# taz.de -- Jahrestag Breitscheidplatz-Attentat: Eine Stadt erinnert sich
       
       > Am Dienstag wird mit verschiedenen Veranstaltungen der Jahrestag des
       > Breitscheidplatz-Anschlags begangen. Auch Nazis wollen demonstrieren.
       
 (IMG) Bild: Gedenken auf dem Breitscheidplatz
       
       Der Toten gedenken. Angehörige betrauern. Sich an den Moment erinnern, an
       dem man zum Überlebenden wurde. Kaum etwas, das persönlicher wäre.
       
       Wie erinnert sich eine Stadt an einen Terroranschlag? Wessen wird wie
       gedacht, wer darf daran teilhaben? Fragen, die politischer nicht sein
       könnten.
       
       Das ist das Spannungsfeld, in dem am kommenden Dienstag das Gedenken zum
       ersten Jahrestag des Terroranschlags vom Breitscheidplatz stattfindet. Da
       ist die persönliche, private Trauer – und da ist die Weltöffentlichkeit,
       die an diesem Tag auf diesen Platz schaut.
       
       Die Ansprüche sind hoch, vielfältig und zum Teil widersprüchlich: Es soll
       Raum geben für das stille Gedenken der Angehörigen und Opfer. Politiker
       wollen sprechen, auch um den Eindruck geradezurücken, der Staat kümmere
       sich nicht genug um die Hinterbliebenen wie auch um die Verhinderung
       weiterer Anschläge. Es gibt das Bedürfnis der Stadtöffentlichkeit, den
       neuen Gedenkort ebenfalls besuchen zu können. Auch weit jenseits des
       Kreises der Opfer und Angehörigen sind Menschen auf die unterschiedlichste
       Art von dem Anschlag betroffen. Die vielen Sicherheitsvorkehrungen, die an
       diesem Tag getroffen werden, stehen dabei auch im Widerspruch zu einer
       möglichst leichten Zugänglichkeit. Der Evangelischen Kirchengemeinde der
       Gedächtniskirche kommt eine zentrale Rolle zu, gleichzeitig wird es bei all
       jenen, die sich einer anderen oder keiner Religion zugehörig fühlen den
       Wunsch geben, dass das Gedenken nicht christlich vereinnahmt wird.
       
       Und dann sind da noch die Instrumentalisierungsversuche der Rechten: Schon
       im letzten Jahr schreckte die AfD nicht davor zurück, die Opfer des
       Anschlags als „Merkels Tote“ zu bezeichnen, nur zwei Tage später hielten
       Parteiprominente wie Alexander Gauland und Björn Höcke eine „Mahnwache“ vor
       dem Kanzleramt ab, deren inhaltliche Stoßrichtung offensichtlich war: Die
       Flüchtlinge sind schuld. Zeitgleich versuchte die NPD, die Situation mit
       einem „Trauermarsch“ für ihre Zwecke zu nutzen.
       
       Diese Versuche verfingen nicht in Berlin, zumindest nicht unmittelbar:
       Statt der Bilder der Rechten waren es die der Gegenkundgebung, die am
       nächsten Tag die Zeitungen prägten. Hunderte Menschen, die rote Herzen in
       die Luft hielten – ein einfaches, vielleicht naives, aber genau deshalb
       umso eindrücklicheres Zeichen.
       
       Auch dieses Jahr wird zu rechten Kundgebungen in der Nähe des
       Breitscheidplatzes aufgerufen; schon im Vorfeld versuchte insbesondere die
       Identitäre Bewegung, das Gedenken für ihre Zwecke zu instrumentalisieren.
       
       Doch auch jetzt wird diesen Versuchen etwas entgegensetzt, auch jenseits
       der offiziellen Feierlichkeiten: Unter dem Motto „Solidarität statt Hass“
       ruft ein Bündnis aus Initiativen zu einer Kundgebung vor dem Zoo-Palast
       auf. Mit dabei sind auch das Berliner Bündnis gegen Rechts, die Kontakt-
       und Beratungsstelle für Flüchtlinge und die Interventionistische Linke.
       
       „Wir sind schockiert darüber, dass Menschen versuchen, dieses schreckliche
       Ereignis für ihre rassistischen Anliegen zu missbrauchen“, sagt der
       Bündnissprecher Martin Pfaff. „Wir wollen uns klar dagegenstellen und
       gleichzeitig unsere Solidarität ausdrücken mit allen Menschen, die weltweit
       von islamistischem Terror betroffen sind.“ Grußbotschaften aus Barcelona
       und Kabul sollen verlesen werden, um die Notwendigkeit einer
       internationalen Antwort auf Terror zu unterstreichen.
       
       Die Forderungen des Bündnisses: Unterstützung der Hinterbliebenen,
       ungeachtet deren Herkunft, Aufnahme von Menschen, die vor islamistischem
       Terror Schutz suchen, und Unterstützung der kurdischen Kräfte in ihrem
       Kampf gegen den „Islamischen Staat“. „Wir wollen eine Welt, in der niemand
       mehr Angst vor Fanatismus und Terror haben muss“, sagt Pfaff. Ihr
       wichtigstes Anliegen aber sei, zu zeigen, dass sich die Stadtgesellschaft
       nicht spalten lasse. Auch nach einem Jahr noch eine wichtige Botschaft.
       
       18 Dec 2017
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Malene Gürgen
       
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