# taz.de -- Fotografin über Körper und Schöhnheit: „Es ist mein Po, also zeige ich ihn“
       
       > Die Fotografin Eylül Aslan hat Männer über Tinder getroffen, um ihre
       > Körperteile zu fotografieren. Ein Gespräch über Nippel und Freiheit.
       
 (IMG) Bild: Aus dem Buch „Trompe L'Oeil“
       
       Beine, Hals, Brustwarzen – jede Person hat ein Körperteil an sich, das sie
       besonders hässlich findet. Oder besonders schön. Die Fotografin Eylül Aslan
       traf zwanzig Männer über die Dating-App Tinder, um sie nach ihren liebsten
       und unliebsten Körperpartien zu befragen und eben diese anschließend zu
       fotografieren. Die Ergebnisse sind in ihrem Buch „Trompe L’Oeil“ zu sehen.
       Wir sprachen mit der 27-jährigen gebürtigen Istanbulerin, die seit 2013 in
       Berlin lebt, über Schönheitsideale und Tabus in der türkischen
       Gesellschaft.
       
       ## taz: Frau Aslan, Sie haben zwanzig Männer über Tinder getroffen, um sie
       zu fotografieren. Wie konnten Sie die Blind Dates überzeugen, mitzumachen?
       
       Eylül Aslan: Ich hatte folgende Profilbeschreibung: “Hallo, ich bin Eylül.
       Ich suche Leute für mein Kunstprojekt. Wenn du interessiert bist wische
       nach rechts, wenn nicht, dann nicht, weil ich nicht hier bin um zu daten.“
       
       ## Das heißt, Sie haben ihr Projekt von Anfang an offen kommuniziert?
       
       Ja, aber ich konnte eigentlich nicht viel Inhaltliches über das Projekt
       sagen. In welche Richtung es geht, wurde erst klar, während ich daran
       arbeitete. Einige Männer waren natürlich skeptisch, andere wiederum sehr
       offen. Aber was ich merkte, war, dass auch ich mich verletzlicher machen
       musste, damit es funktioniert.
       
       ## Wie haben Sie das gemacht?
       
       Ich habe die Männer getroffen und sie gefragt, was sie an sich mögen und
       was nicht, und dasselbe habe ich sie dann über mich gefragt. Manche haben
       gesagt, dass sie meinen Körper angezogen ja gar nicht sehen können, also
       habe ich mich einmal im Kreis gedreht. Ausgezogen habe ich mich nicht, aber
       es war schon komisch.
       
       ## Die Fotografien erscheinen nun als Buch. Wie kamen Sie auf den Titel
       „Trompe L’Oeil“?
       
       „Trompe L’Oeil“ bedeutet auf französisch die Täuschung des Auges. Mir kam
       die Idee, als ich durch die Profile auf Tinder scrollte. Die Leute
       inszenieren auf den dortigen Bildern Körperteile, die sie besonders schön
       finden. Zum Beispiel dieser Typ mit den schönen Armen. Er hat sich auf dem
       Bild nach etwas gestreckt, sodass man seine Muskeln sehen konnte. Und dann
       triffst du ihn und stellst fest, dass seine Arme eigentlich ziemlich dünn
       sind.
       
       So können wir durch Bilder getäuscht werden. Andererseits gehört das dazu:
       Auf Tinder entscheidest du innerhalb von Millisekunden, ob du jemanden
       attraktiv findest oder nicht.
       
       ## Verändern Tinder und soziale Medien unser Schönheitsideal?
       
       Das Ding ist, dass einheitliche Schönheitsideale immer exponiert wurden.
       Zum Beispiel ist dieser ganze Kim-Kardashian-Look sehr beliebt bei
       arabischen Mädchen. Sie sind wie kleine Kopien, und das liegt auch, aber
       nicht nur an Social Media. Doch natürlich beeinflusst es uns, dass wir über
       das Internet immer Zugriff auf Bilder haben, die zeigen, was „schön“ ist.
       Das ist sehr manipulativ.
       
       Dabei gibt es keine Richtlinien, wenn es um Schönheit oder Hässlichkeit
       geht. Ich habe zwanzig Männer getroffen und habe sie alle gefragt, was sie
       an mir mögen und was nicht, und es war verrückt herauszufinden, dass jeder
       eine andere Meinung hatte.
       
       ## Wie hat das Projekt die Beziehung zu Ihrem eigenen Körper verändert?
       
       Es war überraschend heraus zu finden, dass manche Männer die Körperpartien
       an mir, die ich selbst nicht mag, entweder gar nicht erst bemerkten, oder
       sogar schön fanden. Ich habe gelernt, entspannter zu sein. Auch Leute, die
       super selbstbewusst auf ihren Bildern aussahen, konnten mir im persönlichen
       Gespräch kein einziges Körperteil an sich nennen, das sie mochten.
       
       ## Wäre dieses Projekt auch in der Türkei denkbar gewesen?
       
       Fremde Männer auf Tinder treffen, um sie zu fotografieren? Ich bin doch
       nicht verrückt! Dort herrscht ein ganz anderer Umgang mit Frauen.
       
       ## Aber Sie haben mit der Nacktfotografie in der Türkei angefangen, oder?
       
       Ich habe nie wirklich Nackfotografie gemacht. Ich denke, mein Stil ist eher
       mysteriös. Ich finde es sexier, nur den Ansatz einer Brust zu sehen, als
       die Ganze. Ich habe auch viel mit meinem eigenen Körper experimentiert. In
       meinen Fotografien sieht man selten Gesichter, es geht darum anonym zu
       bleiben. Hätte ich halbnackte Bilder von mir mit Gesicht aufgenommen, hätte
       das viel Ärger bedeutet.
       
       ## Halbnackte Fotografin in Berlin? Klingt nicht nach Ärger.
       
       Stimmt, hier bin ich eher konservativ.
       
       ## Rechnen Sie mit Kritik aus der Türkei?
       
       Ich zeige meine Brust und meinen Po im Buch und dachte erst: Wenn mein
       Vater das sieht, bin ich tot. Aber ich meine, es ist mein Körper, also muss
       mein Vater einfach lernen damit umzugehen, dass seine Tochter ihren Po
       zeigen will. Ich habe mit der Fotografie angefangen, weil ich mich in
       meiner Kultur so eingeschlossen fühlte und weil es ein ständiger Kampf war,
       in der Türkei als Frau aufzuwachsen.
       
       Über Sexualität zu reden war immer tabu, und ist ein großes Problem, denn
       ich bin als Person sehr sexuell. Um dieses Buch zu drucken, habe ich meine
       ganzen Ersparnisse auf den Kopf gehauen. Also dachte ich mir, ich werde da
       jetzt einfach meinen Nippel rein machen.
       
       ## Wird das Buch auch in der Türkei verkauft werden?
       
       Ich will ehrlich gesagt nicht, dass es dort verkauft wird. Einmal wegen
       meinem Vater und zum anderen, denke ich, dass die Türkei noch nicht bereit
       ist, für das ist was ich mache. Aber wer will, kann es online kaufen.
       
       27 Jun 2017
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Verena Niepel
 (DIR) Sophia Flores
       
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