# taz.de -- Film „Spider-Man Homecoming“: Finde heraus, was du kannst
       
       > Das Erwachsenwerden eines Superhelden geht nicht ohne viel Technik im
       > Anzug: Jon Watts schlägt in seinem Film neue Wege ein.
       
 (IMG) Bild: Jung sein hat auch Vorteile: Spider-Man hat Zeit zum Chillen
       
       Eines ist unausweichlich, wenn Peter Parker als der Superheld Spider-Man
       ernst genommen werden will: ein neuer Anzug. Der Anzug, den ihm seine Tante
       genäht hat, ist dann doch etwas untertechnologisiert. Auch für Superhelden
       ist es in solch einer Situation kein Nachteil, reiche Freunde zu haben, die
       im richtigen Moment einen Koffer mit einem neuen Anzug im Hotelzimmer
       deponieren. Andererseits: Ein neues Outfit schreit danach, zünftig
       eingeweiht zu werden, mit einem ordentlichen Rums.
       
       Stattdessen zeigt uns Jon Watts in „Spider-Man: Homecoming“, dass das
       Superheldsein zwischen den Missionen ziemlich öde sein kann. Ein paar
       Spinnennetze auf Fahrraddiebe hier, ein bisschen Rumgehüpfe über die Dächer
       von New York dort und dazwischen endlose Ruhepausen auf einem Balkon, eine
       Tüte Chips in den Händen. Fast schon erlösend, als endlich ein paar Knilche
       mit Alienwummen auftauchen, einen Bankautomaten aus der Wand fräsen und bei
       Peter Parkers Versuch, sie zu stoppen, eine ganze Hausecke in die Luft
       blasen.
       
       Die Waffen gehen zurück auf eine Gruppe von kriminellen Bastlern rund um
       den ehemaligen Bauunternehmer Adrian Toomes (Michael Keaton nach „The
       Founder“ erneut überragend als Selfmademan). Die Gruppe klaut Material, das
       nach einem Angriff von Außerirdischen auf New York auf der Erde
       zurückgeblieben ist, kombiniert es mit menschlicher Technik und baut daraus
       Waffen mit erheblicher Zerstörungskraft.
       
       Für seine Raubzüge verwendet Toomes einen Anzug mit Flügeln – weshalb er
       sich den Beinamen The Vulture gegeben hat. Mit unzähligen Anrufen versucht
       Peter Parker seinen Mentor Tony Stark (wie immer schnöselig, egoman
       gespielt von Robert Downey jr.) auf die Gruppe aufmerksam zu machen.
       
       ## Verjüngtes Marvel mit neuen Rollenmustern
       
       „Spider-Man: Homecoming“ hat eine interessante Grundkonstellation für einen
       Superheldenfilm: Während die beiden Antagonisten, Tony Stark und Adrian
       Toomes, erst durch ihre rüstungsartigen Anzüge zu Superhelden werden, ist
       Peter Parker trotz seiner Superkräfte vollauf damit beschäftigt, die
       Fähigkeiten herauszufinden, die ihm sein neuer Anzug bietet. Watts
       kombiniert das Coming-of-Age-Motiv mit einer technischen Reifeprüfung.
       Beides zielt nicht zuletzt auf Jugendliche als potenzielle Kinogänger ab.
       
       Bei den hauseigenen Comics hat Marvel schon eine ganze Weile jugendliche
       Superheldinnen und Superhelden im Angebot. „Spider-Man: Homecoming“
       integriert dieses Konzept nun in Filme des Kinouniversums.
       
       Dass sich die Identitätskonzepte in Marvelcomics analog zur
       Leserinnenschaft verschoben haben, wurde anlässlich der neuen Captain
       Marvel Kamala Khan, einer jungen pakistanischstämmigen Muslima, viel
       diskutiert. Diese Neuinterpretation scheint Marvel zu weitgehend für das
       Filmgeschäft: Im geplanten Film wird Captain Marvel von der Weißen Brie
       Larson gespielt.
       
       Doch ein Element, das viele der gegenwärtigen Comicreihen prägt, die Marvel
       auf Jugendliche ausrichtet, findet sich in „Spider-Man: Homecoming“: der
       weibliche Nerd. Zwei von Peters Mitschülerinnen werden hervorgehoben: die
       normiert schöne Liz Allan und die nerdige Michelle. Die Gewichtung der
       beiden zeigt sich in der Besetzung – während Liz Allan vom Fernsehstarlet
       Laura Harrier verkörpert wird, ist Michelle mit dem Disney-Teenie-Star
       Zendaya Coleman deutlich prominenter besetzt.
       
       ## Spider-Man endlich zuhause
       
       Die Produktionsumstände von „Spider-Man: Homecoming“ sind in mehrfacher
       Hinsicht bemerkenswert: Die Rechte an Spider-Man hatte Marvel 1999 an Sony
       verkauft. Daher hat Marvel den Film letztlich als selbst initiierte
       Auftragsproduktion für Sony produziert.
       
       Als Produzentin für Sony firmierte Amy Pascal, langjährige Kovorsitzende
       von Sony Pictures. Pascal wurde Ende 2014 in der Folge des Hackerangriffs
       auf Sony, bei dem Kommunikationsdaten des Konzerns gestohlen wurden,
       geschasst und gründete im Jahr darauf eine eigene Produktionsfirma. Auf
       Pascals Firma scheinen nun einige der Titel aus der Partnerschaft zwischen
       Sony und Marvel als warmer Geldregen herabzuregnen.
       
       Jon Watts’ erneute Annäherung an Spider-Man bringt frischen Wind in das
       zunehmend muffige und berechenbare Kinouniversum von Marvel. Nur einmal
       bricht die Idiotie der Förderlogiken in den Film ein: in einer kurzen,
       nutzlosen Szene in Berlin zu Beginn des Films. Deren einziger Sinn dürfte
       das Abgreifen deutscher Fördergelder gewesen sein. Sinnloser kann man
       dieses Geld nicht anlegen.
       
       Doch jenseits dieses Ausrutschers ist „Spider-Man: Homecoming“ ein
       vergnüglicher Film geworden, durch den ein wenig der Geist der
       Highschool-Komödien der 1980er Jahre weht. Kein schlechter Wind.
       
       13 Jul 2017
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Fabian Tietke
       
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