# taz.de -- Die Wahrheit: Angriff der Killerfliegen
       
       > Mitten in einer reichen schottischen Kommune kommt es zu einer
       > Ekelattacke der besonderen Art. Die ist nur mit dampfender Zigarre zu
       > ertragen.
       
       Klassenkampf mit Fliegen – in Schottland gehen die Linken offenbar neue
       Wege. Newton Mearns liegt rund zehn Kilometer südwestlich von Glasgow. Der
       Name bedeutet: „Die neue Stadt des Truchsesses.“ Früher gab es dort eine
       Fabrik für Färbemittel, aber die ist schon lange stillgelegt. Heutzutage
       leben vor allem Pendler in Newton Mearns, einem der reichsten Orte
       Schottlands.
       
       Diese Pendler werden nun von riesigen Fliegenschwärmen heimgesucht.
       Unbekannte haben nämlich auf dem alten Fabrikgelände bei Nacht und Nebel
       tonnenweise Flüssigkeiten abgekippt – Leckerbissen für die Fliegen. Die
       Bewohner müssen nun die Fenster und Türen ihrer Luxusvillen geschlossen
       halten. Falls sie doch mal vor die Tür wollen, sollen sie sich vorher eine
       Zigarre anstecken. Außerdem hat ihnen die Behörde geraten, ihre Zahnbürsten
       vor den Fliegen zu verstecken.
       
       Die schottische Umweltbehörde hat dazu aufgerufen, die Leute, die das
       Fliegenfutter in ungekennzeichneten Lastwagen herangekarrt haben, anonym zu
       verpetzen. Schlauer wäre es, sich vom Bristol Robotics Laboratory einen
       Ökoroboter zu besorgen. Der hat nämlich keine Batterien, sondern ernährt
       sich von Fliegen, die mit Hilfe von Enzymen in Brennstoff umgewandelt
       werden. Um die Fliegen anzulocken, schmiert man den Roboter mit Exkrementen
       ein.
       
       Billiger wäre wohl eine Herde Singvögel, doch die könnten dem Luchs zum
       Opfer fallen. Der ist zwar vor 1.300 Jahren in Schottland ausgestorben,
       aber die britische Luchsstiftung möchte ihn wieder ansiedeln. Das passt dem
       Nationalen Schafverband nicht. Der heißt tatsächlich so, obwohl es sich
       vermutlich um eine Organisation von Schäfern handelt und nicht von Schafen.
       
       Jedenfalls frohlocken beide, dass der bevorstehende Brexit die Pläne der
       Luchsliebhaber vereiteln wird. Dafür müsste nämlich das Gesetz über
       gemeingefährliche wilde Tiere geändert werden. Sonst wäre es ein
       Verbrechen, solch ein Vieh ohne Genehmigung freizulassen. Bauern dürften
       nach der jetzigen Gesetzeslage einen Luchs erschießen, wenn er sich einem
       Schaf in zweideutiger Absicht nähert.
       
       Für den Luchs haben die Abgeordneten aber keine Zeit, weil sie sich mit dem
       Wust von Gesetzesänderungen wegen des Brexits beschäftigen müssen. Ist der
       Luchs etwa an der knappen Entscheidung für den Austritt aus der EU schuld,
       weil Schafe und Schäfer voriges Jahr dafür gestimmt haben? Was aber, wenn
       sich die Luchsliebhaber durchsetzen und das Tier im Kielder Forest
       ansiedeln, der als idealer Lebensraum identifiziert wurde? Der Forest liegt
       direkt an der Grenze zu Schottland. Könnte man den Hadrianswall wieder in
       voller Höhe aufbauen?
       
       Vielleicht ist ein Kompromiss möglich: Man könnte die Luchse mit
       Exkrementen einschmieren, bevor man sie in Newton Mearns freilässt. Die
       Schafe würden sie dann frühzeitig bemerken, während sich die Fliegen
       fröhlich auf sie stürzen würden. Damit hätte man viele Fliegen mit einer
       Klappe geschlagen.
       
       17 Jul 2017
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ralf Sotscheck
       
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