title/tt5044866/
 (DIR) [2] http://www.churchofeuthanasia.org/index.html
 (DIR) [3] http://www.bento.de/gefuehle/kinderwunsch-warum-wir-der-umwelt-zuliebe-aufhoeren-sollten-kinder-zu-bekommen-1813533/
 (DIR) [4] http://www.vhemt.org/daboutvhemt.htm#member
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ingo Arzt
       
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