# taz.de -- Verheerende Lage in Mossul: In Häuser gesperrt und Türen vermint
       
       > Mossul ist vom „Islamischen Staat“ befreit. Aber die Verhältnisse in der
       > irakischen Stadt bleiben fürchterlich, berichtet Ärzte ohne Grenzen.
       
 (IMG) Bild: Der Kampf um Mossul (Archivbild vom 11. Juli)
       
       Berlin taz | Zerstörte Häuser, weder Wasser noch Strom und Leichen, die nur
       nach und nach geborgen werden, gehören zum Bild der vom „Islamischen Staat“
       befreiten nordirakischen Stadt Mossul. Stephanie Remion, die Koordinatorin
       der Nothilfe von Ärzte ohne Grenzen, sorgt sich vor allem um verwaiste
       Kinder und Jugendliche.
       
       „Die Leute suchen nach Familienangehörigen“, sagt Remion auf telefonische
       Anfrage. Nahrungsmittel seien zwar erhältlich, „aber nur für die, die sie
       bezahlen können“. Die Armut sei unvorstellbar, und die meisten Menschen
       wüssten nicht, wohin sie gehen sollten, deshalb zögen sie es vor, in den
       Flüchtlingslagern zu bleiben.
       
       Trotz der katastrophalen Zustände in der über acht Monate schwer umkämpften
       Stadt „sehen wir schon ein bisschen mehr Leben, mehr Autos und mehr
       Menschen auf den Straßen“, sagt Remion. Bis Ende letzter Woche habe man
       noch Luftangriffe beobachten können und „Rauch in der Altstadt aufsteigen“
       sehen.
       
       Bei der Mehrheit der Patienten, die das Team von Ärzte ohne Grenzen in
       West-Mossul behandelt, handelte es sich um Frauen und Kinder. „Wir sehen
       Patienten mit Kriegsverletzungen, Wunden, die von Granatsplittern
       verursacht wurden, Schusswunden und Verbrennungen, die durch
       Sprengstoffexplosionen verursacht wurden, und schwerer Unterernährung.“
       
       ## Es fehlt an allem
       
       In weniger als drei Wochen seien „mehr als 550 neue Patienten“ in das
       Krankenhaus gekommen, berichtet Remion. „Uns fehlt es an Gebäuden zur
       Aufnahme der Verletzten, an Betten, Personal und medizinischer Ausrüstung.“
       
       Die Ärzte ohne Grenzen konzentrierten sich bei ihrer Arbeit vor allem auf
       lebensrettende Maßnahmen, wobei Remion auch auf die seelische und
       psychische Verletzung hinweist, die viele Zivilisten in der Stadt erlitten
       haben. Gerade zur Behandlung psychologischer Traumata mangelte es an
       entsprechenden Möglichkeiten.
       
       Laut UN-Angaben sind hunderte Menschen bei dem Versuch, aus den Kampfzonen
       zu flüchten, von der Dschihadistenmiliz ermordet worden. Der IS soll die
       Zivilisten auch als menschliche Schutzschilder missbraucht haben. Ein
       irakischer Kommandant berichtete gegenüber Reportern davon, wie IS-Milizen
       auch Frauen zuerst in Häuser gesperrt hätten und anschließend die Türen
       verminten.
       
       ## IS-Kämpfer mutmaßlich gefoltert und getötet
       
       Laut Amnesty International sollen sich jedoch auch irakische Soldaten
       schwerer Kriegsverbrechen schuldig gemacht haben. Laut Bericht der
       Menschenrechtsorganisation hätten irakische Streitkräfte und die von den
       Amerikanern geführten Koalitionstruppen Waffen eingesetzt, „die in
       bevölkerungsreichen Gegenden niemals eingesetzt werden dürfen“.
       
       Das irakische Innenministerium räumte ein mögliches Fehlverhalten von
       Armeevertretern durchaus ein. Laut einem Sprecher seien bereits
       Untersuchungen eingeleitet und einige Soldaten suspendiert worden.
       Armeemitgliedern wird auch vorgeworfen, mutmaßliche Kämpfer der
       Dschihadistenmiliz IS gefoltert und getötet zu haben.
       
       18 Jul 2017
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Susanne Knaul
       
       ## TAGS
       
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