# taz.de -- Strom und Benzin in Kuba sind knapp: Der Ölfluss aus Venezuela lässt nach
> Die Lieferungen aus Venezuela sind um 20 bis 40 Prozent zurückgegangen.
> Kuba leidet unter der Wirtschaftskrise des sozialistischen Verbündeten.
(IMG) Bild: Trockengelegt: Venezuela kann es sich immer weniger leisten, verbilligtes Öl an Havanna zu liefern
Hamburg taz | Erdöl für die Stromerzeugung, aber auch für die Raffinierung
von Diesel und Benzin ist knapp in Kuba. Das ist ein wichtiger Grund,
weshalb das Bruttoinlandsprodukt 2016 um 0,9 Prozent zurückging. Rund 8,5
Millionen Barrel braucht die kubanische Volkswirtschaft für den normalen
Betrieb, und für die Bereitstellung dieser Menge kam in den vergangenen 15
Jahren immer Venezuela auf.
Im ersten Halbjahr 2016 sind die Erdöllieferungen aus Venezuela je nach
Quelle um 20 bis 40 Prozent zurückgegangen. Das hat auch Staatschef Raúl
Castro auf einer Parlamentssitzung bestätigt. 2017 hat sich an den
Lieferengpässen nichts geändert – nur weiß niemand, ob die Liefermengen ein
ähnliches Niveau haben wie 2016 oder noch weiter gesunken sind. Unstrittig
ist jedoch, dass Venezuela seine Spitzenposition als wichtigster
kubanischer Handelspartner an China verloren hat.
[1][Der ökonomische Niedergang Venezuelas] sei eng verknüpft mit dem
Verfall des Rohölpreises, schreibt der kubanische Finanzexperte Pavel
Vidal, der an der Universität im kolumbianischen Cali lehrt. Weniger
Einnahmen aus dem Erdölgeschäft bedeuten auch, dass Venezuela es sich immer
weniger leisten kann, verbilligtes Öl an Havanna zu liefern und die
kubanischen Techniker, Ärzte und Krankenschwestern, die in Venezuela im
Einsatz sind, zu bezahlen.
Für Havanna ein doppeltes Dilemma, denn lange war es dank der großzügigen
Lieferungen aus Caracas möglich, Erdölüberschüsse auf dem Weltmarkt zu
verkaufen. Das ist Geschichte, und obendrein muss zurückkehrendes
kubanisches Personal, das nicht mehr bezahlt werden kann, reintegriert
werden.
Unter dem Strich, so Vidal, hat Havanna, um seine internationalen
Verbindlichkeiten mit dem Pariser Club, Russland und anderen Ländern zu
bedienen, die Importe auf ein Minimum reduziert. Das macht sich negativ bei
der Investitionsquote bemerkbar, und auch die Kredite bei den Lieferanten
der Insel seien ausgereizt. Zudem hat Wirtschaftsminister Ricardo Cabrisas
auf der letzten Parlamentstagung Ende Juli darauf hingewiesen, dass die
Exporte im ersten Halbjahr um 417 Millionen Dollar niedriger ausgefallen
seien als in den Planungen kalkuliert.
Allerdings verzichtet die Regierung im Gegensatz zum letzten Jahr darauf,
durch Stromabschaltungen, die Apagones, Energie zwangsweise zu sparen, und
auch die Schlangen an den Tankstellen haben eine normale Länge. Das
ermöglichen die steigenden Einnahmen [2][aus dem Tourismus], der in diesem
Jahr weiter kräftig wächst. Mit 4,7 Millionen Gästen rechnet die Regierung
in Havanna – trotz der Ankündigung der USA, [3][die Hürden für
Individualreisen nach Kuba wieder anzuheben]. Diese Zahl scheint zwar
angesichts der Dynamik des Tourismussektors realistisch, aber negative
Entwicklungen kann sich Havanna angesichts der venezolanischen Krise auch
nicht leisten. Finanzielle Puffer stehen, so Vidal, schlicht nicht zur
Verfügung.
Schwierig wird es daher, die Schäden von Hurrikan „Irma“ schnell zu
beheben, und so könnte 2017 auch eine rote Null statt der schwarzen Eins
vor dem Komma stehen, wenn Ende Dezember die Wachstumsquote der kubanischen
Wirtschaft bekannt gegeben wird.
15 Nov 2017
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(DIR) Knut Henkel
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