# taz.de -- Kommentar March for Science: Ohne Werte keine Messwerte
       
       > Wissenschaftler gehen gegen die Alternative Facts auf die Straße und
       > fordern zu Recht die Freiheit der Forschung. Dazu aber auch das Recht an
       > Kritik.
       
 (IMG) Bild: Mit einer bunten Mischung an Parolen zieht der March for Science in Berlin Richtung Brandenburger Tor
       
       „Die Philosophen haben die Welt nur verschieden interpretiert“, schrieb
       Karl Marx, „es kommt darauf an, sie zu verändern.“ Viele der Zehntausende
       von Wissenschaftlerinnen und Forschern, die am Wochenende von Neuseeland
       bis Washington demonstrierten, haben bisher vor allem interpretiert. Wenn
       sie die Welt veränderten, dann mit den Ergebnissen ihrer Arbeit.
       
       Nun aber verwandelt sich die Welt – durch rechtspopulistische Ideologen,
       die in den USA, der Türkei, Ungarn, Polen und anderswo beides tun: die Welt
       anders interpretieren und sie brutal verändern.
       
       Der weltweite Marsch gegen diese Ignoranz der Macht ist ein großartiges
       Zeichen der Wissenschaften, aber auch der Gesellschaften, die sie tragen
       und finanzieren. Wer freies Denken, Skepsis und Widerspruch so bekämpft wie
       Donald Trump, der selbst ernannte „Anführer der freien Welt“, steuert in
       einen autoritären Staat.
       
       Diesen Zusammenhang haben all die witzigen Plakate und die wütenden Reden
       deutlich gemacht. Die Ersetzung von halbwegs gesicherten Tatsachen durch
       „alternative Fakten“ ist lebensbedrohlich für Gesellschaften, die sich für
       ihren Zusammenhalt politisch und wirtschaftlich auf gemeinsame (Mess-)Werte
       stützen.
       
       Forscher fordern zu Recht ihre Freiheit. Das die nicht unbegrenzt ist,
       wurde an diesem großen weltweiten Demonstrationstag gern vergessen. Denn
       beginnt Zensur schon dort, wo Parlamente bestimmte Forschung nicht mehr
       finanzieren? Soll im Namen des faktenbasierten Wissens keine Kritik mehr
       möglich sein an Schulmedizin oder einem Alles-ist-machbar-Denken in der
       Gentechnik?
       
       Niemand kann in eine Expertokratie zurückwollen, in der Halbgötter im
       Laborkittel uns Atomkraftwerke für den angeblichen Fortschritt
       aufschwatzten. Über Richtung und Ausmaß der Forschung dürfen und müssen wir
       uns sehr wohl streiten. Aber auch dafür brauchen wir eben die Freiheit,
       Argumente auszutauschen und entsprechend zu entscheiden.
       
       23 Apr 2017
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Bernhard Pötter
       
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