# taz.de -- Demoverbot zum G-20-Gipfel: Grundrecht großflächig außer Kraft gesetzt
       
       > Hamburgs Polizei erklärt zum G-20-Gipfel 38 Quadratkilometer Stadtgebiet
       > für zwei Tage zur Demo-freien Zone. G-20-Gegner wollen dagegen klagen.
       
 (IMG) Bild: Nur die Messehallen in Hamburg zu beschützen, reicht der Polizei beim G-20-Gipfel nicht.
       
       HAMBURG taz | In Hamburg soll das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit
       während des G-20-Gipfels für zwei Tage in weiten Teilen der Stadt außer
       Kraft gesetzt werden. In einer vom Hamburgs Polizeipräsidenten Ralf Meyer
       erlassenen „Versammlungsrechtlichen Allgemeinverfügung“ soll ab dem 7. Juli
       um sechs Uhr morgens bis zum 8. Juli um 20 Uhr eine
       Demonstrationsverbotszone gelten.
       
       Die 38 Quadratkilometer große Zone erstreckt sich vom Hamburger
       Hauptbahnhof und der Innenstadt westlich bis zu den Stadtteilen rund um das
       G-20-Tagungszentrum in den Messehallen, erfasst die Regionen rund um die
       Außenalster, wo sich eine Vielzahl der Hotels der Regierungsdelegationen
       befinden, und geht bis nördlich zum Flughafen, auf dem die meisten
       Präsidenten-Delegationen eintreffen werden. Ein Demoverbot herrscht am 7.
       Juli auch rund um die Elbphilharmonie.
       
       Damit sind alle Versprechungen des rot-grünen Senats, dass während des
       G-20-Gipfels das Demonstrationsrecht weitgehend unangetastet bleibe und
       Protest in Hör- und Sichtweite des Tagungsorts möglich sein werde,
       hinfällig. „Wir sind uns im Senat einig: Es wird keine
       Demonstrationsverbotszone geben“, hatte Hamburgs Justizsenator Till Steffen
       (Grüne) noch Ende April beteuert. Noch vor wenigen Tagen prognostizierte
       Innensenator Andy Grote (SPD) angesichts der Vielzahl der G-20-Proteste
       ein „Festival der Demokratie“.
       
       Unwahrscheinlich, dass der Chef der Innenbehörde von der Vorbereitung der
       66-seitigen Demonstrationsverbotsverfügung nichts wusste, mit der die
       Polizei ja bereits im April bei den ersten Kooperationsgesprächen mit den
       Organisatoren der Großdemonstration des Bündnisses „Grenzenlose Solidarität
       statt G 20“ am 8. Juli kokettierte.
       
       Meyer und Grote begründen die Demoverbotszone nun mit der Notwendigkeit
       eines „Transferkorridors“, der die sichere An- und Abreise der Staats- und
       Regierungschefs zu ihren Hotels und Tagungsstätten sichern solle. „Sonst
       kann ich die Sicherheit nicht gewährleisten“, sagt Grote. Bis zu 35
       Delegationen in Kolonnen mit bis zu 40 Fahrzeugen müssten mehrfach durch
       die Stadt gelotst werden. Diese dürften nicht zum Stehen kommen, da es
       sonst zu unkalkulierbaren Reaktionen der Personenschützer kommen könnte.
       
       Während CDU und die AfD das größte Demoverbot, das es je in einer deutschen
       Großstadt gegeben hat, begrüßen, bezeichnen die mit-regierenden Grünen die
       Grundrechtseinschränkung zwar als „bitter“, aber vertretbar, so die
       Innenpolitikerin Antje Möller: „Diese Einschränkungen sind aus unserer
       Sicht nachvollziehbar.“
       
       Die Linkspartei sieht hingegen in den Notstandsmaßnahmen ein „Desaster der
       Demokratie“, wie die innenpolitische Sprecherin Christiane Schneider sich
       ausdrückte. „Durchgesetzt hat sich die polizeiliche Logik, zentrale Grund-
       und Freiheitsrechte absoluten Sicherheitsinteressen der Gipfelteilnehmer
       unterzuordnen“, kritisiert sie. „Der Entscheidung von Bürgermeister Olaf
       Scholz, den Gipfel nach Hamburg zu holen, folgt jetzt die Ankündigung eines
       polizeilichen Ausnahmezustandes.“
       
       Das Bündnis gegen den G 20 hat Klage gegen die Allgemeinverfügung sowie die
       „demokratie- und grundrechtsfreien Zonen“ angekündigt.
       
       Der ehemalige Hamburger CDU-Bürgerschaftsabgeordnete und
       Verfassungsrechtler Ulrich Karpen sieht gute Chancen für die Kläger. „Die
       Verbotszone ist viel zu groß und nicht begründbar“, sagte er der taz. Die
       Zufahrtswege zum Flughafen oder zum Gästehaus des Senats, in dem
       US-Präsident Donald Trump übernachten soll, müssten natürlich gesichert
       werden, „alles andere schießt über das Ziel hinaus“. Karpen verweist auf
       ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts beim G-8-Gipfel in Heiligendamm
       vor genau zehn Jahren. „Da wollte die Polizei das Versammlungsrecht auch in
       halb Rostock einschränken.“ Rechtswidrig, fanden die Verfassungsrichter –
       und hoben die Verfügung wieder auf.
       
       13 Jun 2017
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Kai von Appen
       
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