# taz.de -- Deutsch-türkische Beziehungen: Er kann auch freundlich
       
       > Außenminister Gabriel schreibt an die „lieben türkischen Mitbürger“. Den
       > Konflikt mit der Regierung in Ankara sollen sie nicht persönlich nehmen.
       
 (IMG) Bild: Schlaffe Fähnchen: Um die deutsch-türkischen Beziehungen steht es nicht so gut
       
       Berlin taz | Der Federal Dışişleri Bakanı geht auf die „lieben türkischen
       Mitbürger“ zu: In einem offenen Brief hat sich Bundesaußenminister Sigmar
       Gabriel am Samstag an „unsere Mitbürger mit türkischen Wurzeln in
       Deutschland“ gewandt. In dem Schreiben, das das Außenministerium auf
       Türkisch und auf Deutsch veröffentlichte, rechtfertigt der SPD-Politiker
       die Kurskorrektur in der deutschen Türkeipolitik.
       
       „Wir haben uns für gute Beziehungen zur Türkei immer auch eingesetzt,
       weil wir wissen, dass ein gutes Verhältnis zwischen Deutschland und
       der Türkei für Sie wichtig ist“, schreibt Gabriel. „Jetzt aber werden
       unbescholtene deutsche Staatsbürger ins Gefängnis gesteckt.“ Die
       Bundesregierung könne nicht länger zusehen und müsse ihre Staatsbürger
       schützen.
       
       Allerdings richteten sich die außenpolitischen Maßnahmen, die Gabriel in
       der vergangenen Woche ankündigt hatte – verschärfte Reisehinweise für
       Türkeireisende, Überprüfung von EU-Zahlungen und staatlichen
       Exportkreditversicherungen – nicht gegen Türken und türkeistämmige
       Deutsche. Für die Bundesregierung sei klar: „Sie gehören zu uns – ob mit
       oder ohne deutschen Pass.“
       
       Mit dem Brief versucht das Auswärtige Amt, das den Brief zunächst in der
       Bild-Zeitung veröffentlichte, möglichen Konflikten innerhalb der
       Bundesrepublik zuvorzukommen. Rund drei Millionen türkeistämmige Menschen
       leben in Deutschland; türkische Wähler unter ihnen stimmen
       überdurchschnittlich oft für Erdoğans AKP. Steigen die Spannungen zwischen
       den beiden Regierungen, könnte sich das also auch hierzulande
       niederschlagen. Wegen dieser Gefahr hatte sich die Bundesregierung in ihrer
       Türkeipolitik bisher relativ stark zurückgehalten.
       
       Sie ist wohl auch ein Grund dafür, dass Gabriel für seinen Brief sanfte
       Worte wählte. Der Außenminister, einst selbst mit einer Türkin verheiratet,
       schließt sein Schreiben mit „en içten selamlarımla“ – herzlichen Grüßen
       also. Weder erhebt er Vorwürfe gegen Erdoğan-Wähler, noch fordert er eine
       Distanzierung von der AKP oder ein Bekenntnis zum Rechtsstaat.
       
       ## Wenig Verständnis aus der AKP
       
       Bei vielen deutschen Politikern klang das zuletzt anders. Der
       baden-württembergische Integrationsminister Manfred Lucha (Grüne) etwa
       hatte erst in der vergangenen Woche alle badischen und schwäbischen Türken
       dazu aufgefordert, „jetzt Farbe zu bekennen und sich von Erdoğan zu
       distanzieren“.
       
       Führende Regierungspolitiker äußerten sich am Wochenende dagegen ähnlich
       wie Gabriel. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (SPD) sagte im ZDF, er
       könne sich vorstellen, dass der Schmerz über die Entwicklungen bei den
       Türkeistämmigen „am allergrößten ist“. Die Verfolgung der dortigen
       Opposition aber „können wir nicht hinnehmen“. Kanzleramtschef Peter
       Altmaier (CDU) sagte der Welt: „In der Region ist die Türkei eines der
       demokratischsten Länder. Und damit meine ich gar nicht Herrn Erdoğan,
       sondern das Land und die türkische Gesellschaft insgesamt.“
       
       Wenig Verständnis für Gabriels Brief gab es dagegen aus der AKP. So sagte
       Mustafa Yeneroğlu, türkischer Abgeordneter mit deutschem Pass: „Versuchen
       Sie es über eine ernsthafte Terrorbekämpfung, wenn Sie die Herzen der
       türkischen Mitbürger in Deutschland wirklich ansprechen möchten.“ Damit
       spielte er auf PKK-Mitglieder und vermeintliche Putschisten an, gegen die
       die Bundesregierung aus türkischer Sicht zu wenig unternimmt.
       
       23 Jul 2017
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Tobias Schulze
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Recep Tayyip Erdoğan
 (DIR) Schwerpunkt Türkei
 (DIR) Türkei
 (DIR) Sigmar Gabriel
 (DIR) Rote Armee
 (DIR) Schwerpunkt Türkei
 (DIR) Schwerpunkt Türkei
 (DIR) Schwerpunkt Türkei
 (DIR) Schwerpunkt Türkei
 (DIR) Schwerpunkt Türkei
 (DIR) Schwerpunkt Türkei
 (DIR) Schwerpunkt Türkei
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) „Landshut“-Maschine kommt ins Museum: Millionen für ein Schrottflugzeug
       
       Sigmar Gabriel macht Geld locker für die Pflege einer bundesdeutschen
       Legende. Das Flugzeug stehe symbolisch für die wehrhafte Demokratie.
       
 (DIR) Verdächtige Unternehmen: Türkei zieht Terrorliste zurück
       
       Ankara hat Unternehmen wie BASF und Daimler mit Terrorismus in Verbindung
       gebracht. Nun heißt es, es habe sich um ein „Kommunikationsproblem“
       gehandelt.
       
 (DIR) Kommentar Brief an die Deutschtürken: In guten wie in schlechten Zeiten
       
       Außenminister Sigmar Gabriel wendet sich an die türkischstämmigen
       Deutschen. Das zeugt nicht von staatsbürgerlicher Gleichheit.
       
 (DIR) Türkische Satire: Mit Humor gegen die Repression
       
       Schon in den 80er Jahren waren Karikaturen ein beliebtes Mittel der Kritik
       in der Türkei. Inzwischen gibt es wieder Anlass für bissigen Humor.
       
 (DIR) Kolumne Macht: Meiden Sie alles, was Spaß macht
       
       Die Reisehinweise des Auswärtigen Amts sind längst zu einem schlechten Witz
       verkommen. Findet Erdoğan ganz sicher auch.
       
 (DIR) Deutsch-türkische Spannungen: Werden Exportgarantien gestoppt?
       
       Die Bundesregierung wird offenbar keine Exportgarantien mehr erteilen.
       Schon nächste Woche könnte es soweit sein.
       
 (DIR) Kommentar Verhaftungen in der Türkei: Warum erst jetzt?
       
       Endlich ist Schluss mit Appeasement. Allerdings erst, seit ein
       Menschenrechtsaktivist in Haft kam, der bisher kaum mit der Türkei zu tun
       hatte.
       
 (DIR) Türkeipolitik und Türkeistämmige: Deutsch-türkische Spannungen
       
       Türkeistämmige sollten nicht für türkische Politik verantwortlich gemacht
       werden, sagen türkische Organisationen. Kirche fordert Freilassung des
       inhaftierten Berliners.