# taz.de -- Mariannenplatz in Berlin-Kreuzberg: Ehre, wem Ehre gebührt
       
       > Der Linken-Kandidat von Berlin-Kreuzberg möchte den Mariannenplatz nach
       > Rio Reiser benennen. Die Idee ist gut, hat aber ihre Haken.
       
 (IMG) Bild: Ein Platz für Rio Reiser? Ob er das gewollt hätte?
       
       Berlin taz | Die Benennung des Mariannenplatzes in Berlin-Kreuzberg nach
       Prinzessin Marianne von Preußen, Schwägerin des Königspaars Friedrich
       Wilhelm III. und Luise, ist in höchstem Maße unangemessen. Kaum ein Platz
       steht mehr für die links-alternative Tradition des Bezirks. Die Mythen hier
       ranken sich nicht um den preußischen Adel samt seinem Militarismus, sondern
       viel mehr um Straßenschlachten am 1. Mai, [1][Hausbesetzungen] und
       Widerstand gegen die Obrigkeiten.
       
       Es ist also nur konsequent, wenn Pascal Meiser, Friedrichshain-Kreuzbergs
       Direktkandidat der Linken zur Bundestagswahl, für den kommenden Sonntag zu
       einer symbolischen Platzumbenennung einlädt. Gedenken will er damit „einem
       namhaften Rockkünstler der deutschen linken Szene, [2][der am 20. August
       vor 21 Jahren] verstorben ist.“ Die Rest-Spannung, die Meiser durch
       Vermeidung der Namensnennung aufrechtzuerhalten versucht, können wir ihm
       nicht gönnen: Willkommen also auf dem Rio-Reiser-Platz!
       
       Doch Moment, ist das überhaupt eine gute Idee? Unzweifelhaft ist – und wird
       – der Ton Steine Scherben-Sänger mit dem Platz verbunden. Mit dem
       Rauch-Haus-Song, der Hymne auf die Besetzung des angrenzenden früheren
       Bethanien-Krankenhauses im Dezember 1971, setzte Reiser dem Platz ein
       Denkmal. „Der Mariannenplatz ist blau, soviel Bullen waren da“, schallt es
       noch heute auf so vielen linken Demos und Partys. Sollte es zukünftig also
       heißen: Der „Rio Reiser-Platz war blau“? Die Verwirrung der
       Nachwuchs-Autonomen ist vorprogrammiert, die Traditionslinken werden
       aufheulen.
       
       Auch aus Gendergerechtigkeit taugt der Vorschlag kaum: Einen nach einer
       Frau – so rückständig sie auch gewesen sein mag – benannten Platz nun einem
       Mann zu widmen, dürfte vielen gar nicht schmecken. Schon [3][die
       Umbenennung großer Teile der Kochstraße in Rudi-Dutschke-Straße] war ein
       Sakrileg, das nur aufgrund einer Volksabstimmung zustande kam. Seit 2005
       müssen neue Straßen in Friedrichshain-Kreuzberg Frauen im Namen führen.
       Auch für Linke – und Die Linke – wird hier sicher keine Ausnahme gemacht
       werden.
       
       Man könnte jedoch auch die einzige Frau der Ton-Steine-Scherben-Familie
       würdigen, bräuchte dafür jedoch ein extra-langes Straßenschild:
       „Die-Managerin-der-Band-von-Rio-Reiser-Platz“. Immerhin wäre das eine
       Möglichkeit, mit der auch die im Bezirk allmächtigen Grünen sympathisieren
       könnten.
       
       16 Aug 2017
       
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