# taz.de -- Kinofilm über jüdische Brüder in Italien: Rettung in der Höhle
       
       > Für die Doku „Shalom Italia“ begleitet Regisseurin Tamar Tal Anati drei
       > jüdische Brüder in der Toskana. Einer von ihnen ist ihr Schwiegervater.
       
 (IMG) Bild: Im Apennin-Gebirge auf Spurensuche: die drei Gnagnatti-Brüder, die heute Anati heißen
       
       Drei Brüder, der jüngste von ihnen 74, begeben sich in der Toskana, in den
       Wäldern des Apennin, auf Spurensuche. Als 1938 die italienischen
       Rassengesetze in Kraft traten, durften die Brüder Gnagnatti als Juden nicht
       länger in Florenz zur Schule gehen; im Jahr darauf wurde der Vater
       gezwungen, sein gut gehendes Immobiliengeschäft aufzugeben. Wiederum vier
       Jahre später, 1943, klopfte ein Nachbar an die Tür und warnte, die Familie
       stehe auf einer Deportationsliste.
       
       Gemeinsam mit ihren Eltern, Großeltern und ihrem nach dem Krieg
       verstorbenen vierten Bruder flohen Emanuele, Andrea und Reuven Gnagnatti in
       die Wälder des Apennin und versteckten sich dort bis zur Befreiung der
       Toskana im Jahr darauf in einer Höhle. Nach der Befreiung stand die Familie
       vor dem Nichts und emigrierte nach Israel. Der Familienname wurde in Anati
       geändert.
       
       70 Jahre später folgt Regisseurin Tamar Tal Anati in ihrem Dokumentarfilm
       „Shalom Italia“ ihrem Schwiegervater Reuven Anati bei der Suche nach
       ebendieser Höhle, in der die Familie 1943 Schutz fand. Mühselig
       durchstreifen die drei Brüder das unwegsame Gelände des Apennin auf der
       Suche nach Anhaltspunkten. In den Gesprächen auf dem Weg und in dem Haus,
       das Reuven Anati vor einigen Jahren in Italien gekauft hat, kreisen die
       Brüder um Details aus der Erinnerung – und ihre unterschiedlichen Arten,
       mit der Geschichte umzugehen.
       
       „Shalom Italia“ ist ein schlichter Dokumentarfilm, dessen Stärke in der
       Nähe zwischen der Filmemacherin und den drei Brüdern liegt. Körperliche
       Schwächen, kleinere Gereiztheiten zwischen den drei Brüder, für die dies
       die erste gemeinsame Reise seit der Auswanderung nach Israel ist – all das
       wird offen vor der Kamera ausgetragen. Die größte Schwäche des Films ist
       die Musik, die die Tonspur wieder und wieder wie eine dickflüssige,
       schleimige Soße überzieht: Kein einziger Ton ist ein Gewinn für den Film,
       jede Note überdeckt, anstatt sich einzufügen.
       
       Wer willens ist, das zu ignorieren, wird in „Shalom Italia“ jedoch mit
       einem klugen, kleinen Film über die Unwägbarkeiten der Erinnerung und die
       Geschichte jüdischen Lebens in Italien belohnt. Wie umkämpft die Erinnerung
       an die Judenverfolgung in Italien und den Beitrag der jüdischen Brigade in
       der britischen Armee zur Befreiung Italiens ist, daran wird man jedes Jahr
       durch die Streitigkeiten zum Tag der Befreiung am 25. April erinnert, die
       sich um die Frage drehen, ob die jüdische Brigade mit israelischen Fahnen
       an der Gedenkparade teilnehmen darf.
       
       7 May 2017
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Fabian Tietke
       
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