# taz.de -- Diskussion um Obdachlose im Tiergarten: Grüne schwänzen Sitzung
       
       > Der Bezirksbürgermeister von Mitte steht unter Druck. Grüne und SPDler
       > fordern Obdachlose in einer früheren Flüchtlingsunterkunft
       > unterzubringen.
       
 (IMG) Bild: Hund und Behausung von Wohnungslosen am Tiergarten
       
       In der Debatte über die Obdachlosen vom Tiergarten häufen sich die Stimmen
       derer, die von Senat und Bezirk die schnelle Bereitstellung von mehr
       Schlafplätzen fordern.
       
       In der Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Mitte am
       Donnerstagabend erklärte Bezirksbürgermeister Stephan von Dassel (Grüne),
       dass die geplante Traglufthalle für die Kältehilfe neben dem Haus der
       Statistik am Alexanderplatz nun doch nicht kommen werde. „Das ist eine
       Katastrophe“, kommentierte dies am Freitag Taylan Kurt, Mitglied der grünen
       BVV-Fraktion, gegenüber der taz. Man brauche „sofort“ mehr Schlafplätze
       „und zwar in der Stadt“. Obdachlose hätten oft kein Geld für BVG-Tickets,
       um etwa in eine Unterkunft nach Spandau zu fahren.
       
       Eine Möglichkeit für die Unterbringung bietet sich laut Kurt jetzt unter
       der Anschrift Alt-Moabit 82, wo kommende Woche eine Flüchtlingsunterkunft
       mit 182 Plätzen freigezogen werde. Das Haus gehöre dem Bezirk. „Ich
       erwarte, dass der die Immobilie nun kurzfristig für die Kältehilfe
       nutzt“, so Kurt. Langfristig könne daraus eine ganzjährige Unterkunft
       werden. „Die grüne Fraktion wird das vorschlagen“, kündigte er an.
       
       Auch die SPD-Fraktion in Mitte, mit der die Grünen den Bezirk in einer
       Zählgemeinschaft regieren, hatte am Mittwoch in ihrer Kreisvorstandssitzung
       gefordert: „Senat und Bezirke müssen kurzfristig ausreichend
       Notübernachtungsplätze zur Verfügung stellen“, dafür müssten gegebenenfalls
       auch freie Flüchtlingsunterkünfte genutzt werden. Zudem müssten Senat und
       Bezirk zusätzliches Geld für mehr Personal in den Bezirksämtern sowie bei
       Beratungs- und Hilfsangeboten bereitstellen.
       
       In der BVV-Sitzung wurde noch einmal deutlich, dass viele Grüne und SPDler
       nicht mit den jüngsten Äußerungen von Dassels einverstanden sind. Der
       Bezirksbürgermeister hatte wie berichtet dafür plädiert, Wohnungslose aus
       Mittel- und Osteuropa, die wegen Aggressivität auffallen, abzuschieben.
       Dafür erntete er von vielen Seiten Kritik. Die Landesarmutskonferenz
       erklärte: Mit repressiven Maßnahmen löse man das Problem nicht. Am
       Donnerstag blieben auffällig viele grüne BVV-Mitglieder der Sitzung fern: 9
       von 14 Grünen fehlten. Dies sei die „Demonstration einer armseligen
       Debattenkultur innerhalb der Grünen-Fraktion“, schrieb Franziska Briest,
       ebenfalls grünes BVV-Mitglied, am Freitag auf Facebook. Zur taz sagte sie
       dazu auf Nachfrage: Von Dassel sei zwar mit seinen Äußerungen „weit über
       das Ziel hinausgeschossen“, aber sich der Debatte und Lösungsfindung zu
       verweigern, „geht auch zu weit“.
       
       Der Bedarf an Hilfen für Wohnungslose wächst Jahr für Jahr, unter anderem
       wegen des Zuzugs aus Ost- und Südosteuropa. Ganzjährig gibt es nur rund 150
       Übernachtungsplätze in der Stadt, die für alle Menschen – auch
       NichtberlinerInnen und EU-BürgerInnen – offen sind. Dazu kommen vom 1.
       November bis 31. März die Angebote der Kältehilfe. Diese Plätze sollen in
       diesem Winter auf 1.000 aufgestockt werden.
       
       20 Oct 2017
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Susanne Memarnia
       
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