# taz.de -- Hamburger SV und sein Sponsor: Herrn Kühnes Fußballverein
       
       > Der HSV hat sich in eine bizarre Abhängigkeit von seinem Sponsor begeben.
       > Wenn der Klassenerhalt nicht gelingt, droht mehr als nur Zweite Liga.
       
 (IMG) Bild: Besuch auf dem Latifundium
       
       Hamburg taz | Welcher Liga der Hamburger SV künftig angehört, ist zwei
       Spieltage vor Saisonende noch unklar. Die Mannschaft steht auf dem
       Relegationsplatz, es droht die dritte Teilnahme an den Entscheidungsspielen
       in vier Jahren. Auch der direkte Abstieg ist noch möglich, genau wie der
       direkte Klassenerhalt. Die Partien bei Schalke 04 an diesem Samstag und am
       letzten Spieltag gegen den VfL Wolfsburg sind entscheidend für die Zukunft
       des Klubs. Bleibt der HSV in der Ersten Liga? Oder muss er zum ersten Mal
       in die Zweite?
       
       Immerhin: Die Lizenzbedingungen für beide Klassen hat der Klub erfüllt.
       Mittlerweile, und nur dank der Hilfe von außen. Noch vor drei Wochen hatte
       die Deutsche Fußball-Liga den Hamburgern die Lizenz nur unter Auflagen
       erteilt. Vermutlich resultierten diese Einschränkungen daraus, dass der HSV
       seit Jahren mehr Geld ausgibt als einnimmt. Die Kaderkosten passen eher zu
       einem Champions-League-Anwärter als zu einem Abstiegskandidaten. In dieser
       Saison machte der Klub bei Transfers ein Minus von fast 40 Millionen Euro.
       Insgesamt sollen die Verbindlichkeiten mindestens 75 Millionen Euro
       betragen.
       
       Dass es jetzt doch klappt mit der Lizenz ohne Auflagen, ist dem
       Logistikmilliardär Klaus-Michael Kühne zu verdanken. Um 15 bis 20 Millionen
       Euro stockte der 79 Jahre alte Investor seine Anteile an der Fußball-AG des
       Vereins auf, von 11 auf 17 Prozent, und verschaffte den Hamburgern damit
       frisches Geld. Wieder einmal musste Kühne einspringen, um Finanzlöcher zu
       stopfen.
       
       Der wichtigste Mann im Klub ist mittlerweile keiner der Spieler mehr, auch
       nicht Trainer Markus Gisdol, Manager Jens Todt oder Vorstandschef Heribert
       Bruchhagen. Der wichtigste Mann im Klub ist Kühne – was zunehmend Skepsis
       auslöst. „Alles Kühne oder was?“, fragt das Hamburger Abendblatt. „Der
       Kühne-Wahnsinn“, titelt die Hamburger Morgenpost und nennt die Beziehung
       des Vereins zu seinem Investor einen „Teufelskreis ohne Ausweg“. Bei vielen
       Fans ist Kühne ohnehin umstritten. Sie fragen sich, was den HSV überhaupt
       noch von Mäzenatenklubs wie Hoffenheim, Wolfsburg oder Leipzig
       unterscheidet. Und fürchten, dass Kühne irgendwann die Lust verlieren
       könnte. Und dann?
       
       ## Teurer Populismus
       
       Der Verein hat sich in eine bizarre Abhängigkeit begeben. Insgesamt hat der
       Unternehmer in den vergangenen Jahren wohl rund 100 Millionen Euro in den
       HSV gepumpt. Er finanzierte 2012 die Rückkehr Rafael van der Vaarts und
       bescherte den Hamburgern damit Glamour und Aufmerksamkeit. Doch der
       Mittelfeldspieler aus den Niederlanden konnte nicht an die Leistungen aus
       seinem ersten Engagement beim HSV anknüpfen, stattdessen wurde er zum
       Symbol des Niedergangs. Anfang 2015 kaufte Kühne die Namensrechte der
       Arena, die seitdem wieder Volksparkstadion heißt. Es steckt viel Populismus
       in seinen Maßnahmen.
       
       Im November 2015 soll der Unternehmer den HSV mit einem Darlehen vor der
       Zahlungsunfähigkeit bewahrt haben, der Verein sprach damals von
       „Vereinbarungen zur Absicherung der Liquidität“. In der laufenden Saison
       stellte Kühne fast 50 Millionen Euro für Transfers zur Verfügung. Doch die
       von seinem Geld verpflichteten Profis enttäuschen: einige weniger (Filip
       Kostic, Walace), andere mehr (Alen Halilovic, Douglas Santos). Der HSV
       kommt trotz Kühnes ständigen Zuschüssen nicht voran. Dennoch: Der
       Unternehmer hat den Klub in der Hand.
       
       Dafür erlaubt sich Kühne, in der Vereinspolitik mitzumischen, auch wenn der
       HSV das natürlich bestreitet. Den einstigen Sportchef Oliver Kreuzer
       beleidigte er als „Drittligamanager“, nach nur einem Jahr wurde Kreuzer
       entlassen. Auch am Aus von Peter Knäbel soll Kühne beteiligt gewesen sein.
       Über die Transfers im Sommer entschied er nach Beratung durch Reiner
       Calmund und dem Spieleragenten Volker Struth. Der Kühne-Vertraute Karl
       Gernandt war bis Dezember Chef im Aufsichtsrat des Klubs. Mit der
       Ausgliederung der Profi-Sparte in eine AG im Sommer 2014 wollte sich der
       HSV für ein breites Investorenspektrum öffnen. Doch er hat sich vor allem
       für Kühne geöffnet.
       
       Wie lange der Unternehmer noch motiviert ist, den Lebensretter zu spielen,
       ist allerdings unklar. Er wird ungeduldig, will Erfolge sehen. „Ich bin
       frustriert. Die Finanzen wurden zerrüttet“, klagte Kühne gerade in der
       Sport-Bild – und ließ offen, ob er den Klub auch in der kommenden
       Transferphase unterstützt. Seine Bereitschaft wird sicher auch davon
       abhängen, in welcher Liga der Klub künftig spielt.
       
       Update 23.5.: In einer früheren Version dieses Beitrags hieß es, dass Klaus
       Michael Kühne zusammen mit seinem Berater Reiner Calmund und dem
       Spieleragenten Volker Struth über Transfers von Fußballspielern in 2016
       entschieden habe. Herr Struth war lediglich beratend tätig, eine
       Mitentscheidungsbefugnis hatte er nicht.
       
       13 May 2017
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Hendrik Buchheister
       
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