# taz.de -- Uefa-Verpflichtung bricht Grundrechte: Uefa macht auf Sonnenkönig
       
       > Als einzige Bewerberin widersprach Bremen übergriffigen Uefa-Regularien
       > bei der Auslobung für die Fußball-EM 2024. In Hamburg sieht man das nicht
       > so eng
       
 (IMG) Bild: Sollten nach dem Willen der Uefa eine Bannmeile ums Weserstadion ziehen: Polizisten
       
       Bremen taz | Kein Bock auf Knebelverträge für EM-Kommerz hat Bremen. Die
       Hansestadt hat sich zwar als Standort für die Fußball-Europameisterschaft
       2024 beworben, war aber als einziger von 14 möglichen Standorten nicht
       bereit, eine umfassende Verpflichtungserklärung des europäischen
       Fußballverbandes Uefa zu unterzeichnen. Die Bestimmungen beinhalten die
       Einschränkung des Versammlungsrechts, wirtschaftliche Sonderrechte und
       sogar die Verpflichtung, Gesetze zum Schutz von Uefa-Vermarktungsrechten zu
       erlassen. Hannover und Hamburg haben die Verpflichtungserklärung
       unterschrieben.
       
       „Die Verpflichtungserklärung der Uefa ist bar jeder gültigen Vorstellung
       eines rechtsstaatlichen Staatsaufbaus“, sagt Tim Cordßen, Sprecher der
       Bremer Wirtschaftsbehörde. Man habe sich zwar um die EM bewerben wollen,
       „aber nicht um jeden Preis“. Eine rechtliche Prüfung der
       Uefa-Verpflichtungen habe dazu geführt, dass Bremen nur eine [1][geänderte
       Version der Verpflichtungserklärung] unterschrieb.
       
       In der Erklärung besteht die Uefa darauf, dass wie bei einer
       parlamentarischen Bannmeile rund um das Stadion keine Flugblätter verteilt
       werden dürfen und auch keine „politisch und/oder religiös motivierten
       Demonstrationen“ stattfinden dürfen. Offiziell verlautbarte die Uefa, dass
       sie durch diese Bestimmungen Politik und Fußball nicht vermischen wolle.
       
       Ein vom NDR zitierter Verfassungsrichter nannte diese und andere
       Bestimmungen einen „rechtswidrigen Grundrechtseingriff“. Die
       Rechtsabteilung der Bremer Wirtschaftsbehörde sah das ähnlich und ergänzte
       den entsprechenden Passus im Vertragswerk mit „nur soweit diese Aktivitäten
       im öffentlichen Raum (keine Privatgrundstücke) stattfinden und eine
       Untersagung rechtlich zulässig ist“ – die Justiz sollte also weiter über
       die Versammlungsfreiheit entscheiden.
       
       Noch weitreichender sind die Uefa-Forderungen nach einem
       „Rechtsvollzugsausschuss“, eines behördenübergreifenden Gremiums, das
       Uefa-Markenrechte durchsetzen soll. In den Bestimmungen heißt es: „Wenn die
       Uefa die relevante lokale Gesetzgebung als unzureichend erachtet, müssen
       die relevanten Behörden zusätzliche Vorschriften, Dekrete, Verordnungen,
       Anweisungen einführen.“
       
       Bremen strich die Passage und ergänzte, dass „Gerichte und
       Staatsanwaltschaft wegen ihrer Unabhängigkeit/Neutralität nicht zur
       Teilnahme verpflichtet sind“.
       
       Das Bremer Weserstadion ist mit 42.358 Plätzen ohnehin kleiner als die
       meisten Mitbewerber und wurde letztlich auch wegen mangelnder Kapazität als
       Austragungsort abgelehnt. Zudem liegt es mitten in der Stadt, umgeben von
       privaten Wohnungen, Häusern und Gärten – eine Umsetzung der Richtlinie wäre
       in einem hohen Maß mit den Rechten der lokalen Gastronomie kollidiert.
       Cordßen nennt die Vorschriften einen „unverhältnismäßigen Eingriff in die
       Existenz gastronomischer Betriebe“.
       
       Andere Städte, darunter Hannover, haben die Uefa-Verpflichtungserklärung
       unterschrieben und ziehen sich nun darauf zurück, im Rahmen der Bewerbung
       garantiert zu haben, sich öffentlich nicht zur Bewerbung zu äußern. In
       Bremen widerspräche ein ähnliches Verhalten laut Wirtschaftsbehörde dem
       Informationsfreiheitsgesetz.
       
       Der Hamburger Innensenator Andy Grote (SPD), der sich mit der Einschränkung
       von Grundrechten seit G20 ganz gut auskennt, sagte dem NDR zu der
       Verpflichtungserklärung: „Alle Garantieerklärungen und alles, was wir hier
       abgegeben haben, haben wir uns angesehen und wir halten das für machbar.“
       
       Später führte sein Staatsrat Christoph Holstein (SPD) genauer aus, was
       Grote damit gemeint haben könnte: „Die Vorstellung, dass wir deutsches
       Recht brechen, das geht doch gar nicht.“ Die Versammlungsbehörde
       entscheide, ob eine Demonstration stattfindet oder nicht. Im Übrigen habe
       man nach einer möglichen EM-Zusage noch sechs Jahre Zeit auszuhandeln, was
       die Verträge genau bedeuten.
       
       Der Deutsche Fußballbund (DFB) kommentierte: „Es ist verwunderlich, wenn
       jetzt jemand von verfassungswidrigen Vorgaben redet.“ Am Ende werde im
       internationalen Bewerbungsverfahren derjenige ausgewählt, „der die
       Anforderungen der Uefa bestmöglich erfüllt“. Die zusätzlichen gesetzlichen
       Erlasse zum Schutz der Markenrechte müssten natürlich nur erlassen werden,
       wenn das im Rahmen der rechtlichen Vorgaben möglich sei.
       
       21 Sep 2017
       
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