# taz.de -- Grünen-Wahlkampf in Schleswig-Holstein: Die falschen Kandidaten
       
       > In der Kleinstadt Plön herrscht Frust über die politische
       > Gesamtsituation. Die Grünen finden Anklang, aber sie bieten nicht das
       > richtige Personal.
       
 (IMG) Bild: Susanne Elberts Herz schlägt untypisch grün
       
       Plön taz | Susanne Elbert denkt grün, lebt grün, sie wirbt und kandidiert
       für Grün. Nur eines ist die 51-Jährige nicht: typisch grün. Die
       Direktkandidatin im Wahlkreis 6, Plön-Neumünster, saß mal bei der FDP,
       später war sie SPD-Mitglied. Als wissenschaftliche Assistentin hat sie im
       Büro des heutigen schleswig-holsteinischen FDP-Wirtschaftsministers Bernd
       Buchholz gearbeitet. „Der Bernd“, so nennt ihn Elbert, sei einer, der
       wisse, wie man die Menschen erreiche. Einer mit Charisma. Ein Lindner-Typ.
       
       Am Samstagmorgen steht Elbert für die Grünen in der Fußgängerzone im Plöner
       Regen, obwohl sie ja keine Chance hat im Wahlkreis 6. Den wird ziemlich
       sicher die CDU-Kandidatin gewinnen, das sei hier halt so. „Der Robert“ habe
       sie einst überzeugt, sich für die Grünen zu engagieren. Mit seiner Art, den
       Menschen zuzuhören, auf sie einzugehen.
       
       „Der Robert“, das ist Robert Habeck, Schleswig-Holsteins stellvertretender
       Ministerpräsident, zuständig für Energiewende, Landwirtschaft und
       Digitalisierung. Er hat das, was Susanne Elbert derzeit bei den Grünen
       etwas vermisst: ein Gesicht, das für die nachhaltigen Wahlziele der Grünen
       steht. Er könnte das vermitteln, da ist sich Elbert sicher.
       
       ## Grün passt nicht ins Bild
       
       In den Straßen Plöns aber hängen nur die Plakate des bundesweiten
       Spitzenduos. Katrin Göring-Eckardt blickt von einem herab, auf dem anderen
       tut dies Cem Özdemir. Gegen ihn hat Habeck die Urwahl um die
       Spitzenkandidatur knapp verloren, sonst – das ist sicher – würden seine
       Plakate hier hängen. Die beiden vorderen ListenbewerberInnen des Landes
       findet man ebenfalls auf den Pappschildern – nur kennt kaum jemand Luise
       Amtsberg und Konstantin von Notz.
       
       In Plön, mit 8.700 Einwohnern zwischen Lübeck und Kiel gelegen, wirken die
       Plakate der Grünen fehl am Platz. Der Große Plöner See bildet die Kulisse
       für das kleine Städtchen, in dessen Zentrum die Nikolaikirche steht.
       Töpferlädchen, Schmuckhändler, mehrere Cafés, gut besucht von mittelalten
       und älteren Menschen, und drei Apotheken bietet die Einkaufstraße in der
       Innenstadt. Und auch sonst alles, was nett aussieht und dem größeren
       Geldbeutel nicht wehtut. Etwas oberhalb erhebt sich das Plöner Schloss,
       aufgekauft einst vom Brillenhersteller Fielmann. Der Optiker betreibt dort
       seine Akademie. Alles in allem: deutsche Provinz, wie sie schmucker nicht
       geht.
       
       „Entweder Schluss mit Kohle oder Schluss mit Klima“, titeln die Grünen.
       Susanne Elbert, die am Nachmittag zum Haustürwahlkampf aufbricht, soll
       solche Botschaften vermitteln. Sie weiß: „Man überzeugt die Menschen nicht
       an der Tür. Es geht vor allem darum, eigene Klientel zu mobilisieren“. Dass
       Schleswig-Holstein überschaubar ist, beweist schon der erste Haustürbesuch.
       Antje Fernes öffnet. Sie freut sich, dass die Direktkandidatin
       vorbeischaut, gerät ins Plaudern übers Lokale. „Der Ulf Kämpfer kam früher
       immer bei mir vorbei, um Bonbons zu holen. Immer zwei wollte der nehmen“,
       erzählt Fernes. Ulf Kämpfer ist heute Oberbürgermeister in Kiel. Und wie
       findet sie die große Politik? Zufrieden sei sie, auch mit der
       Jamaika-Koalition in Schleswig-Holstein, „der Habeck kriegt meine Stimme,
       den habe ich persönlich kennengelernt, der ist sympathisch.“
       
       An den weiteren Hauseingängen wird klar: So zufrieden wie Frau Fernes sind
       nicht alle. Manche hadern, dass in Plön Angebote für Kinder und
       Jugendliche fehlten, auch Raum für Hunde oder kostenlose Autostellplätze.
       Andere sind mit der Gesamtsituation unzufrieden. Keine Wahl habe man bei
       der Wahl, heißt es. Über „Rosneft und Schröder“ ärgert man sich und
       darüber, dass es keine ehrlichen, der Sache dienlichen PolitikerInnen mehr
       gebe. SPD sei gleich CDU, sowieso vieles mehr Schein als Sein.
       
       ## Gute Absichten grüner Politik
       
       „Nehmen Sie nur mal den Macron, die Lachnummer“, redet sich eine
       Pensionsbesitzerin in Rage. Sie war mal eine echte Linke, zeitweise
       radikal, nah dran an der RAF. Ob sie die Linke wählt, glaubt sie aber
       nicht, auch Wagenknecht sei kein Gysi. „Gute Absichten gibt es in der
       Politik nicht mehr, es geht nur noch um Kohle, um Macht“, echauffiert sie
       sich.
       
       Susanne Elbert hört geduldig zu, mal zehn Minuten, mal zwanzig, wenn nötig
       noch länger. Erst ganz am Schluss, wenn sich der Frust entladen hat, weist
       sie freundlich auf ihre Partei hin. Klimaschutz, E-Mobilität, starkes
       Europa, starke Familien, und so weiter.
       
       Plön und die Region will Elbert lebenswert erhalten, für junge Familien,
       für kleine, mittelständische Unternehmen. Elbert argumentiert schlüssig,
       sie bräuchte die Flyer nicht, auf denen all das, wofür die Grünen stehen,
       erklärt wird. Aber: „Die Grünen sind nicht mehr dran an den Menschen, die
       flammende Überzeugung fehlt“, findet die Pensionsbesitzerin. „Grün trägt
       das Gesamtkonzept nicht nach draußen“, sagt ein anderer.
       
       Doch genau dafür stehe Robert Habeck ja ein, antwortet Elbert dann. Die
       Leute nicken. Ja, der Habeck, den fänden sie sympathisch. Aber die grünen
       Plakate mit den frohen Botschaften fallen ihnen trotzdem nicht auf. Es ist
       eben nicht Robert Habeck, der darauf zu sehen ist – nicht mal in
       Schleswig-Holstein.
       
       13 Sep 2017
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) David Joram
       
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