# taz.de -- Fußball und Korruption in Aserbaidschan: Unter dem Schutz des Regimes
       
       > Aserbaidschanische Fußballer müssen bei Mord und Totschlag keine
       > Gefängnisstrafe fürchten. Zahlungen an Opfer verhindern, dass diese
       > Anzeige erstatten.
       
 (IMG) Bild: Aserbaidschan bei der Fußball-WM Qualifikation am 5. Oktober 2017
       
       Die WM-Qualifikation geht in ihre letzte Runde. Deutschland hat sich für
       das Weltturnier in Russland 2018 qualifiziert. Aserbaidschan hat die
       Qualifikation verpasst. Dennoch ist das Interesse am Spiel gegen den
       Weltmeister enorm. Denn Aserbaidschan wächst eine vielversprechende
       Spielergeneration heran. Zum ersten Mal spielt eine Mannschaft aus
       Aserbaidschan in der Champions League. Die Erfolge des FC Karabach haben
       die Fußballleidenschaft im Land neu angefacht.
       
       Wenn der aserbaidschanische Fußball in der Vergangenheit für Aufsehen
       gesorgt hat, dann meist mit negativen Schlagzeilen. Da ist zum Beispiel der
       Aufsehen erregende Mord an Rasim Alijew, einem Journalisten und Fotografen.
       Der wurde von einer Gruppe Männer krankenhausreif geschlagen und ist kurz
       darauf seinen Verletzungen erlegen. Vorausgegangen war der Tat eine
       Auseinandersetzung in den sozialen Medien, in der Alijew das provozierende
       Verhalten des Nationalspielers Javid Hüseynow kritisiert hat.
       
       Der Kapitän des FC Qäbälä hatte im August 2015 seinen Klub mit einem
       verwandelten Elfmeter in die nächste Runde der Europa League geschossen.
       Nach dem Abpfiff schwenkte er die türkischen Flagge vor der Kurve der Fans
       aus Zypern. Die Auseinandersetzung der beiden sollte bei einem Treffen
       beendet werden. Die Verabredung endete für Alijew tödlich.
       
       Und während die unmittelbar an der Tat beteiligten Männer, darunter ein
       Cousin von Hüseynow zu Gefängnisstrafen von neun bis 13 Jahren verurteilt
       worden sind, wurde der Nationalspieler nach kurzer Haft wieder
       freigelassen.
       
       ## Frauen überfahren wegen einer Machogeste
       
       Nicht minder Aufsehen erregend ist der Fall des Aras Abdulajew vom
       Hauptstadtklub FCC Neftschi. Der jüngste Spieler, der je für Aserbaidschan
       aufgelaufen ist, raste mit seinem Sportwagen durch Baku und hat dabei zwei
       Frauen angefahren. Eine der beiden Straßenreinigungskräfte wurde dabei
       schwer verletzt, die andere kam ums Leben. Das soll bei einer Art
       Wettrennen passiert sein, bei der Abdulajew einer Frau zeigen wollte, wie
       schnell sein Wagen ist. In Aserbaidschan konnte sich niemand vorstellen,
       dass diese beiden Nationalspieler wegen ihrer Vergehen tatsächlich ins
       Gefängnis müssen.
       
       Aras Abdulajew hatte einen mächtigen Fürsprecher, auf den er sich verlassen
       konnte. Rownag Abdulajew, der Chef des aserbaidschanischen Fußballverbands
       und Vorstandschef des mächtigen Ölimperiums Socar, das als Uefa-Sponsor bei
       allen großen Turnieren allgegenwärtig ist. Schnell erhielten die
       Angehörigen der Unfallopfer das so genannte „Blutgeld“. So werden in
       Aserbaidschan Zahlungen genannt, mit denen verhindert werden soll, dass
       Opfer von Verbrechen vor Gericht ziehen.
       
       ## Fußballerfolge als Imagepflege für Politiker
       
       Auch im Fall von Javid Hüseynow ist es kein Zufall, dass es zu keiner
       Gefängnisstrafe gekommen ist. Er spielt beim FC Qäbälä, einem Klub, der
       sich im Besitz der Gillan Holding befindet, einem Finanzgiganten, in dem
       Kemaleddin Heydarow das Sagen hat, der Minister für Katastrophenschutz und
       einer der einflussreichsten Menschen im Land. In beiden Fällen profitierten
       Fußballer wegen ihres Status' als Sportprofis von der Fürsprache mächtiger
       Oligarchen.
       
       Erfolgreiche Sportler werden im Land von Staatspräsident Ilham Alijew
       regelrecht hofiert. So wurde die Mannschaft des FC Karabach nach erfolgter
       Qualifikation für die Champions League von Alijew feierlich empfangen. Die
       Erfolge tragen zur Imagepflege für die Mächtigen des Landes bei. Die
       Menschenrechtslage im Land ist oft genug Grund zur Kritik in vielen
       europäischen Ländern. Sport bietet eine optimale Bühne, um davon
       abzulenken. Das funktioniert nur allzu oft.
       
       Der Eurovision Song Contest, der 2012 in Baku ausgetragen wurde, hat in
       diesem Sinne Vorbildcharakter für all die großen Sportereignisse, die in
       den letzten Jahren in dem rohstoffreichen Land am kaspischen Meer
       stattgefunden haben. Die Europaspiele, die 2015 mit Pomp und Protz
       durchgeführt worden sind und für die das Land zwischen 1 und 3 Milliarden
       Dollar ausgegeben haben soll, waren in dieser Hinsicht ein ähnlicher
       Erfolg, obwohl die führenden Vertreter westeuropäischer Länder der
       Eröffnungsfeier ferngeblieben waren.
       
       Als Gastgeber von Sportgroßereignissen ist das Land gefragt. Soeben war die
       Volleyball-EM der Frauen zu Gast. Drei Spiele der Fußball-EM 2010 werden in
       Aserbaidschan stattfinden genauso wie das Europa-League-Finale 2019.
       Aserbaidschanische Kicker werden dabei allerdings wohl nicht mitspielen.
       
       8 Oct 2017
       
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